Willkommen im Hotel Amazonas, Marion Oberhofer

Die Südtirolerin Marion Oberhofer erklärt uns, womit sie sich während ihrer Residenz in Wangen beschäftigt:

“Die Forschungsarbeit „The importance of being Ernesto“ (Arbeitstitel) widmet sich dem Schaffen und der Biografie des 1906 in Meran (Südtirol) geborenen und in Vergessenheit geratenen Filmemachers Ernst Rechenmacher (ab 1945 Ernesto Remani). Methodisch wird dabei wie im Found Footage Film mit dem „gefundenen Material“ gearbeitet und die künstlerische Praxis als Forschung begriffen. Soziale, politische und ökonomische Verhältnisse, sowie die Entwicklung der technischen Möglichkeiten sollen aus der Perspektive seiner Filme in den Blick genommen und untersucht werden. Im Lauf seiner Karriere arbeitete Remani für unterschiedliche Regime wie das NS-Regime, den Peronismus in Argentinien und die DDR. Zeitlebens jedoch galt seine Vorliebe dem Unterhaltungsfilm, insbesondere dem Melodram. Die historische Kontextualisierung soll zu einer Klärung der Beziehungen zwischen der jeweiligen Filmästhetik, den ideologischen und ökonomischen Bedingungen von Produktion und Distribution, sowie den technologischen Entwicklungen beitragen. Besonderes Augenmerk wird darauf gerichtet, welche Motive und Erzählungen beharrlich in Remanis Filmen auftauchen, aber auch was in den Plots ausgelassen wurde und somit den Einfluss des gesellschaftlichen Kontextes erkennen lässt. Diese „Filmanalysen“ sollen einer visuellen Logik folgen und Fragen an die überlieferte Geschichte, an Bilder und Dokumente stellen. Expert_inneninterviews ergänzen die Untersuchung künstlerischer und kommerzieller Momente in Remanis Werken. Es wird versucht Lücken in der Biografie des Filmemachers zu schließen, wobei deutlich hervortritt, dass Fiktion und Dokumentation nicht klar voneinander zu trennen sind. Die Arbeit mit und an den Bildern soll als Alternative zum geschriebenen Diskurs fungieren und lineare Geschichtserzählungen kritisch befragen.”

Marion Oberhofer geb. 1982 in Bozen. Studium der Medien, Kunst und Designtheorie an der Zürcher Hochschule der Künste. Seit 2010 an der Akademie der bildenden Künste bei Prof. Harun Farocki (Kunst und Film), sowie Prof. Ruth Sonderegger (Kunst und Kulturwissenschaften). Realisierung einiger Ausstellungs- und Filmprojekte mit verschiedenen Kompliz_innen. Erfahrungen als freubeuterische Kunstvermittlerin, Redakteurin in der KulturTVbranche und als unterbezahlte Praktikantin in Kunstinstitutionen.

Hotel Amazonas ist eine temporäre einmonatige KünstlerInnen-Residenz, installiert auf dem Aspmayr-Hof in Wangen am Ritten in Südtirol. Der ehemalige Bauern- und Gasthof wird ab Montag, 6. für den gesamten August umfunktioniert und zum Unterschlupf für Kunstschaffende und -forschende – parallel zur Residenz werden wir sie und ihre Arbeit in den kommenden Wochen auf Franz vorstellen. Zum Residenz-Tagebuch geht’s hier: hotelamazonas.tumblr.com.