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June 15, 2012

Von feuerspeienden Drachen, atemberaubender Akrobatik und explosiver Freiheit, Asfaltart 14.–18.6.

Christine Kofler

Lust auf feuerspeiende Drachen, abwechslungsreiche Weltmusik, atemberaubende Akrobatik, zeitgenössischen Tanz und witzige Clowns? Dann gibt es dieses Wochenende nur eines: Ab nach Meran! Mit über 25 Künstlergruppen und mehr als 100 Vorstellungen verwandelt sich die Passerstadt zwischen dem 14. und 18. Juni in eine einzige bunte Bühne unter freiem Himmel. Im Rahmen des sechsten Asfaltart-Festivals in Meran bieten Comedians, Musikanten, Akrobaten, Pantomime, Artisten und Gaukler auch heuer wieder Spektakuläres, Lustiges, Nachdenkliches und Ironisches zwischen Pfarrkirche, Lauben und dem Sparkassenplatz. Den Festivalauftakt macht am Donnerstagabend die Gruppe El Grito mit dem Programm „20 Decibel“ im Chapiteau gleich hinter dem Ristorante Bersaglio – erstmals wurde von zig Freiwilligen ein riesiges Theaterzelt für eine Show errichtet. El Grito hat sich ganz dem zeitgenössischen Zirkus verschrieben, auf die Besucher wartet „eine Explosion von Phantasie, Freiheit, Provokation und Schönheit“.

Freitag: Parade, jonglierende Kurzgeschichten und ein zauberhafter Ernest
Wenn ein buntes, fahrendes Völkchen in der Stadt weilt, darf eine Parade natürlich nicht fehlen: Um 16.00 Uhr am Freitagnachmittag startet der Umzug mit viel Pomp, Jubel und Krach von der Promenade bei der Postbrücke in Richtung Stadtzentrum – dabei sind alle herzlich eingeladen, mitzumachen. Um 17.00 Uhr wird Ernest The Magnifico zauberhafte Stunts vorführen, später erzählt Matthias Romir im Theaterzelt Kurzgeschichten – aber anders als gewöhnlich: Seine Jonglage, Musik und kurze Videosequenzen vereinen sich zu visuellen Anekdoten, die laute, leise, düstere, aber immer komische Geschichten mitten aus dem Leben schildern.

Samstag: Gigantische Waldameisen, Teatro dei Venti und Turbo-Trööt
Am Samstag ziehen vier schrullige, Riesen-Waldameisen durch die Stadt und erkunden die neue Umgebung. Währenddessen experimentieren die Musiker des Zastava Orkestra mit den Formen der Straßenperformance und bringen mit ihren balkanischen Kompositionen einen Hauch wilden Osten in die Stadt.  Um 21.30 gilt es, die Feuershow des Teatro dei Venti am Thermenplatz auf keinen Fall zu verpassen: Ein feuerspeiender Drache und viele tapfere Helden bieten dort eine zauberhafte Vorstellung aus einer versunkenen Zeit. Mit Lärm vom Feinsten kämpft Turbo-Trööt ab 20.00 Uhr gegen Verbotsgesetzgebung, Lügenwerbung, fehlbesetzte Politiker und Vernunftbolzen an.

Sonntag: Magische Marionetten und armenische Recycling-Musik
Der Sonntag beginnt mit den wunderbaren Geschichten des Teodor Borisow – seine Marionetten bewegen sich im Rhythmus der großen Erzählungen und erschaffen eine magische Atmosphäre, die sowohl die kleinen, als auch die großen Zuschauer berührt.
Trichter, Dosen, Löffel, Rohre und Besen – das sind die Musikinstrumente der JahshGavronski-Brothers aus Armenien, die als Erfinder der Musik aus Recycling-Gegenstände gelten und ab 19.00 Uhr Zirkus mit Musik zu einer einzigartigen Show zusammenbringen.

Obige Programmpunkte sind nur ein Auszug und bei Weitem nicht alles, was das Festival zu bieten hat. Das gesamte Programm verbirgt sich hinter diesem Klick: www.asfaltart.it

Am Vorabend der sechsten Ausgabe von Asfaltart haben wir uns einen der Mitorganisatoren des Festivals Jordì Beltramo zu einem kurzen Gespräch geschnappt:

Jordì, wie ist das Asfaltart-Festival entstanden?
Meinhard Khuen und Joachim Elmenreich traten vor sechs Jahren mit der Idee zu einem Straßenkünstler-Festival an mich heran und meinten, wir sollten doch zumindest einmal versuchen, ein solches auf die Beine zu stellen. Gesagt, getan. Ich übernahm, gemeinsam mit Claudia Bellasi, die künstlerische Leitung des Festivals, Meinhard und Joachim kümmerten sich vor allem um die finanzielle und bürokratische Seite. Mit den Jahren ist das Team gewachsen, heute kümmert sich Erwin Egger, Sandy und Nina um die Kommunikation, Elmar und Eduard um die Gastronomie. Kooperationspartner sind außerdem der Kunstverein Kallmünz, das italienische Kulturzentrum Mairania 857, der Verein Animativa, die Kaufleute, das Theater in der Altstadt – Teatro pratico, die Kurverwaltung, die SMG und die Stadtgemeinde Meran. Inzwischen ist Asfaltart das einzige Straßen-Festival in Südtirol in dieser Größenordnung.

Das Festival wurde in Meran stets sehr positiv aufgenommen…
Ja, das stimmt. Das Publikum in Meran begeistert sich sehr für die Künstler und diese sind wiederum von der tollen Stimmung in der Stadt begeistert. Die Künstler kommen sehr gerne nach Meran! Und die Zuschauer reisen inzwischen schon extra von Österreich oder beispielsweise Piemont an, um bei Asfaltart dabei zu sein. Zudem sind viele freiwillige Helfer am Festival beteiligt. Man muss ganz klar sagen: Ohne diese etwa 80 freiwilligen Helfer würde es nicht funktionieren. Oder das Festival hätte nur sehr viel geringere Ausmaße, statt über 25 verschiedene Shows würde es dann nur fünf geben, wenn wir alle Mitarbeiter, die beim Info-Point, beim Zeltaufbau etc. arbeiten, bezahlen müssten.

Wie wird das ganze finanziert?
Wir erhalten Beiträge von der Gemeinde Meran, der Provinz, der Region, aber auch von der Südtiroler Sparkasse. Ansonsten gibt es noch viele kleinere Sponsoren, wie beispielsweise die Therme Meran, diverse Bars der Stadt oder auch Meran 2000, wo heuer erstmals auch eine Show zu bewundern sein wird – genauso wie im Naturbad Gargazon.

Woher kommen die Künstler?
Die Gruppen und Künstler sind international. Heuer sind beispielsweise armenische Musiker, ein bulgarischer und ein australischer Künstler dabei. Ansonsten stammen einige aus den Nachbarländern Deutschland, Österreich, Frankreich – und Italien natürlich. Claudia und ich erhalten über das Jahr verteilt hunderte Anfragen, wir wählen dann nach und nach aus, welche Künstler in das Asfaltart-Konzept passen. Etwa 90 Prozent der Shows haben wir bereits live gesehen – nur so können wir den wirklich hohen Standard, den dieses Festival hat, garantieren. Wir arbeiten etwa sechs Monate an der Organisation und Programmgestaltung, je näher Asfaltart rückt, umso intensiver wird die Arbeit.

Welches werden die Höhepunkte dieses sechsten Asfaltart-Festivals sein?
Mah, da gibt es so viele! Sicherlich die Show „20 Decibel“ von El Grinto, die als zeitgenössischer Zirkus bezeichnet werden kann. Dann das Teatro dei Venti am Thermenplatz, aber auch Matthias Romir,  das Theater Pikante, dann wird das Teatro Necessario endlich wieder kommen und und und…

Wo gibt es sonst noch vergleichbare Straßenkunst-Festivals?
In Italien gibt es einige, in Lienz gib es das Festival „Olala“, das ebenfalls sehr facettenreich und beliebt ist. Das Heimatland der Straßenkunst, Frankreich, hat natürlich auch viel Sehenswertes zu bieten; genauso wie Spanien und Deutschland. Asfaltart hat sich in Italien auf jeden Fall zu einem der wichtigsten Festivals auf nationalem Niveau gemeistert.

Erhält Straßenkunst in den vergangenen Jahren mehr Aufmerksamkeit, südtirolweit und international? Oder fällt diese Art der Kunst immer noch eher in die Subkultur?
Nach dem Asfaltart-Festival wird es um die Straßenkunst in Südtirol wieder eher ruhig. In Meran gibt es den Verein Animativa, der Kurse und Ähnliches anbietet, es fehlt aber noch an Shows und Spektakel im öffentlichen Raum. In Brixen wird heuer jedoch die Weltmeisterschaft im Einradfahren ausgetragen.
Grundsätzlich sind aber die Rahmenbedingungen für Straßenkunst auf nationaler Ebene nicht gerade ideal. In vielen Gemeinden, auch in Meran, müssen Genehmigungen dafür eingeholt werden, die im Grunde mehr kosten, als der Künstler während einer Show verdient. Jede Gemeinde in Italien kann ihre eigenen Regelungen treffen – die einen schaffen Raum für Straßenkunst, die anderen nicht. Es geht die Angst um, dass durch eine Liberalisierung des Ganzen die Städte mit „musizierenden Zigeunern“ überschwemmt werden. Dabei sieht man gerade beim Asfaltart-Festival deutlich, wie gut diese Kunst im öffentlichen Raum vom Publikum aufgenommen wird. Es ist wirklich schön, wenn ich am Ende des Festivals die Resultate der Arbeit sehe. Selbst wildfremde Leute haben mich Monate später angesprochen und mir gesagt, wie viel Freude ihnen Asfaltart bereitet hat.

Text von Christine Kofler und Verena Spechtenhauser, Fotos von Massimo Vaccari, Giorgio Loner, Erwin Egger

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