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April 14, 2012

Expedition Messner

Maximilian Lösch
CINEMA SPECIAL – DAY 6

Ich war mir nicht bewusst gewesen, dass es offensichtlich nicht so einfach ist, Reinhold Messner zu erreichen.

Ich sollte also diesen Artikel, dieses Interview mit Messner über Bergdokumentarfilme und Südtirol halten und habe mich erst spät bewegt. Am Tag vor der Abgabe hat es dann glücklicherweise trotzdem geklappt und ich konnte Messner telefonisch erreichen. In der Zwischenzeit hatte ich alle möglichen Personen und Experten angesprochen, um vielleicht einen alternativen Artikel schreiben zu können.
Viele Worte, aber nun zum Interview mit Reinhold Messner (es spiegelt auch wieder, was ich aus meinen Notizen und der Erinnerung heraus generiert habe, dennoch hoffe ich die Qualität des kurzen und intensiven Telefonats vermitteln zu können):

Aus dem Interview Herzogs, dem Film “Gasherbrum”, spricht der Enthusiasmus, die Schönheit, die Sie durch das Klettern erleben: “Ich selbst habe ab und zu das Gefühl, dass ich an diesen großen Wänden zeichnen kann”. Was ist Ihrer Meinung nach das Verhältnis von Erfahrung und Erzählung, kann eine Erzählung solche Gefühle vermitteln?

Zum Film Herzogs möchte ich sagen, dass er zum Teil gut geglückt ist, zum Teil nicht so gut. Bestimmte Dinge sind sehr gut erzählt, aber es ist ja auch Herzogs Erzählung von der Expedition.

Eine Vermittlung ist relativ möglich, wenn jemand nie in den Abgrund geblickt hat, kann man das auch nicht weitergeben. Einen Teil kann man aber weitergeben.
Ich sehe mich manchmal als einen Vermittler für solche Gefühle, für Menschen, die diese Gefühle nicht erleben, und möchte sie diese nachempfinden lassen.

Ich kann Ihnen aber sagen, wie ich Geschichten erzähle. Spontan auf der Bühne, zum Beispiel, werden Photos projiziert und da beginne ich einfach zu erzählen.
Ich erzähle vor allem durch Emotionen, wenn eine Erzählung keine Emotionen vermittelt, dann ist es keine gute Erzählung, und der Film hat es da am einfachsten, weil er so viele Sinne anspricht.
Also sicher nicht so einfach, da er gut gemacht sein muss, aber da hat er dann den Vorteil und kann viele Emotionen mobilisieren.
Ich erzähle auch gerne entlang einer Figur, entlang von Schicksalen von Menschen, wie in meinem letzten Buch über Paul Preuß.

Die Leistung der Erstbesteigung, der Sieg der Menschen über die Natur. – In einem Fernsehbericht aus erster Hand erzählt Luis Trenker, wie der Film “Kampf ums Matterhorn” zustande gekommen ist. Dieses Heroische, Kämpferische, die Idealisierung der Bergwelt und Heimat, mit thematischer Nähe zur faschistischen und NS-Ideologie. – Wie setzten Sie sich mit so einem Zugang zum Berg auseinander?

Der Berg wurde für diesen schwarz-braunen Mist missbraucht und der Bergfilm leidet sicher heute noch unter diesem Klischee, diesem heroischen Bild, und Trenker hat dieses Klischee auch sehr gedroschen. Klar gibt es hier, auch wenn er es später geleugnet hat, eine Nähe zur NS-Ideologie.
Ich habe mich schon sehr früh gegen diese Eroberungsmentalität gewehrt. Man sehe nur die ganze Auseinandersetzung zwischen Messner und AVS. Oder in einem Interview habe ich zu Trenker gemeint, ich habe den Berg nie rufen hören und bin auch sehr dafür von ihm kritisiert worden.
Dieses Bild des Bergsteigers, der keine Angst hat, der den Kampf mit dem Berg aufnimmt, ist doch völliger Schwachsinn, ist aber bei Laien oft noch verbreitet.
Ein Berg ist a priori gefährlich, ein Bergsteiger hat Angst, wenn er auf einen Berg steigt, man kennt die Wetterstürze, den Wind, die Abgründe und die Gefahren und es ist wichtig zu verstehen, dass man die Natur anerkennen muss, mit all ihren Tücken.
Es gibt ja mittlerweile diese Gegenbewegung, wo man dem Berg die Gefahr völlig nimmt, wo man sagt, es ist völlig sicher auf den Berg zu gehen, aber das stimmt einfach nicht, das sind Plappermäuler, die noch nie auf einem Berg waren.

Es wurde sicher schon viel erzählt über die Berge Südtirols, welchen Aspekt, oder welche Aspekte würden Sie erzählen? Welchen Bergdokumentarfilm würden Sie über Südtirol drehen? Was wurde noch nicht beleuchtet?

Jetzt sage ich Ihnen etwas, das ich noch nicht öffentlich gesagt habe. Ich würde gerne einen Film über die Menschen auf den Bergen drehen. Mit den Bergbauern, die seit Jahrhunderten dort leben. Vom 19. Jahrhundert aus, wo die ersten Alpinisten aus England und so weiter in die Alpen kamen. Sie waren Stadtmenschen und trafen auf diese Bergbauern, die dort waren, die ein sehr intensives Verhältnis zum Berg hatten. Sie kannten die Widrigkeiten des Berges, die Kälte und die Gefahren, sie lebten schon seit Generationen dort oben und hatten gelernt mit dem Berg zu leben, sich selbst zu versorgen, mit verschiedenen Rohstoffen, wie Holz oder Nahrung. Sie hatten Respekt vor dem Berg und hatten gelernt den Berg zu nutzen.
Also eine Geschichte anhand von konkreten Schicksalen erzählen, in einer Mischung aus Dokumentar- und Spielfilm, nicht nur über den Berg alleine, sondern über den wahren Berg und die wahren Menschen, die eine eigene Kultur des Berges entwickelt haben.
Aber die von der BLS finanzieren so etwas nicht, die interessiert das nicht. Aber jeden Blödsinn, wie auch die Serie am Pragser Wildsee, mit dem bekannten Schauspieler, den finanzieren sie. Sicher ist es Werbung für den Fremdenverkehr, aber ob das auf die Dauer gut ist, ist fraglich.

Eine letzte Frage zum Abschluss. Ich weiß nicht, ob Sie darauf antworten wollen, aber ich stelle sie trotzdem: Es gibt ja mittlerweile eine Luis Trenker Kollektion. Wie würde eine Reinhold Messner Kollektion ausschauen?

(Er lacht.) Ich möchte zuerst sagen, dass ich Trenker als Filmemacher schätze, als Persönlichkeit seiner Zeit. Er war en vogue; klar hat er auch geschaut, und es hat ihn gefreut, wenn seine Filme ankamen, auch bei den Nazis, er hat gewissermaßen ein Welle geritten. Aber im historischen Kontext gesehen war er sicher eine interessante Figur, im Nachhinein kann man ihn anders beurteilen, sehen, was man besser machen kann.

Vielleicht könnte ich dazu auch noch erzählen, dass ich einer der Ersten war, der mit Jeans in den Dolomiten kletterte. Ich wurde anfangs dafür ausgelacht, aber jetzt machen das alle.
Mein Interesse zum Berg war aber nie etwas Wirtschaftliches aufzubauen. Meines ist ein kulturelles Interesse, über alpine Geschichte, Philosophie, Literatur und Kunst. In der Philosophie, zum Beispiel in der Romantik, mit idealen Elementen, später kamen dann nationalistische Elemente, die heutzutage wieder aufkommen. Die Leute fangen wieder an für eine Nation zu klettern.
Als ich angefangen habe zu klettern, gab es keine Nationen, wir waren Bergsteiger, über den ganzen Globus, ob das dann ein Australier, ein Österreicher oder ein Italiener war, das war völlig egal. Ich habe auf einen Berg nie eine Fahne gepflanzt, oder einen Gipfel für das Heilige Land erklommen. Wie sagt man denn: “Ich bin mir meine eigene Heimat und mein Taschentuch ist meine Fahne.”

So war’s dann auch zu Ende.

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There is one comment for this article.
  • Heidi Reitel · 

    ALS KONTAKTADRESSE im Internet zu
    LUIS TTRENKER – REINHOLD MESSNER
    IST IHNEN SICHERLICH DER BETRUG MIT
    REINHOLD MESSNER BEKANNT.
    ER WURDE ALS BETRUEGER SOGAR ABGEORDNETER BEIM EU – PARLAMENT !

    DASS WENIGSTENS J E T Z T GEGEN DIESE VERBRECHER VORGEGANGEN
    WIRD, IST ZU HOFFEN UND ZU FORDERN !

    HEIDI REITEL

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