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May 4, 2012
E-Mail-Ping-Pong in Sterzing
Christoph Tauber
Irgendwie bietet es sich an, einen E-Mail-Roman auf die Bühne zu bringen. Der Text ist passend für die Bühne in Dialogform geschrieben. So ein E-Mail-Roman ist der Bestseller „Gut gegen Nordwind“ des österreichischen Autors Daniel Glattauer. Zuerst war der Roman wochenlang auf den Bestsellerlisten in Österreich und nun erobert die Theaterfassung die Bühnen in Österreich, Deutschland und Südtirol. Auch die Stadtbühne Sterzing wagt sich an eine Inszenierung des Bestsellers heran. Das Schwierige bei der Inszenierung eines Bestsellerbuches auf der Bühne ist, dass viele Zuseher den Roman gelesen haben werden, sich ein Bild von Leo Leike und Emmi Rothner gebildet haben werden, und nun bei der Inszenierung das Bild, das sich die Regisseurin gemacht hat, gezeigt bekommt. Als Zuseher ist man entweder enttäuscht oder begeistert.
Zwei Möglichkeiten der Inszenierung gibt es auch für den Regisseur in einem solchen Fall: Entweder man arbeitet minimalistisch und lässt den Text für sich sprechen oder man inszeniert bewusst ein Bild. Die Regisseurin Monika Leitner Bonell hat bei der Inszenierung im Stadttheater Sterzing letztere Variante gewählt.
Zwei Zimmer sind auf der kleinen Bühne dargestellt. Ein modernes Wohnzimmer, bei dem rechte Winkel, kahle Flächen und die Farbe schwarz dominieren und ein gemütliches Wohnzimmer mit einem kleinen Tisch, Büchern von Max Frisch, viele Schuhe am Boden, Decken und Polster auf der Couch, Schals, Tücher und Kleider am Kleiderständer im hinteren Teil. Das eine ist das Zimmer des Kommunikationswissenschaftlers Leo Leike (Werner Hohenegger), der sich bei seinen Forschungen mit Emotionen in E-Mails beschäftigt. Das andere ist das Zimmer der quirligen Webmasterin Emmi Rothner (Susanne Egger), deren erste E-Mail auf Grund eines Tippfehlers nicht beim LIKE-Verlag landet, sondern bei Leo Leike. Zunächst entwickelt sich ein schriftliches Hin und Her, doch Leo und Emmi stoßen bald tiefer und erzählen sich intime Dinge über ihre Beziehungen und ihr Leben. Obwohl sie sich nie gesehen haben, verlieben sie sich ineinander, denn jeder hat ein Bild des anderen im Kopf.
Für Intimität fehlt die Zeit
So viel zur Geschichte, wie sie im Buch und im Stück dargestellt wird. In der Inszenierung von Monika Leitner Bonell kommt diese Intimität in der Kommunikation nur schwer beim Publikum an. Der Funke will nicht überspringen. Dies mag daran liegen, dass auf der Bühne zu viel agiert wird, den Gefühlen zu wenig Raum und Zeit zum Ausspielen gelassen. So wird die vergehende Zeit beispielsweise mittels eines Tageslichtprojektors an die Wand projiziert. Abwechselnd schreiben Leo und Emmi die verstrichenen Stunden, Tage und Wochen auf. Diese häufigen Rollenwechsel verursachen Unruhe und machen es für die Darsteller schwierig, die nötige Intimität aufrechtzuerhalten. Immer wiederkehrender Szenenapplaus schien die Schauspieler nicht wirklich zu unterstützen, sondern unterbrach immer wieder intime Momente. Dies machte es für die Schauspieler bei der Premiere des Stückes am 1. Mai nicht wirklich leicht, die intensiven Momente durchzuhalten. Der Text saß sowohl bei Werner Hohenegger als auch bei Susanne Egger, doch Nervosität war spürbar, etwa durch nervöses Händezittern. Es ist kaum möglich, dass dies als Tick von Emmi Rothner inszeniert wurde, andernfalls wäre es eine zu perfekte Verkörperung von Emmi Rothner.
Ping Pong auf der Bühne
Die Zimmer sind von Leo Leike und Emmi Rothner sind auf der kleinen Bühne im Kinosaal des Sterzinger Stadttheaters nebeneinander aufgebaut. Und trotz der dargestellten Enge auf der Bühne müssen die Blicke der Zuseher ständig vom äußersten Ende der Bühne zum andern Ende wechseln. Unruhe entsteht im Blick. Leo Leike und Emmi Rothner treffen sich bis zum Ende des Stückes nicht und auch die Blicke gehen bei dieser Inszenierung aneinander vorbei. Dies erscheint zu strikt an die Realität angelehnt. Die Nähe der zwei Verliebten wäre gerade durch einen zeitweiligen Blickkontakt zwischen Leo und Emmi deutlicher geworden. Zu stark hält sich Leitner-Bonell hier an die Wirklichkeit im Buch und nutzt dabei zu wenig die kreativen Möglichkeiten des Theaters aus.
Fazit: Die Meinungen über das Stück gehen beim Publikum auseinander: Entweder enttäuscht oder begeistert. Bei diesem Stück auch kein Wunder.
Weitere Termine im Stadttheater Sterzing:
Fr, 04. Mai 2012 – 20:00 Uhr
Sa, 05. Mai 2012 – 20:00 Uhr
So, 06. Mai 2012 – 18:00 Uhr
Di, 08. Mai 2012 – 20:00 Uhr
Do, 10. Mai 2012 – 20:00 Uhr
Fr, 11. Mai 2012 – 20:00 Uhr
Sa, 12. Mai 2012 – 20:00 Uhr
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