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March 15, 2012
Barbara Gamper: A Place in Iceland
Verena Spechtenhauser
Im Rahmen der KunStart 2012 wird bereits zum dritten Mal der internationale Kunstpreis The Glocal Rookie of the Year vergeben. Unter den vierzig Kandidaten findet sich auch die Meranerin Barbara Gamper, welche von der Meraner Kunstgalerie ES contemporary artfür den Preis vorgeschlagen wurde. Auf der Kunstmesse ist die Performancekünstlerin mit dem Projekt Iceland Saga (an ongoing Investigation) vertreten. Zugrunde liegt der Installation ein einmonatiger Aufenthalt im 500-Seelen-Dorf Skagaströnd im Nordwesten Islands, welchen sie in Form des Blogs A Place in Iceland künstlerisch aufgearbeitet hat.
Ich habe mich mit Barbara Gamper in einem Café am Obermaiser Brunnenplatz zu einem Gespräch über Island, die Liebe zur Technologie und den Zweifel über Ortsinn und Selbstsinn im virtuellen Raum getroffen.
Barbara, warum gerade Island?
Ich habe mich schon immer für Island interessiert. Vor allem die unterschiedlichen Variationen der Landschaftsbilder und das Extreme, das diese Insel aus- und kennzeichnet wirken auf mich eine hohe Faszination aus. Aber auch die starke kulturelle Identität und die Frage woher diese kommt und worauf sie basiert. Verstärkt hat sich mein Interesse dann auch durch die Wirtschaftskrise, die Island vor ungefähr vier Jahren sehr stark getroffen hat. Ich fand es interessant zu sehen, wie die Menschen mit diesem Schicksal umgegangen sind und vor allem auch, dass sie politische Konsequenzen daraus gezogen haben. Darum habe ich auch gezielt nach einer artist residence in Island gesucht und bin auch fündig geworden. Im Nachhinein denke ich, dass diese Entscheidung sicher auch mit der eigenen Herkunft zu tun hat, die einen doch stärker prägt als man glaubt.
Wie hast du selbst Island und seine Einwohner erfahren?
Ich bin der festen Überzeugung, dass die menschliche Persönlichkeit von ihrer Umgebung beeinflusst wird und ohne Zweifel prägen Naturphänomene die Menschen.
Ich selbst habe Skagaströnd als Außenstehende betrachtet und dabei versucht meine subjektive Erfahrung mit einem etwas distanzierteren Auge zusammenfließen zu lassen. Dabei war für mich vor allem der starke Bezug zur Natur sehr spürbar, sowohl mein eigener als auch jener der Isländer. Die Isländer selbst haben aufgrund der Extreme ihrer Landschaft und Geografie meiner Meinung nach nicht nur eine starke kulturelle Identität, sondern auch einen starken Überlebenssinn entwickelt. Dies wurde mir vor allem beim Interviewen der Dorfbewohner bewusst.
Und wie entstand die Idee zum Blog?
Der Gedanke meine Erfahrungen in einem Blog zu sammeln, kam mir eigentlich erst in Island selbst. Eigentlich wollte ich mich der Insel in Form von Videos nähern. Doch ich habe schon bald gemerkt, dass man an einem Ort wie Island nicht alles kontrollieren kann so wie wir es vielleicht von einer Großstadt gewohnt sind, sondern dass man von verschiedenen Faktoren abhängig ist. Das Wetter gehört dazu genauso wie das Problem der Fortbewegung. Außerdem sind vier Wochen Aufenthalt doch relativ wenig Zeit. So kam mir die Idee ein Visuelles Tagebuch über meine Zeit in Skagaströnd zu veröffentlichen. Ich wollte (m)einen kreativen Prozess dokumentieren, jedoch nicht meine persönlichen Gefühle in den Mittelpunkt stellen sondern die Recherchen über Land und Leute.
Was war für dich als Künstlerin das Besondere am bloggen?
Neu und daher besonders für mich war zum einen sicherlich das Einfließen lassen von Texten in meine Arbeit. Als Besonders empfinde ich jedoch auch die Tatsache, dass ich (m)einen kreativen Prozess zum ersten Mal so offen darlege. Dabei fühle ich mich hinter dem Bildschirm geschützt, er hilft mir Distanz aufzubauen. Meine Arbeit am Blog ist sehr ortsbezogen; das Internet hingegen ist ein immaterieller Raum mit einer enormen Reichweite. Das empfinde ich als sehr positiv und macht mich zu einem großen Fan von Technologie.
Das ist eine interessante Aussage.
Ja, ich denke Technologie kann sich durchaus positiv auf die Welt auswirken. Es kommt nur darauf an, wie wir sie benutzen. Ich denke, wir lassen uns viel zu viel von der Technik mitreißen, ohne sie zu hinterfragen.
Wie kann ich mir deine Installation auf der kunStart vorstellen?
Neben den Videos, die ich in Island gedreht habe, finden sich an meinem Stand auch sogenannte ent-setzte Objekte sowie das virtuelle Blog-Archiv, das ich auf Papier ausgedruckt habe. So werden meine Recherchen vom virtuellen in den realen Raum geholt und es entsteht ein anderer, zeitlicher Effekt.
Die Besucher sollen meinen Stand als offenes Atelier wahrnehmen, sie sollen sich die folders durchblättern und sich im Idealfall dann zu Hause das Archiv nochmals online anschauen. So entsteht ein spannendes Spiel mit dem Virtuellen.
Mit meiner Installation ist es mir auch wichtig aufzuzeigen, dass mein Island-Projekt noch nicht abgeschlossen ist. Es ist eine Rohfassung, darum auch der Untertitel an ongoing Investigation, also eine Untersuchung die noch im Gang ist. Am Blog selbst werde ich nicht mehr weiter arbeiten, ich lasse ihn jedoch offen.
Ein paar Eckdaten zur Künstlerin:
Barbara Gamper, 1981, Meran. Studium „Zeitgenössischer Tanz“ in Berlin. (Daher auch das große Interesse an der Rolle des Körpers.) Studium „Bildende Kunst mit Schwerpunkt zeitbasierte Medien“ in London
Lebt und arbeitet in London. Sie beschäftigt sich in ihren Werken mit dem Gedanken der Zukunft und inwiefern uns Technik, Internet und Globalisierung von unserem Ortsgefühl verleitet.
More Info:
Der Blog: aplaceiniceland.tumblr.com
Nes artist residency: www.neslist.is
ES contemporary art gallery | Meran/o: www.es-gallery.net
Glocal Rookie: www.glocalrookie.it
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