Tibetstory – Wie zwischen Himmel und Erde

15.05.2012
Tibetstory – Wie zwischen Himmel und Erde

Publikumsgeschmack und das Urteil der  Fachleute haben oft wenig gemeinsam. Das hat sich auch bei den letzten Bozner Filmtagen gezeigt.

„Wie zwischen Himmel und Erde“ von Maria Blumencron hat bei den 26. Bozner Filmtagen den Publikumspreis gewonnen. Ausschlaggebend dafür muss das Thema gewesen sein, denn als Spielfilm ist „Wie zwischen Himmel und Erde“ nicht besonders gelungen. Er wärmt ein Geschehen als Fiction auf, das Blumencron als Dokumentarfilmerin bereits im Jahr 2000 beeindruckend erzählt hat. Damals begleitete sie eine Gruppe von tibetischen Kindern bei ihrer Flucht über den Himalaya nach Indien. Der Dokumentarfilm „Flucht über den Himalaya“ ging unter die Haut, auch, weil er eine Realität nahe bringt, die für Wohlstandsbürgerinnen schwer vorstellbar ist. Eine solche Wohlstandsbürgerin mit dem Namen Johanna schickt  Blumencron nun aber in die Story des Spielfilms. Diese Johanna begleitet Kinder auf der Flucht und sich selbst in die Selbstfindung. „Es gibt viele Gründe, nach Tibet zu reisen. Ich wollte einen Berg bezwingen“, erzählt Johanna gleich zum Einstieg. Den angepeilten Berg bezwingt sie dann nicht, dafür aber macht sie andere, wichtige Erfahrungen, und sie tut Gutes. Schade, dass die Geschichte ziemlich plakativ daherkommt, und schade, dass es dramaturgisch nicht immer ganz stimmt. Zu viele Wendungen in der Geschichte sind allzu vorhersehbar. Hätte „Wie zwischen Himmel und Erde“ nicht diesen Tibetbonus, würde wohl kein Hahn danach krähen. Aber Tibet, der Dalai Lama, die bösen Chinesen, das ist eine Mischung, die magisch anzieht. Heute fliehen die Kinder nicht mehr über die Berge, heißt es, weil diese Routen zu stark kontrolliert sind, heißt es. Interessanter als dieser Spielfilm sind, wie gesagt, Maria Blumencrons Dokumentarfilm aus dem Jahr 2000 und die Bücher, die sie zum Thema Flüchtlingskinder aus Tibet geschrieben hat. Bewertung: Kein gelungener Spielfilm.

Wie zwischen Himmel und Erde, (D, CH, 2012),  101 Min.,  Regie: Maria Blumencron, Drehbuch: Maria Blumencron, Kamera: Jörg Schmidt-Reitwein. Mit: Hannah Herzsprung, Carlos Leal, Yangzom Brauen, Mona Petri, David Lee McInnis, Sangjay Jäger, Pema Shitsetsang, Lucas K. Peterson.

NOTE: 6

Erschienen in der Südtiroler Tageszeitung am 12./13.5.2012

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