Spleen aus Wien: Grenzgänge eines entwurzelten Südtirolers #3

Autismen; Lied & Schrecken in Arbeit & Alltag
Das Schreiben ist letztendlich Selbstwiederholung, Müllentsorgung, ich entstreife Lauben aus Schmerz, der Recycle-Automatismus schnarcht welkt darbt und pennt mit den Phäaken. Ich tippe und jaule dann fängt mich die Laune nach einem Leben das ist Glück und Betrieb und meint es gut mit mir dem Schergen der da tanzt und im Drehpunkt ist das Null. Zu viel Bedeutung, zu viel Sprache, z. B. über Nichts über News. Eine tiefe Gleichgültigkeit, ein Seinlassen, Void erreicht mich, die Schrift und ihre Wiederholungen wirken als Beruhigungsmittel. Heute bin ich stumm und ein entzaubertes Gleichnis, weder Feier noch Zusammenfall. Keine Partypants, keine Kette. Nur Klarheit, nur Eis.
2 Tüten dann neun Stunden guter Schlaf und ab in die Arbeit, in der keine Arbeit nur gut Aussehen und Wegsehen zählt, der rasche Blick, der genau weiß, wann er rastet, wann schweift, die Freundlichkeit auf hartem Grunde, das bigotte Ich, das sich selber so weit zurücknimmt, um resistentere Schutzschanzen aufzufahren, Servus und Grüß Gott, der Schuss Weißwein zu Mittag, aber vor allem ein verschmitztes Grinsen, der Körper indes geopfert, geweiht dem Ausnahmezustand der im Herzen des Westens haust, nur Rinde und Wurzel in durchsichtigen, offenen Zimmern, an dreifachen Nabeln von Netzen, Mail, Telefon und Chit-Chat, auf einer gläsernen Fähre durch bittere Kelche steuernd, mit feiner Klinge die stählernen Gedichte der Wirtschaft formend, Blüte im Haar, mit geronnenem Schreien am Spiegelgrund.
Am Schreibtisch: Taschentücher Regina Softis, Feh Classic, Strepsils, Tantum Verde, Recel, 11:34 h, Beweisrüge und Nichtigkeit, Sax 239, Rexel bambi NO. 25, Binder Clips, Koh-I-Noor BR 40, Sticky Notes, Post-Its, Polycom, Lyreco Budget. Es schläft ein Lied in allen Dingen (und in ihren Namen, die klingen und sich verkaufen müssen). Die Bestandsaufnahme begann daher zu singen, aber fällt nun auf sich selbst zurück: Was ist da, was lebt. Kochen im Büro: Nudel mit Specksauce. Schwammerlsauce mit Semmelknödel. Um nicht raus zu müssen, um Zeit zu überdauern, Energie zu sammeln für den nächsten Exzess, Abdrift.
Der dritte Weg erscheint: ist er frei? Oder jede Station, jede Schiene schon besetzt? Niemand wartet auf dich, daher weiter flüchten, daher der dauernde Wechsel, das Shiften und Schichten, das Hochstapeln und Quantenspringen, der Riss zieht sich tief durch dich selbst, Abgründe Erfolg und Geschlossene, Vibration und Eis, Gebet und Panzer. Der hat sich kräftig verfahren, doch Spaß am Driften gewonnen, das Leben ohne Karte ist ohne Leben, aber voller Abstraktion, Phantasien und Perversionen. Die Karte/Charakter/Seele erstmal weg, ist der Weg für alles geebnet, für die große Tag- und Nachtgleiche, die Rasterschmelze, die Abfahrt im Schuss, den Fall, der keinen Boden mehr zu fürchten braucht…
(c) stefan mättig!