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July 4, 2012

Blasbichlers Twentyone: Wie bestiehlt man eine Bank? Ausstellung in der Raika Brixen

Kunigunde Weissenegger

Stellt euch vor, ihr seid zwischen 25 und 30, ein wenig jünger oder älter, und studiert an einer Uni. Architektur. Zum Beispiel in Innsbruck. Zu Semesterbeginn, vielleicht bereits etwas zu spät dran, wurstelt ihr euch durch das Vorlesungsverzeichnis, kennt euch, vielleicht wie immer, hinten und vorne nicht aus, sucht, kombiniert, versucht Überschneidungen zu vermeiden, findet. Langsam, langsam formt sich euer Stundenplan, beginnt konkret zu werden. Bis er ganz steht. Bis hierher wenig aufregend, null verrückt. Langweilig. Mit auf dem fix und fertigen Stundenplan ein Forschungsseminar am Institut für Design mit dem vieldeutigen Titel “Organisations”. Der Lehrbeauftragte ein gewisser Armin Blasbichler, Architekt, Designer, gebürtig aus Vintl, mit Studio in Lüsen in Südtirol, von 2005 bis 2010 Dozent an der Fakultät für Design und Künste der Uni Bozen. Das Seminar vielversprechend, bedingt. Könnte auch das Gegenteil sein. Langatmige Diskurse über Organisieren, Planen, Ausführen… – keine Seltenheit an Unis.

Die Planung eines Banküberfalls jedenfalls hättet ihr in einem seriösen Vorlesungsverzeichnis sicherlich nicht erwartet. Doch genau das hatte professore Blasbichler mit seinen 21 Studierenden vor: Jede und jeder musste sich zunächst eine Persönlichkeit als Schlachtplan-Partner suchen und begründen, warum diese gewählt worden war. Zu den Banküberfallmitplanern zählten somit well-knowns aus Politik, Sport, Kunst, Wirtschaft und Forschung. Diese Partnerschaft war zwar erfunden, beim Planen aber wurde sie für real inszeniert. Zusammen mit diesem Alter Ego wurde die Bank ausgesucht und ausgekundschaftet, Schwachstellen erforscht, ein Beuteziel festgelegt und ein Überfallplan erstellt.

Der Auftrag war klar: Erstellt einen Überfallplan einer Bank in Innsbruck, nützt nur die Informationen, zu denen ihr selbst kommt, weiht niemanden außer euer fiktives Alter Ego in die Planung ein, auch nicht Bankangestellte oder Freunde, einziger Partner oder Partnerin ist euer Alter Ego – hört auch auf das, was es sagt. Findet Schwachstellen in der ausgesuchten Bank, entwickelt ein Konzept inklusive Aktions-, Zeit- und Fluchtplan, um den Raub durchzuführen. Bringt den Plan mit Hilfe von Grafiken und Text auf 70 x 100 cm zu Papier.

“Am Anfang des Semesters habe ich mir vorgestellt, ich habe nun 21 Mitarbeiter und kann eine Firma gründen, mit ihnen ein Geschäftsmodell entwickeln und für den Zeitraum eines Semesters haben wir Zeit, dieses Geschäftsmodell umzusetzen,” so Armin Blasbichler. Das Seminar sollte auch eine Relevanz und einen Widerhall in der Gesellschaft haben und die Studenten nicht nur für die Uni etwas produzieren. Architekturstudierende haben außerhalb der Uni kaum die Möglichkeit Projekte zu verwirklichen, weil sie erst nach ihrem Abschluss und etlichen Prüfungen dazu berechtigt sind.

Am Ende des Projekts gibt es nun 21 Anleitungen (auch 2 unfertige, 2 Studierende stiegen vorzeitig aus) zur Bestehlung von bestimmten Banken in Innsbruck. “Die Pläne gibt es, gestohlen haben die Studierenden nichts. Das war nicht das Ziel,” betont Armin Blasbichler. Es ging in erster Linie um die Planung, das war das Projekt und in diesem konnten die Studierenden alle Kompetenzen, die ein Architekt entwickeln muss, anwenden und ausprobieren: sich in andere hinein versetzen, planen, organisieren, auskundschaften, verstehen… Architektur ist viel mehr als Gebäude zu planen und umzusetzen, es geht auch um Phantasie und Vorstellungskraft. Und es ging auch nicht darum, Geld zu stehlen, das wäre zu gewöhnlich und offensichtlich. In einer Bank ist Geld nicht das Einzige, was gestohlen werden kann. “Zeit, Raum, Ruf, zukünftige Kunden, Strom und so weiter sind nur einige Dinge, deren die Banken theoretisch beraubt werden könnten,” so Seminarleiter Blasbichler.

Als Abschluss des Seminars sollten die Pläne in den jeweiligen Banken ausgestellt werden, doch so mutig waren die Banken nicht. Erstmals in einer Bank werden die Ergebnisse des Forschungsseminars, also die Überfallpläne, nun bis 17. August 2012 in der Raiffeisenkasse Eisacktal in Brixen gezeigt. Eröffnung ist heute Abend um 19 Uhr. Das Publikum kann sich in der Bank auf die Suche nach den Schlüsseln zum Einbruch begeben. Alle Pläne sind auch im Buch “Blasbichlers Twentyone” publiziert. Must-have für jeden Bankräuber und auch jede Bank.

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