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February 29, 2012

Spuren eines Interviews mit dem Künstler Lukas Zanotti

Maximilian Lösch

Ich beginne den Artikel, womit Lukas und ich aufgehört haben, das Ergebnis eines surrealistischen Spiels, ein cadavre exquis:

Cade il rosso di sera come quando sale olio extra vergine e cofanetto nello zinco potrebbe urla grida e un taglio esumato da cerimonia delle scarpe in un bicchiere di vino il sole taglia il mondo

Ich hatte mich mit Lukas Zanotti im NadaMas verabredet, um ein Interview über seine Performance Vochaoulista heute Abend, 29.02. um 19.29 Uhr in der Kapuzinergasse 26 (Goethe 2 Gallerie) zu machen. Es wurde dann viel mehr, ein wirklich mitreißendes Gespräch über die Tiefen des menschlichen Gemüts, über Alchemie, Kunst und Michael Jackson.

Aber lasst uns am Anfang beginnen (das Interview ist nacherzählt und hat nicht ganz genau so stattgefunden…):

Wie bringst du das NadaMas mit deiner Kunst in Verbindung?

Das NadaMas verbinde ich mit meiner Kunst, da ich hier eine meiner ersten Ausstellungen gemacht habe, sie hieß 30.000, da der Preis für jedes Werk 30.000 Lire war, ich habe fast jedes Stück verkauft.

Deine Performance, sie heißt Vochaboulista

Sie ist nach meinem Buch Vochaboulista benannt, und ich werde auch Teile daraus vorlesen, ein Wörterbuch, das ich mit verschiedenen Methoden geschrieben habe. Im Vochaboulista habe ich versucht ein persönliches und unbewusstes Wörterbuch zu schreiben. Es sind Mikrometaphern, immer wenn man zwei Objekte zusammenbringt, schafft man ein künstlerisches Werk, ein künstlerisches Zeichen. Manche Wörter habe ich gefunden, indem ich ein Buch aufgeschlagen habe und mit geschlossenen Augen auf die Seite gezeigt habe. Die Definition für dieses Wort habe ich dann ebenfalls so gefunden. Bei manchen Wörtern habe ich zuerst die Definition gesucht und dann das entsprechende Wort. Wieder andere habe ich mehr konstruiert, und nicht so sehr dem Zufall überlassen. Dies sind Techniken wie sie die Dadaisten oder die Futuristen verwendet haben.

Und in der Performance?

In der Performance versuche ich dann Geschriebenes und Zeichnungen zusammenzubringen. Es ist ein Schauspiel, eine Verwandlung. Das Bild ist an räumliche Koordinaten gebunden, und ich verwandle es in temporale Fragmente, in etwas Zeitliches, mit einem Ablauf. Das Geschriebene hingegen, welches einen zeitlichen Ablauf hat, eine Geschichte erzählt, verwandelt sich in Musik, in Klang, in Geräusche die den Raum ausfüllen. Das Geschriebene wird zum Raum, soll durch Geräusche den Raum füllen.

Und was kannst du mir über deine Art zu schreiben erzählen?

Ich schreibe keine Erzählungen, keine Romane sondern es ist eine poetische Art zu schreiben, welche sich an esoterische Texte anlehnt, an mystische Reisen. Ich kondensiere multiple Bedeutungen in einem Wort, und es hängt dann vom Leser ab, wie er meinen Text versteht, auf wie vielen Ebenen er ihn wahrnimmt.

Wie genau ist es deiner Meinung nach möglich, zu kommunizieren, die Wahrheit zu beschreiben?

Man kann die Wahrheit nicht beschreiben, da die Wahrheit etwas sehr einfaches ist. Du bist deine Wahrheit, und es gibt nichts Offensichtlicheres, denn sie ist hier, dennoch ist meine Wahrheit nicht deine Wahrheit. Man kann die Wahrheit aber nicht vermitteln, man kann nur Schlüssel geben, ich kann dich nur neugierig machen, nach deiner Wahrheit zu suchen, mehr nicht.

Vielleicht ist es auch oft so, dass wir uns nicht bewusst sind, dass wir die Wahrheit in uns tragen…

Ja das ist so, und in unserer hektischen, modernen Welt, wird es immer schwieriger die eigene Wahrheit zu sehen. Wir haben keine Zeit, sind andauernd abgelenkt, das zu tun, dort hinzugehen… Dies ist eine andauernde Flucht aus dem Hier und Jetzt, immer irgendwo anders sein, immer etwas zu tun, um sich nicht mit den Ängsten und Unsicherheiten auseinanderzusetzen. Man gibt die Verantwortung an Andere ab, es ist immer jemand anderes Schuld, und es ist immer alles bereit, man kann immer alles haben… Der Zugang zur Poesie wird immer schwieriger, es ist ein System der Flucht, nach Aussen zu spiegeln. Im Mittelalter war es der Sündenbock, heutzutage sind es die Migranten, die Schwarzen, die Rom, auf die Frustrationen und Ängste projiziert werden.

Um einen anderen Aspekt anzusprechen, hat Kunst für dich auch eine therapeutische Seite?

Es ist sicher immer auch eine therapeutische Seite in der Kunst. Es wäre gar nicht ohne diesen Aspekt möglich, dennoch sollte er nicht überwiegen, sonst wird die Kunst nur noch etwas auf sich selbst Bezogenes. Kunst sollte auch immer einen Universellen Aspekt haben, wie ich vorhin angesprochen habe, dich neugierig nach deiner eigenen Wahrheit machen, ein Werkzeug sein, das auch andere verwenden können. Die Kunst kann therapeutisch und eine Selbstanalyse sein, wo vielleicht oft die Bedeutung erst nachher klar wird, nachdem das Werk fertig ist.

Etwas das mich persönlich interessiert, wie entsteht deiner Meinung nach die Bedeutung von Worten?

Interessante Frage. Die Bedeutung ist eine Konstruktion, eine Investitur, die der Leser macht, sie ist vielleicht mehr etwas, das den Leser betrifft, als denjenigen, der schreibt. Ich weiß nicht, wie viel ein Autor Einfluss hat auf das, was ein Leser wahrnimmt, ob man wirklich eine Richtung geben kann. Man ist immer anders, in einer anderen Stimmung und dies wirkt sich sowohl auf den Autor als auch auf den Leser aus. Im Akt des Schaffens verdreht man völlig die Bedeutung eines Wortes und dann kommt der Leser hinzu, welcher ebenfalls eine Bedeutung schafft, irgendwo ist die Bedeutung eine gemeinsame Konstruktion zwischen dem Autor und dem Leser.
Um noch einen Schritt weiterzugehen erst kürzlich bin ich zu einer Definition für Kunst gekommen, und nach dieser Definition hat es bis jetzt noch kein wirkliches Kunstwerk gegeben, oder vielleicht hat es eines gegeben, falls es diese Reaktion ausgelöst hat. Ein wahres Kunstwerk müsste dich so tief berühren, dass es dich zum Weinen bringt und zur gleichen Zeit dich in den Selbstmord treibt, da die Schönheit so groß war, dass dein Leben keine Bedeutung mehr hat, alles andere sind nur Versuche und Annäherungen an dieses Ideal. Du wirst lachen, aber ich bin zu dieser Definition gekommen, als ich Michael Jackson gehört habe. Früher habe ich nie Popmusik gehört, für mich war Musik etwas anderes, zeitgenössische, avantgardistische Musik, in letzter Zeit jedoch mag ich es auch, Popmusik zu hören. Ich finde Michael Jackson eine interessante Figur, vor allem seine Einsamkeit, er war Sklave seines eigenen Images geworden und ist daran zugrunde gegangen. Generell finde ich es interessant Popkultur, Trash, die Extreme des Banalen, des Kitsch mit hoher Kultur zu mischen. Darin finde ich den ludischen, den ironischen Teil meiner Arbeit, das Spiel ist immer sehr wichtig für mich.

Es war wirklich ein unglaublich interessanter Austausch und ich bin sehr neugierig auf die Performance heute Abend, vor allem nach so einem Gespräch, kann ich nur allen empfehlen dort hinzukommen!

LUKAS ZANOTTI
Vochaboulista
Performance
Goethe2, Via Cappuccini / Kapuzinergasse 26
Mercoledì / Mittwoch 29.02.2012, h 19.29
CAST: PETER HOLZKNECHT | MASSIMO ECCLI | LUIGI PISANI

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