Samsara

Note 6/7
Buddhistische Mönche, Wind in der Wüste, Wasserfälle, das Superhotel in Abu Dhabi, Einkaufszentren, Fastfood-Lokale, pulsierende Verkehrsadern in Metropolen, Schnee am Gletscher, Menschen in Slums, Kirchen in Europa, Mekka, Eingeborene in Afrika, Fließbandarbeit in asiatischen Hühnchenfabriken, das alles in raschem Wechsel, immer wieder im Zeitraffer erzählt. „Samsara“ reiht Bilder aus der ganzen Welt aneinander, schöne Bilder, klare und durchdachte Bilder, aber auch Abgedroschenes, Kitsch. Alles und nichts zugleich. Die unvermeidlichen buddhistischen Mönche wischen das Sandmandala, das sie mühsam gebastelt haben, am Ende des Films wieder weg. Werden und Vergehen. Die Kamera schaut auf starre Gesichter, die Menschen bleiben anonym. Dazu diverse Musik, kein Text.
„Samsara“ 2012 von Ron Fricke. Genau dieser Ron Fricke hat 1982 an Drehbuch, Kamera und Schnitt von „Koyaanisqatsi“ (Regie Godfrey Reggio, Musik Philip Glass) mitgearbeitet, jenem umstrittenen Meilenstein der Filmgeschichte, den man mochte oder nicht. So wie man „Samsara“ mag oder nicht. Nur dass „Koyaanisqatsi“ ein Anliegen hatte – die Erhaltung der schönen Natur – während „Samsara“ vor sich hin meditiert und erzählt, dass die Welt schön ist, aber auch hässlich, dass die Zivilisation Wunderwerke schaffen kann, aber auch zerstört, dass Religionen faszinieren können. Alles und nichts eben. Neu waren für mich allenfalls die menschengroßen Sex-Gummipuppen in verschiedenen Positionen oder die zerstörten Schultern von Menschen im Schwefelabbau. Was noch dazu zu sagen ist: die Bildtechnik hat sich seit „Koyaanisqatsi“ weiter entwickelt, das sieht man „Samsara“ deutlich an. Die Bilder sind einwandfrei, klar, auch überwältigend. Da gibt’s nichts zu kritteln. Und die digitale Projektion tut das Ihre dazu. Ein konventioneller Augenschmaus kann „Samsara“ durchaus sein. Inhaltlich aber bleibt alles beliebig.
Samsara, (USA 2011), 99 Min., Regie Ron Fricke, Drehbuch Ron Fricke, Mark Magidson. Bewertung: Für Menschen, die “schöne Bilder” mögen.
Erschienen in der Südtiroler Tageszeitung am 15./16.9.2012