Culture + Arts > Performing Arts

July 27, 2012

This is Drodesera We Folk #04: The City of Happiness von Codice Ivan

Kunigunde Weissenegger

200 Künstlerinnen und Künstler, 39 Kollektive, 33 Vorführungen – 27 davon kostenlos, 10 italienische Uraufführungen, 5 Installationen, 5 Spezialprojekte, 4 Konzerte und 9 DJ-Sets – das ist Drodesera und We Folk!, das Festival der darstellenden zeitgenössischen Kunst im Wasserkraftwerk Centrale Fies in Dro im Trentino. Zum 32. Mal findet das Festival dieses Jahr statt und untersucht unter dem Motto We Folk!, abseits von Klischees, Volkstum und Brauchtum und versucht bis zu den Wurzeln unserer Geschichte vorzudringen. Das Festival geht noch bis 28. Juli und hat auch einige Südtiroler Künstler im Programm: die Krampusse aus Mals im Vinschgau, Benno Steinegger, Performer des Künstler-Kollektivs Codice Ivan und Reinhard Plank, renommierter Hut- und Schuh-Designer, der morgen während des Festivals auf den Köpfen des Publikums eine Performance inszenieren wird. Mit Benno Steinegger haben wir am vorvorletzten Tag Zeit gefunden, ein wenig zu plaudern.

Benno, ihr seid mit einem Installationsprojekt beim Festival präsent: The City of Happiness. Erzähl uns ein wenig davon! Wie ist das Projekt gestartet? 

Wir haben im Jahr 2009 angefangen dem Wort “Glück” auf den Grund zu gehen. Im Jahr 2011 haben wir dann, nach 7 Studien, das Stück “What the hell is happiness?” im Rahmen des Festivals Drodesera 2011 erstaufgeführt. In diesem Stück, das vergangenen Montag und Dienstag im Badiatal im Rahmen des Theaterfestivals Aterteater zu sehen war, versuchen wir, wie gesagt, dem Wort Glück und seinen Bedeutungen auf den Grund zu gehen, indem wir Konzepte, Ideen und Bedeutungen dieses Wortes zersplittern und dann versuchen die Zuschauer zu stimulieren, sich eine andere Bedeutung von Glück zusammenzuschmieden. – Wir sagen, zum Beispiel, dass auch das Unglück oft wertvoll sein kann.

Und wie habt ihr die Menschen in Dro involviert?

Nun in diesem Stück verwenden wir Kartone mit schwarzer Farbe und Schrift. Es geht um die Bedeutung von Glück und Unglück, um die Vertreibung aus dem Paradies, um die Entwicklungsgeschichte des Menschen, um unsere zeitgenössische Welt und die Schwierigkeit, wichtige Entscheidungen im Leben zu treffen, um die Schwierigkeit Träume zu verwirklichen, die selbstverständlich sein sollten, sowie sich ein Kind, eine Wohnung und ein schönes T-Shirt ”leisten” zu können – finanziell.

Diese Kartone mit seinen Schriften haben wir den Bewohnern von Dro gezeigt. Es lag nun an ihnen erst eine dieser Schriften auszuwählen, dann einen Ort in ihrer Privatwohnung auszuwählen und letztendlich eine Position einzunehmen, in der die Bewohner dieser Wohnung mit dem Karton und seiner Schrift abgelichtet werden wollten. Das Foto mit dem Bewohner und dieser Kartonschrift haben wir dann im GroßFormat ausgedruckt und an den Aussenwänden der Häuser angebracht.

Was erleben wir also, wenn wir duch Dro spazieren?

Am Ende wirkt das wie ein Fenster in diese Wohnung, wodurch jemand versucht, etwas mitzuteilen. So als ob jemand von einem intimen und privaten Raum einen Schritt in einen öffentlichen Raum machen würde. Die Menschen sagen etwas, das für sie wichtig ist, ohne Scheu, ohne an einer Massendemonstration teilzunehmen, sondern indem Sie die anderen, die sie von der Straße aus sehen, über ein Anliegen, das sie haben, zum Denken anregen.

Wer also durch Dro spaziert – wir haben auch eine Karte angefertigt, auf der man alle Wandfotografien findet, sieht, dass da einige Menschen sind, die etwas zu sagen haben. Und gemeinsam bilden sie doch eine Art Demonstration. Eine andere Art zu demonstrieren – anders in Form und Inhalt. Das Projekt in Dro ist bereits die zweite Etappe von The City of Happiness. Die erste war diesen Sommer auf dem Festival Mercantia in Certaldo in der Toskana, wo wir in einer Performance unter anderem die Zuschauer einladen einen Wunsch auf ein Blatt Papier zu schreiben und dann uns auf die mit Straßenkünstlern und Zuschauern gefüllten Straßen zu folgen, wobei sie ihr Blatt Papier hochhalten. Auch hier entstand eine etwas sonderbare Demonstration, wo es so schien, als ob die Demonstranten ganz verschiedene Wüsche hätten: von “weniger Haarausfall” ging es bis hin zum “Weltfrieden”.

Was ist also Glück?

Wir haben mit dem Stück What the hell is Happiness? den öffentlichen und politischen Wert des Konzeptes Glück in Frage gestellt. Wir erkannten, dass wir, um das Glück zu erreichen, oft mit geschlossenen Augen voranschreiten, zu sehr auf uns selbst konzentriert sind, nicht ahnend, welchen Preis wir dafür bezahlen. Glück ist aber ein Zeitraum, der mit jemanden geteilt werden muss, wir werden aufgerufen, eine andere mögliche Welt aufzubauen, zu überdenken, neu zu formulieren: Es ist kein privater Raum, sondern eine aktive Beziehung, eine Beziehung zwischen Phantasie und Handeln, zwischen uns und den anderen. Deshalb wollten wir das Projekt The City of Happiness realisieren. Und auch weil wir es für notwendig gefunden haben, das Theaterprojekt mit anderen Formen und anderen Orten sowie Menschen in Kontakt zu bringen. Dieser Kontakt mit den Menschen ist uns besonders wichtig. Deshalb haben wir an ein Reich von öffentlichen Aktionen und Bildern gedacht. Und, wie gesagt, ist das Projekt in Dro das zweite diese Reihe.

Foto: Sara Poggianti

Print

Like + Share

Comments

Current day month ye@r *

Discussion+

There are no comments for this article.