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May 30, 2012

Bunker 14: Statement von Heimo Prünster

Franz

Standpunkt von Heimo Prünster, Architekt, zum Thema Bozner Bunker Nr. 14 (für den allgemeinen Einführungsartikel hier klicken…)

In der Diskussion um Erhalt oder Abbruch des Bunkers Nr. 14 in Bozen offenbart sich ganz klar die Unzulänglichkeit der politisch gesteuerten, denkmalschützerischen Spezialregelung gegenüber den Überresten des italienischen Alpenwalls, die einem selektiven Geschichtsbewusstsein entsprungen zu sein scheint. Während andernorts Verteidigungsbauten aus der Vergangenheit den Status von Sehenswürdigkeiten, Wahrzeichen oder Marksteinen der eigenen Geschichte erlangen, steht man hierzulande vor den Trümmern eines in Privateigentum zersplitterten Verteidigungsbauwerks, von dem kaum fünf Prozent unter Schutz gestellt wurden. Zudem ist der Denkmalschutz gegenüber diesem Kulturerbe stark von der Auffassung des Alpenwalls als Ansammlung von Einzelbauwerken geprägt und fokussiert auf die Musealisierung von Einzelobjekten – was sehr bedauernswert ist, geht dabei doch das narrative Potential dieser einzigartigen Komplexität verloren. Das Erkennen dieses ausgeklügelten, territorial organisierten Verteidigungssystems mit seinen in die Landschaft eingepassten und dicht vernetzten Baugruppen, wird durch die Brille eines überkommenen musealen Ansatzes zudem erschwert.

Unter diesen Voraussetzungen ist es wenig wundernswert, wenn der Fortbestand der übrigen 95 Prozent des Südtiroler Alpenwalls dem Gutdünken seiner privaten Besitzer unterliegt und Situationen wie in Bozen entstehen, wo sich Private, Kulturinitiativen, Sachkundige, Wirtschaftstreibende sowie Landes- und Kommunalpolitiker um den Erhalt des Bunkers Nr. 14 streiten.
Das Phänomen dieses Streits entspringt einem unzureichenden öffentlichen Schutz, der, ähnlich einer nicht ausreichenden medikamentösen Versorgung, Krankheitsherde immer wieder aufflammen lässt.
Es liegt nicht fern diesen spezifischen Zustand „Bunkeritis“ zu taufen.

Warum ist genau dieser Bunker schützenswert?
Der erste Grund liegt im spezifischen Tarnprojekt, das diesen Bunker besonders aus der Talsperre hervorstechen lässt. Die Tarnung von Bunkern als Bauernhäuser in einem landwirtschaftlichen Umfeld – wie es dieser damals noch nicht verbaute Bereich der Industriezone darstellte – war nicht ungewöhnlich. Am Bunker Nr. 14 wurde jedoch eine einzigartige Kaponniere verwirklicht, die im Grundriss nicht wie üblich kreisförmig angelegt ist, sondern rechteckig. Dadurch konnte ein hüttenartiger Anbau besser imitiert werden und dieses für Festungsbauten typische Element gut ins Erscheinungsbild der Bauernhaustarnung integriert werden. Die Schießscharten der Kaponniere wurden in die vorgetäuschten Fensteröffnungen des Anbaus gesetzt, deren vermauerter Teil mittels Bemalungen, wie man sie aus dem Kulissenbau kennt, wirkliche Fensterflächen imitierte.
Zum Zweiten ist der Bunker Nr. 14 der allerletzte, gut sichtbare und erstklassig zugängliche Rest der rechten Flanke der sog. Talsperre „Bozen Süd“, deren Hauptteil mit einem talquerenden Panzergraben ausgestattet die volle Breite des Bozner Talbodens befestigte. Der Verlauf einer Bunkerlinie durch Stadtgebiet stellt eine Einzigartigkeit entlang des gesamten italienischen Alpenwalls dar. Von dieser sehr charakteristischen Anlage befanden sich ehemals acht freistehende Bunker inmitten der Bozner Industriezone. Fünf dieser Bunker wurden in den vergangenen Jahrzehnten bereits abgerissen, von den drei verbliebenen befindet sich einer in Privatbesitz und ein anderer liegt an einer denkbar unzugänglichen Stelle.
Den verbliebenen Bunker Nr. 14 nicht öffentlich zugänglich zu machen oder ihn gar dem Abbruch freizugeben wäre daher schlichtweg skandalös.

Um diese Bunkeritis zu überwinden und den Bunker Nr. 14 nicht zur kollektiven Gedächtnislücke verkommen zu lassen, wäre es an der Zeit, mit professionellen Methoden zu zeitgemäßen Nutzungskonzepten zu gelangen. Recherchen, Studien und Wettbewerbe sind vor allem bei ungewöhnlichen und schwierigen Aufgaben wie dieser geeignete Medien, um eine professionelle Entscheidungsfindung zu ermöglichen und inne liegende Potentiale erkennen und ausschöpfen zu können.

Um die Wiederholung derartiger Vorfälle in Zukunft zu vermeiden, ist ein Korrektiv im Umgang mit dem Alpenwall erforderlich. Der Schutz dieses Kulturerbes muss überdacht werden, erst dann wird in Südtirol Immunität gegen Bunkeritis herrschen.

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