Das Leben gehört uns

Note: 7
Die meisten von euch würden meiner Einladung, einen Film über ein tumorkrankes Kind anzusehen, wohl lieber nicht Folge leisten, aber wagt es ruhig.
„La guerre est déclarée“ nennen Valèrie Donzelli und Jérémie Elkaïm ihren Film. Die deutsche Übersetzung „Das Leben gehört uns“ bringt’s nicht ganz. Das Interessante am Film ist zunächst einmal, dass die Hauptdarstellerin auch Regisseurin und Drehbuchautorin ist und ihr Lebenspartner auch Filmpartner und Co-Autor, und dass die Erzählung auf eigenen Erfahrungen beruht, was zwar nicht heißen muss, dass die Autoren die Geschichte genau so erlebt haben, wie sie sie erzählen. Aber sie verstehen etwas vom Thema. Das ist bei dieser filmischen Kriegserklärung, die das Leben hoch leben lassen will, zu spüren. Es geht nicht tränenreich zu. Ganz im Gegenteil, zwischendurch wird gelacht, geliebt und ordentlich gefeiert. Die lebenslustigen jungen Leute lernen sich auf einer Party kennen, und sie lieben sich sehr. Bald schon kommt ein Kind, es wird von den Eltern freudig empfangen, zu Hause zeigt der süße Fratz bald schon, was er drauf hat: Ein Schreibaby kann gleich mehrere Erwachsene zur Verzweiflung bringen. Stressig, auch im Film. Als Adam mit zwei Jahren eigentümliche Symptome aufweist, beginnt der Leidensweg der Eltern. Der Film erzählt diesen Leidensweg ohne graue oder rosa Brille mit viel Wissen um die Abgründe, die sich in solchen Extremsituationen auftun und mit viel Wissen um die Strategien, die helfen können. „Wir müssen uns nur merken, was positiv ist“, sagen Juliette und Romèo zueinander. „Es hat uns getroffen, weil wir in der Lage sind, damit fertig zu werden.“ Wenn sie sich fürchten, exorzieren sie die Angst durch eine Angstlitanei. „Train de vie“ heißt das Lokal, vor dem sich das Paar eine kurze Auszeit gönnt.
„La guerre est déclarée“ ist ungewöhnlicher, weil er ein heikles und trauriges Thema in einer unüblich realistischen und lebensbejahenden Stimmungslage erzählt. Der Erzählfluß ist zwischendurch etwas brüchig, aber alles in allem bleibt die Geschichte stimmig und vereinnahmt bis zu den Schlusstiteln.
Originaltitel: La guerre est declarée, (F, 2011), 100 Min., Regie: Valèrie Donzelli. Mit Valèrie Donzelli und Jérémie Elkaïm. Bewertung: Sehenswert
Erschienen in der Südtiroler Tageszeitung am 16./17.6.2012
Und hier eine weitere Betrachtung des Films von Cristina Vezzaro: La guerre est declarée e guerra sia