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April 10, 2012

Braucht Meran ein Kino?

Verena Spechtenhauser
CINEMA SPECIAL – DAY 2

Ich gehöre zu der Generation von Meranern, die noch das Glück hatten, das gute alte Apollo-Kino von innen kennenzulernen. Ein kleines Kino mit einem einzigen Vorführsaal und einer schrulligen alten Dame hinter dem Ticketschalter. In dem es nach Popcorn duftete und das in meiner sicherlich auch etwas verklärenden Erinnerung immer zum Bersten voll war. Natürlich war das Angebot an Filmen nicht mit jenem eines dieser Multiplex-Kinos vergleichbar, aber das musste es auch nicht. Viel wichtiger war es, dass man sich in seiner Stadt mit Freunden treffen konnte, um sich den neuesten Kinofilm anzuschauen. Auch mal spontan. Ohne langes Vorausplanen, ohne studieren von Zugfahrplänen oder berechnen von Benzin- und Parkplatzkosten. Eigentlich ein ganz normales, gesellschaftliches Ereignis, das den Meranern seit der Schließung des Apollo-Kinos im Frühjahr 2009 so nicht mehr möglich ist.

Sicherlich werden jetzt einige Meraner laut aufschreien und auf die zahlreichen Angebote verweisen, die Filmliebhabern unter der Woche geboten werden. Und das zu Recht! Zum Glück gibt es die Meraner Sektion des Filmclubs und den Cineclub/Associnema, die Kinofilme in deutscher und italienischer Sprache zeigen. Und zum Glück gibt es eine Reihe von Veranstaltungen wie die Docu.emme im Kulturzentrum Mairania857 oder die Filme in Originalsprache in der Sprachenmediathek – um nur einige zu nennen. Es sind ohne Zweifel wertvolle Zusatzprogramme, aber keine Alternative zu einem Kino.

Ganz ehrlich, eine Stadt ohne Kino ist doch eigentlich nicht denkbar. Ein Kino gehört doch genauso zum kulturellen und gesellschaftlichen Leben wie ein Theater, eine Bibliothek, eine Galerie oder eine Buchhandlung. Da stellt man sich schon die Frage, wie weit es eigentlich her ist mit der „bürgernahen“ Kultur in Meran. Denn es mangelt der Passer-Stadt ja nicht nur an einem Kino, sondern auch an anderen kulturellen Einrichtungen, zum Beispiel einem gut funktionierenden Jugendzentrum, welches mit dem UFO in Bruneck mithalten kann.

Natürlich könnte man an dieser Stelle einwerfen, dass es im Zeitalter von Internet und Download den Kinos genauso an den Kragen geht wie den Buchhandlungen und den Musikläden. Und das nicht nur in Südtirol, sondern europaweit, nicht nur in der Provinz, sondern auch in den Großstädten. Es gibt neben dem Kino zahlreiche neue und kostengünstigere Möglichkeiten, sich Filme anzuschauen. Und dies hat vor allem die Jugend für sich entdeckt.

Haben die Meraner also einfach die Lust am Kino verloren? Anscheinend nicht, denn bereits kurz nach der Schließung des Apollo Kinos wurde eine Arbeitsgruppe gegründet, die es sich zum Ziel gesetzt hat, wieder ein Kino nach Meran zu bringen. Im Februar 2012 wurde die Petition „Für ein Kino in Meran“ mit insgesamt 3.530 Unterschriften dem Meraner Bürgermeister Günther Januth übergeben. Initiator und Erstunterzeichner der Petition ist Ivo Carli. In Meran ist er bekannt und geschätzt, vor allem, weil er am Aufbau vieler kultureller Initiativen entscheidend beteiligt war. 1980 war er Mitbegründer des Meraner Filmclubs und lange Zeit war Ivo Carli auch im landesweiten Vorstand des Filmclubs tätig. Mit ihm treffe ich mich im Café Darling zu einem Gespräch über den aktuellen Stand der Dinge:

Ivo Carli, früher gab es in Meran ja zahlreiche Kinos. Ist die Nachfrage nach einem Kino nicht mehr da?

Doch natürlich. Die Nachfrage war und ist nach wie vor da. Es stimmt, bis in die 1970er Jahren gab es in Meran sieben Kinos, die nach und nach aus wirtschaftlichen Gründen schließen mussten. Beim Apollo Kino war jedoch nicht die mangelnde Nachfrage der Grund für die Schließung, sondern anderweitige, geschäftliche Probleme des Inhabers.

Gäbe es in Meran denn die räumlichen Möglichkeiten für ein neues Kino?

Da gäbe es sogar mehrere. Der Bürgersaal in der Otto-Huber-Straße, welcher der Gemeinde Meran gehört. Dort finden im Moment auch die Filmabende des Meraner Filmclubs statt. Oder das Ex-Apollo-Kino, welches noch immer ungenutzt ist. Und natürlich auch das Ex-Ariston-Kino. Alle drei Orte könnten nach der nötigen technischen Adaptierung und kleineren Umbauarbeiten wieder als Kino benutzt werden.

Warum gibt es dann in Meran seit 2009 kein Kino mehr?

Weil die Gemeindeverwaltung einfach andere Prioritäten hat. Bürgermeister Januth hat das Thema Kino schon seit 2010 in seinem Koalitionsprogramm. Bisher ist jedoch noch nichts Konkretes geschehen, trotz verschiedener Vorschläge. Bereits 2009 gab es die Idee, das Ex-Apollo-Kino weiter zu nutzen. Als der Besitzer Insolvenz beantragen musste, übernahm die Raika-Leasing-Bozen die Räume und bot sie dem Filmclub Bozen an, welcher sich sofort an den Filmclub Meran wandte. Die Idee, das Kino zu leasen, empfanden wir als eine attraktive Gelegenheit, denn dadurch wäre die Gemeinde Meran zum Besitzer des Kinos geworden. Die Idee wurde dem Bürgermeister vorgelegt und anschließend auch dem Land präsentiert. Die Umbauten in Höhe von ungefähr 300.000 Euro waren der Gemeinde Meran jedoch zu hoch und somit war diese Idee vom Tisch. Im Moment ist das ehemalige Kino in der Ariston-Passage im Gespräch. Es wird von der Handelsoberschule als Aula genutzt. Das Land zahlt monatlich stolze 11.200 Euro für die Räumlichkeiten, die Anzahl der schulischen Veranstaltungen dort sind jedoch begrenzt. Hier besteht aber das Problem der Doppelnutzung. Weder Ferdinand Patscheider, der Direktor der Handelsoberschule (HOB), noch Landesschulrätin Sabina Kasslatter Mur sind von der Idee begeistert. Im Moment sieht es so aus, als wäre eine mögliche Nutzung dieser Räume auf drei Abende pro Woche beschränkt. Das wäre jedoch eine Schmalspurlösung, die wir nicht wollen. Unser Vorschlag wäre es, den Bürgersaal in Zukunft den Schulen als Aula Magna zur Verfügung zu stellen und das Ex-Ariston-Kino wieder als Kino zu verwenden.

Welche Art von Kino würden sie sich für Meran wünschen?

Die Arbeitsgruppe und die Unterzeichner der Petition wünschen sich ein Kino mit professioneller Ausstattung und dauerhaftem Betrieb, in dem Qualitätsfilme für beide Sprachgruppen gezeigt werden. Wichtig wäre dabei, regelmäßig Erstaufführungsfilme im Programm zu haben. Außerdem wünschen wir uns auch ein entsprechendes Kinoumfeld, in dem sich die Besucher auf- und unterhalten können. Unsere Vorbilder sind das Capitol Kino in Bozen und der Kinotreff in Kaltern. Die Vertreter beider Institutionen unterstützen unser Anliegen und waren auch bei der letzten Bürgerversammlung dabei.

Wie wird es in Meran nun weitergehen?

Bereits am 6. März gab es ein Treffen zwischen dem Direktor der HOB, der Schullandesrätin und dem Meraner Bürgermeister. Erstaunlicherweise wurde in den Medien nicht darüber berichtet und auch der Arbeitsgruppe wurde nie mitgeteilt, welche Resultate bei dem Gespräch herausgekommen sind. Ich kann mir jedoch gut vorstellen, dass sich die Gemeinde nicht mit dem Land und der Schule einigen konnte. Im Moment warten wir auf eine Antwort des Bürgermeisters auf unsere Petition (A. d. R.: Franzmagazine hat inzwischen die Antwort auf die Petition erhalten – siehe unten). Laut Satzung muss er nach spätestens 45 Tagen seine Entscheidung dem Erstunterzeichner mitteilen. Diese Frist ist bereits abgelaufen, ich habe jedoch noch nichts von ihm gehört. Für Dienstag, den 10. April, haben wir bereits eine Sitzung einberufen. Wenn wir bis dahin noch keine Antwort erhalten haben, werden wir weitere Schritte unternehmen.

Auf unsere Anfrage um eine Stellungnahme des Meraner Bürgermeisters Günther Januth zum Thema “Kino in Meran” hat er uns die soeben beschlossene Antwort auf die Petition zukommen lassen:

Antwort auf die Petition “für ein Kino in Meran!”, die dem Bürgermeister am 16. Februar 2012 gemäß Artikel 60 des Statuts der Gemeinde Meran vorgelegt wurde.

Ein Kino in Meran, auch nicht ausschließlich zu Handelszwecken, ist ein Ziel, das die Gemeindeverwaltung besonders aufmerksam und nachdrücklich verfolgt.
Wir sind uns bewusst, dass seit vielen Jahren die verschiedenen Kinos unserer Stadt der Reihe nach geschlossen wurden, da sie für die Betreiber wirtschaftlich gesehen nicht mehr interessant waren; die Errichtung eines Multiplex-Kinos in Bozen hat zu einem Monopol und zu einer scharfen Konkurrenz auch innerhalb der Stadt Bozen geführt. Wir haben erfahren, dass in der Landeshauptstadt auch das Kino Eden bald schließen wird und daher das Capitol-Kino die einzige Alternative zum Cineplexx sein wird.

Vorausgeschickt, dass die Gemeindeverwaltung nicht beabsichtigt, direkt ein Kino zu führen und auch keine private Handelstätigkeit zu finanzieren, ist ihre einzige Möglichkeit und ihre einzige Absicht, die Einrichtung eines Kinos zu fördern, das von einem oder mehreren Vereinen ohne Gewinnabsichten geführt wird, der oder die daran interessiert sind, Filmvorstellungen in
italienischer und deutscher Sprache für unterschiedliche Zielgruppen und mit einem breiteren Angebot als in diesen letzten Jahren zu bieten.

Die Gemeindeverwaltung ist der Ansicht, dass der Saal des ehemaligen Ariston-Kinos aufgrund seiner zentralen Lage, seiner über 380 Plätze, der Einhaltung der Sicherheitsmaßnahmen und der guten Beschaffenheit des Saales selbst, die ideale Unterbringung wäre. Es fanden Begehungen mit Technikern des Landes statt, die den Saal als Kino  für absolut geeignet hielten. Die einzige wesentliche Investition, die zu tätigen wäre, ist die Anpassung des Regie- und Projektionsraums durch den Ankauf der Geräte, die zur digitalen Projektion notwendig sind (ab nächstem Jahr wird es nicht mehr möglich sein, Filmstreifen zu projizieren).

Zur Zeit gehört der Ariston-Saal einigen Privaten, die ihn dem Land verpachtet haben. Dieses hat ihn wiederum mit einem Abkommen der deutschsprachigen Handelsoberschule “Franz Kafka” zur Nutzung überlassen.

Seit langem versucht der Gemeindeausschuss die Leitung der Schule “Franz Kafka” zu überzeugen, den Saal für Filmvorstellungen zur Verfügung zu stellen, aber jegliche Anfrage vonseiten der Gemeinde wurde höflich abgewiesen. Dafür wurde der Grund angeführt, dass es unbedingt notwendig sei, dass die Schule das ausschließliche Nutzungsrecht des Saales für didaktische Tätigkeiten behält.

Da mit dem gegenwärtigen Benutzer keine direkte Einigung möglich war, musste das Land eingeschalten werden.

Am 6. März wurde dem zu Folge das letzte einer Reihe von Treffen zwischen Gemeinde, Schule und Land einberufen, um eine Lösung auszuarbeiten, die einerseits die schulische Tätigkeit wahren sollte und andererseits mindestens 5 Tage pro Woche von 17 Uhr bis zum späten Abend Filmvorstellungen ermöglichen sollte. Um größere Investitionen tätigen zu können forderte die Gemeinde, dass ein etwaiges Abkommen mindestens 5 – 7 Jahre dauern muss.

Bei dieser Sitzung wurde folgender Tätigkeitskalender ausgearbeitet:
• die Festlegung der Wochentage und der Uhrzeiten an denen der Saal der Schule zur Verfügung stehen muss durch die Schule selbst (31. März)
• die Ausarbeitung eines Führungsplans vonseiten der Gemeinde Meran, der der Schule vorzulegen ist (30. Juni) die Einleitung von Verhandlungen mit dem Gebäudebesitzer (30. Juni).

In der Zwischenzeit wird die Gemeindeverwaltung die Kostenvoranschläge für die notwendigen Einrichtungen einholen und alle Meraner Vereine einberufen, die im Filmbereich tätig sind, um sich über eine Zusammenarbeit zu einigen und um gemeinsam den
vorgesehenen Führungsplan auszuarbeiten.

Trotz der bekannten Zweifel und Widerwilligkeit der Schule ist die Gemeindeverwaltung absolut entschlossen, unter allen Betroffenen eine Einigung zu erzielen und mindestens von Donnerstag bis Sonntag die abendliche Nutzung des Saales zu erreichen, in der Überzeugung, dass dies die naheliegendste Lösung sei, um dem Kinobedarf in der Stadt Meran nachzukommen.
Sollten sich die Betroffenen aber bezüglich der Verwendung des Ariston-Saales nicht einigen können, wird es unvermeidlich sein, nach Alternativlösungen zu suchen.

Dr. Günther Januth
Bürgermeister

Es wäre den Meranern zu wünschen, dass sie wieder ein eigenes Kino besitzen und dies hoffentlich bevor Südtirol Kulturhauptstadt 2019 wird.

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There are 7 comments for this article.
  • maurizio mitterstainer · 

    Ja, die Gemeinde hat keine 300.000 € für die KULTUR;
    sondern hat viel Millionen für die KUBATUR

  • andrea · 

    La cosa che mi fa più orrore, seconda solo alla pagina web della giunta comunale di Merano
    [ http://www.comune.merano.bz.it/it/politica/giunta-comunale.asp ] è vedere che molte di queste “facce” appartengono a liste civiche, quindi, almeno sulla carta, formate da cittadini più sensibili alla tematiche cittadine rispetto ai politici di professione.
    Cinefili meranesi ribellatevi!!! se la politica vi tratta così su una vicenda come l’assenza di un cinema per la vostra città, chissà come si comporta su questioni più importanti.

  • veloziped · 

    Ich gehöre noch zur Generation, die sogar mehrere Kinos in Meran zur Verfügung hatte. Durch unseren Vater wurde bei mir die Magie der großen Leinwand mit Stan & Ollie geweckt. Mein älterer Bruder nahm mich etwas später dann zu Superman ins Marconi Kino mit. Bei “Christiane F” legte ich ziemlich nervös erstmals meinen Arm über die Schulter meiner Sitznachbarin. Unvergesslich sind auch die Sonntagnachmittage, die wir als Halbwüchsige im Apollo bei Bud Spencer-Filmen, Eis-am-Stiel und Lederhosenkomödien verbrachten.

  • Ulrich Ladurner · 

    Denke auch, dass Meran ein Kino braucht und nicht nur Meran, sondern auch alle in den umliegenden Gemeinden wohnenden Menschen.
    Super Artikel Verena….

  • Reinhilde Rizzi · 

    War in meiner Kindheit viel im Kino. Apollo, Theater Kino, Marconi u.s.w. Auch heute noch ist es irgendwie Magisch ein Film auf grosser Leinwand zu sehen. Gehoert doch irgendwie zur Kultur.