Sarajevo – Venuto al mondo

Der Film kommt langsam in die Gänge, „Venuto al mondo“ braucht etwas Geduld. Dann aber wird er von Penélope Cruz und Emile Hirsch auf Händen getragen. Dass sich die komplexe Geschichte am Anfang schwer tut, hat damit zu tun, dass sie auf zwei Zeitebenen spielt und gleich mehrere Themen behandelt: Krieg, Liebe, Kinderwunsch, Sterilität. Vieles wird in den Eingangssequenzen nur angetippt, bleibt kühl. Wenn die großartigen Schauspieler dann aber Raum bekommen, lebt die Geschichte auf. Am Ende der 127 Filmminuten war mir klar, warum sich Penélope Cruz für diesen Film entschieden hatte. Sie spielt Gemma, eine Italienerin, die nach vielen Jahren wieder nach Sarajevo fährt, um alte Freunde zu treffen. Bei der Olympiade und während der Belagerung Sarajevos hatte Gemma dort gelebt und geliebt. Dort hat sie Gojko getroffen, der zum Freund wurde, dort ist sie mit Diego zusammen gekommen, der die Liebe ihres Lebens wurde. Diego lebt nicht mehr, Gemma hat einen 16jährigen Sohn und ist verheiratet. Der Krieg ist vorbei. Er hat Wunden geschlagen, denen man beim Heilen helfen muss mit Nachsicht, Traurigkeit, Menschlichkeit und Sinn für Humor. „Es würde Buster Keaton brauchen, um diesen Krieg zu erzählen“, sagt Gojko. Kurz vor dem Abspann schaut sich Gemmas Sohn Pietro einen Buster-Keaton-Film auf dem Smartphone an. Pietro ist die Generation, die nachkommt.
„Venuto al mondo“ ist ein italienischer Film mit weitem Horizont. Zwischendurch gelingt es ihm, den Spiegel vorzuhalten, denn: wie war das doch mit Sarajevo? Gar nicht lange her, aber vergangen und vergessen. Vorlage für den Film ist der Roman von Margaret Mazzantini, Castellittos Frau. Castellitto selbst ist in der Rolle von Gemmas Ehemann zu sehen, sein Sohn Pietro in der Rolle des Sohns Pietro – etwas verwirrend. Oder doch nicht?
Venuto al mondo, (E, I, HR 2012), 127 Min., Regie: Sergio Castellitto, mit: Penélope Cruz, Emile Hirsch, Sergio Castellitto, Adnan Hasković, Pietro Castellitto, Saadet Aksoy, Luca De Filippo, Jane Birkin, Mira Furlan, Jovan Divjak. Bewertung: Sehenswert.
Erschienen in der Südtiroler Tageszeitung am 17./18.11.2012