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April 17, 2012

Macondo made in Austria. Herbert Rosendorfers neuer Roman

Reinhard Christanell

Herbert Rosendorfer kann erzählen – und er erzählt leidenschaftlich gerne. Sein neuer Roman, Huturm (Folio Verlag, 186 Seiten, € 18,80), schildert auf ansprechende, zum Teil humorvolle Art die eigenartige Geschichte des gleichnamigen, armseligen Dörfchens – später blühende Kurstadt – (n)irgendwo in der tiefen „Provinz“ und seiner Bewohner: Fürsten, Bauern, Wirte, Totengräber, Notare, Advokaten, Apotheker und so fort. Zeitlicher Rahmen: die scheinbar unerschöpfliche k.u.k. Monarchie, der katastrophale (erste) Weltkrieg und die Republik, die Hitler-Zeit, das neue Österreich.

Rosendorfer hat damit sein alpines, durchaus glaubwürdiges und für den Leser attraktives Macondo geschaffen, und seine Buendia heißen Guggemot, allesamt Friedrich bzw. Fritz mit Vornamen. Obwohl im Grunde nichts weltbewegendes passiert oder passieren kann, in Huturm am See, bewegt sich die „kleine“ Welt eben doch. Unmerklich aber unaufhaltsam. Menschen kommen auf die Welt, leben und sterben wieder. Hinterlassen eindringliche oder spärliche Spuren ihres Daseins und tauchen wieder im kollektiven Gedächtnis unter. Lieben oder hassen sich, bereichern sich oder verarmen, wechseln oft blitzartig ihre Meinungen. Also: Nichts neues unter der Sonne.

Die gewandte, zeitweise wendige und innovative Sprache Rosendorfers, das wankelmütige, sozusagen wiederkehrende Schicksal seiner Personen ermöglichen es dem Leser, Allgemeines und Partikuläres beinahe gleichzeitig zu verfolgen.

Herbert Rosendorfer, in Bozen geboren, über Jahrzehnte Richter und erfolgreicher Schriftsteller in Deutschland, nun seit mehreren Jahren wieder in Eppan beheimatet, hat eigentlich nichts vom Südtiroler Autor. Nicht die bedrückte Sprache, nicht den entwickelten Hang zur Weltuntergangsstimmung. Er lässt sich nicht von der Tragik der Geschichte quälen oder gar bezwingen. Das tut auch seinem (Südtiroler) Leser gut: Nach so viel (schwarzen) Wolken ein paar ungetrübte Sonnenstrahlen.

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