A Simple Life

„A Simple Life“ von Ann Hui ist in Bozen leider nur vom 2. bis 5. August zu sehen, eine Gelegenheit, die trotz unzähliger anderer Sommerevents nicht verpasst werden sollte. Die chinesische Regisseurin aus Hongkong erzählt eine Geschichte, die nacherzählt ziemlich einfach klingt, aber keineswegs simpel ist. Ah Tao hat ihr Leben als Hausangestellte bei Familie Leung verbracht, dort für alles gesorgt, die Kinder groß gezogen. Jetzt ist sie alt, die Familie ist weggezogen oder im Jenseits. Nur Roger lebt noch in Hongkong, wo er in der Filmbranche arbeitet. Mit der alten Frau verbindet ihn das ganze Leben. Ah Tao lebt allein bis sie ein Schlaganfall dazu zwingt, ins Altersheim zu gehen. Roger begleitet sie und kümmert sich, soweit es seine Zeit zulässt, liebevoll und voller Hochachtung um sie. Das ist der erzählerische Rahmen für diese gar nicht simple Geschichte. Denn Ann Hui erzählt mit Liebe zum Detail vom Leben in Hongkong, vom Leben im Altersheim, dem Leben in einer großen Stadt, von gegenseitigem Respekt, liebevoller Zuwendung und Achtung vor dem Alter. Klingt schon fast kitschig, ist es aber keineswegs. „A Simple Life“ erzählt vom letzten Abschnitt eines einfachen Lebens, davon, wie einfach es sein kann zu leben, wenn man im Stande ist, anzunehmen, was kommt. Ann Hui erzählt auch von einer interessanten Frau, die von Deanie Yip großartig gespielt wird. In Cameo-Auftritten lässt die Regisseurin die Großen des asiatischen Films aufmarschieren. Gemacht ist „A Simple Life“ einfach, ohne Effekte, dafür mit umso mehr Aufmerksamkeit, überlegten Kameraeinstellungen, einem wohl dosierten erzählerischen Einsatz der Musikpassagen und mit einer ordentlichen Prise Humor – nicht jenem groben, der sich auf die Schenkel klopft, sondern jenem feinen, der einen Hauch von Lächeln ins Gesicht zaubert. In Venedig wurde Deanie Yip als beste Darstellerin ausgezeichnet.

Originaltitel: Taojie, (China, Hongkong, 2011), 117. Min., Regie: Ann Hui, mit: Andy Lau, Anthony Wong, Deanie Yip, Tsui Hark. Bewertung: Sehr sehenswert

Erschienen in der Südtiroler Tageszeitung am 28./29.7.2012