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January 29, 2012

Dokufilmer Andreas Pichler: Die Intimsphäre muss gewahrt werden

Renate Mumelter

Irgendwann möchte ich auch einen Spielfilm drehen“, erzählte der Dokumentarfilmer und Produzent Andreas Pichler beim Kamingespräch des KulturForumCultura, das wie immer Frage nachging, wie Kultur entsteht. Helene Christanell hatte Andreas Pichler am 16. Januar 2012 zum Gespräch in den Damensalon der Hotel Laurin geladen.
Das spannende am Dokumentarfilm sei, dass er sich auch während des Projekts entwickelt. „Jedes Dokumentar-Filmprojekt ist auch ein Lernprozess, und das ist der Kick“, sagt Pichler. Beim Spielfilm sei alles schon vorgegeben. Der Spielfilm habe aber den Vorteil, dass man den Menschen näher kommen könne. „Beim Dokumentarfilm gibt es für mich klare Grenzen, wenn es um das Innenleben der Figuren geht. Die Intimsphäre muss gewahrt werden“, sagt Pichler. Das Drehen von Dokumentarfilmen sei deshalb auch anstrengend. „Man kommt den Protagonisten sehr nahe, darf aber doch nicht mit ihnen befreundet sein, sondern muss sie als Objekte der Recherche aus einer gewissen Distanz sehen.“

Nach der Matura besuchte Andreas Pichler einen der ersten Ausbildungskurse der Filmschule ZeLIG in Bozen, wechselte dann nach Bologna, wo er Film- und Kulturwissenschaften studierte. An der Freien Universität Berlin belegte er die Fächer Philosophie und Geschichte und schloss dort sein Studium ab. Parallel dazu hat er auch immer an Filmen gearbeitet, seit Ende der 1990er Jahre hat er den Dokumentarfilm zu seinem Hauptberuf gemacht. Viele seiner Filme sind mit europäischen Fördergeldern realisiert und international koproduziert. Sie waren auf zahlreichen Festivals zu sehen und wurden auch von wichtigen Fernsehsendern, wie arte, History Channel, ZDF neo gezeigt.
Sein erster Dokumentarfilm „Mirabella/Sindelfingen“ (2001) erzählt von Sizilianern in Deutschland, hat Integration zum Thema, die damals, als der Film entstand noch kein Thema war. „Heute hätte der Film im Fernsehen keine Chance mehr“, sagt Pichler, so sehr haben sich die zwei Formate in ihrer Sprache auseinanderderentwickelt. Derzeit arbeitet der Regisseur dokumentarisch an „Überleben in Venedig“. Die Arbeitsfassung wurde bereits im Kino Kaltern vorgestellt. 2004 hat Pichler den Grimme-Preis für „Call me Babylon” erhalten. So ein Preis sei „wie ein Ritterschlag“, sagt er, auch wenn man davon nicht leben könne.

Andreas Pichler hat sich gemeinsam mit Kollegen seit Jahren darum bemüht, auch in Südtirol etwas für den Film zu tun. Eine zähe Angelegenheit. 2004 hat er gemeinsam mit anderen die FAS (Film Association South Tyrol) gegründet. Ziel wäre eine lokale Filmförderung gewesen. „Über Jahre haben wir mit der Kultur gesprochen, aber die haben Herzklopfen bekommen, wenn sie die Beträge hörten, die nötig gewesen wären“, berichtet er. Für die Wirtschaftspolitik hingegen seien diese Beträge ein Klacks gewesen, und so sei es gelungen, im Rahmen der BLS die Südtiroler Filmcommission auf die Beine zu stellen. Südtirol sei für den Film interessant, meint Pichler, weil es „ein Standort mit viel Sonne ist, und das ist wichtig“. Außerdem sei es beim Drehen erforderlich, „permanent Probleme zu lösen, und das funktioniert hierzulande gut“. Wann Andreas Pichler seinen ersten Spielfilm angehen wird, weiss er selber nicht so genau, aber irgendwann soll es soweit sein.

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