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May 10, 2012

Fashion + Poetry Slam:
Ich liebe Schuhe und Dich

Jasmine Deporta
Elisa Bergmann

Mein Name ist Simon Cazzanelli
Wenn ich größer bin würd’ sich mein Körpergewicht besser verteilen
Ich tanze alleine, zu zweit, aber meistens im Rudel
Ich habe zuviel weiße Hemden in meinem Kleiderschrank
Meinen letzten Fehlgriff schiebe ich auf meine zwei linken Hände
Meine Haare sind oben lang, verstrubbelt und seitenlastig, hinten und an den Seiten kurz abrasiert, rostbraun.
Ich schlafe mit nur einigen Tropfen Chanel «Egoïste»
Gut riechen kann ich Leute mit Geschmack
Frauen sollten lange Beine haben
Männer sollten Bärte tragen
In meinen Träumen ist mein Leben ein Musical
Ich befinde mich am kürzeren Ende der Annenstraße, 8020 Graz
Am liebsten trage ich neue Schuhe ein

Am liebsten haben wir Menschen, wenn sie gut verpackt sind, wenn von Kopf bis Fuß die Klamotte passt. Und wir lassen uns ablenken von Äußerlichkeiten, verlieren den roten Faden und bekleckern unsere weiße Weste. Schicht um Schicht versuchen wir den Mantel der Oberflächlichkeit abzustreifen und sind dabei gerade auf diesen so stolz. Wir strippen uns um Hals und Kragen und wollen eigentlich eingehüllt bleiben. Wir lieben Menschen, wir lieben Mode. Und ein Liebesgeständnis kriegt man am schwersten über die Lippen. Egal ob für’s Gegenüber, für jene Zwei die uns auf Schritt und Tritt folgen oder dem Einen, der über uns wacht. Ein Text der zeigen will, wie sehr ich Schuhe, wie sehr ich Hüte, wie sehr ich DICH liebe.

Ich steh’ vor dir,
und schau’ dir in die Augen,
und möchte dir so gerne sagen,
die drei Wörter, die mich so sehr plagen,
an mir nagen, mich niederschlagen und wie ein Lastkraftwagen an Werktagen über mein zebragestreiftes Fußgängerherz jagen
ich möchte dir meine Liebe gestehen,
aber ich park’ meine Augen am Fußboden,
und der Satz will nicht kommen,
die Wort-Transporte sind eingestellt,
und sie drehen im Kreis, im Kreisverkehr,
stauen sich an im Nadelöhr.

Und dann wechselt die Ampel auf grün,
ich tret’ auf’s Gas,
schweißnass und totenblass,
schau’ ich dir in die Augen,
und ich sage dir ganz ängstlich,
ich liebe Schuhe!

Ich liebe Schuhe,
ich bin ein hoffnungsloser Shoemanic,
mein bester Freund ist Manolo Blahnik,
ich träum von Hansi Hinterseer Moonboots aus Lammfell,
Mary Janes in Pastell,
Mokassins und Sandaletten,
Ballerinas in allen Farbfacetten,
und zusammen mit Jimmy Choo,
such ich den Schuh des Manitu.

Ich bin die Carrie Bradshaw von Upper-East-Graz,
das Paar Prada-Pantoffeln bekommt einen Ehrenplatz im Schuhschrank,
Herr Deichmann mit dem Salamander machen mich nur noch krank,
ich will keine Mikrofaser oder Plastikleder,
ich will Kroko in Olive und Flieder,
und dazu in Bordeauxrot ein Paar Budapester,
Hauptsache Leder und kein Polyester.

Ich bin ein Flip-Flop-Fetischist,
für den die Adilette einfach nur Scheiße ist,
ich will Gummistiefel vom Gummi Neger,
und Nadelstreifentraeger mit knallbunten Sneaker,
ich will High Heels mit 12 Zentimeter,
Espadrilles und abgebrauchte Treter,
und these boots are made for walking over you,
nur ich allein mit meinem Schuh’n,
denn, sie sind nicht das Eigentum von dir,
denn sie gehör’n nur mir,
ich will Shoe4You and for me,
das ist meine Philosophie.

Ich steh’ vor dir,
und möchte dir so gerne sagen,
die drei Wörter, die mich so sehr plagen,
aber meine Augen starren nach oben,
dem Feinstaub entgegen,
Schiebedach und Eintagsfliegen,
doch ich fang mich wieder,
atme tief durch,
und durch und durch peinlich berührt,
sag ich,
ich liebe Hüte.

Ich liebe Hüte,
lass mich dein verrückter Hutmacher aus Wunderland sein,
dein tapferes Schneiderlein,
dass dir einen erbsenfarb’nen Filzhut auf deine Rübe drückt,
deinen Eierkopf mit einer Melone schmückt,
oder doch vielleicht eine Bomberkappe für die Friedensmission,
einen Dressurzylinder für die Saurierjagdexpedition,
eine Fellkaputze aus 101 Dalmatiner,
eine Synagogendiener-Kopfbedeckung,
oder doch den Dreispitz von Urgroßopa Fritz.

Ich nehm’ dich mit nach Ascot auf den grünen Rasen,
wo zwischen Pferdeäpfeln, Lachsbrötchen und aufgesetzten Phrasen,
die Hüte der Society sich treffen,
Chiffon und Satin den Baumwollstoff ankläffen,
Schleifen und Schleier,
Pelzbesatz und Biedermeier.

Ich zauber’ für dich was aus dem Chapeau Claque,
treib’ mit dir meinen Schabernack,
und wir teilen uns einen Sombrero,
am Strand von Mexico, Anita,
und auch wenn mei Huat nur drei Lechar hot,
und drei Lechar hot mei Huat,
es zählt nicht, was du im Köpfchen hast,
sondern was am besten zu deiner Frisur so passt.

und jetzt wo’s regnet mehr denn je,
ich dich hab und ich gesteh’,
ich teil mit dir meine Schirmmütze,
Pfütze, Pfütze, eh eh eh, meine Schirmmütze,
Pfütze, Pfütze, eh eh eh eh eh.

Ich steh’ vor dir,
und möchte dir so gerne sagen,
die drei Wörter, die mich so sehr plagen,
ich zieh die Warnweste vor dir aus,
kein Erste-Hilfe-Kasten,
keine Sicherheitsgurte, die einrasten,
keinen Scheibenwischer oder Rückspiegel,
kein ABS und auch kein TÜF-Siegel,
nur ich steh’ vor dir,
und ich schau dir ins Gesicht,
ich lieb’ dich…

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