
Ist Dresden das neue Hamburg und damit das neue Berlin? Soweit kann man noch nicht gehen. Dennoch, es geht etwas voran im Osten Deutschlands. Sehr viel dazu beigetragen hat das junge Label der Stunde „Uncanny Valley“, das ziemlich offen für allerlei Spielarten der elektronischen Musik ist. Hauptsache, der Vibe stimmt.
Passend dazu die EP eines Stammproduzenten des Labels: Cuthead. Im letzten Jahr wurde er gefeiert für seine Gratis-Album „City Slicker“, nun ist er mit einer EP zurück, die zwischen House und Hip-Hop liegt und dennoch nicht überambitioniert klingt. Der Spagat gelingt, denn in jedem Track kann man die Liebe zu der Musik spüren. „Vibratin“ eröffnet die EP mit einem Acid House Monster, das sich ab Hälfte des Tracks richtig austoben darf während Oldschool-Drums die Richtung vorgeben und dabei sehr variabel bleiben. Der Titeltrack „Brother“, die A2 der Platte, überzeugt durch eingehende kurze Vocals und einer jazzig angehauchten Melodie, die Potenzial zum Ohrwurm hat. Zum Ende hin integrieren breakige Cuts die ersten Hip-Hop-Elemente der Veröffentlichung. Seite B der Platte beginnt ebenfalls wieder tanzbarer. Die spacige Melodie, die „Transgressions“ mit sich bringt, wird dauernd moduliert, bis nach einem Break das Lied langsam ausläuft. Die letzten zwei Tracks des Releases verschreiben sich ganz der Vision von Hip-Hop ohne Rap. „Seram Limbah“ wartet bollywoodeske Samples auf. Dass dieser Track mit einem MPC-Sampler produziert wurde, kann man gut und gerne heraushören. Dasselbe gilt für „Heartless“, das jedoch zwei häufig benutzte Samples aus „Three Dogs Night“ Easy to be hard benutzt; ein Song, der den meisten aus dem Musikfilm Hair bekannt sein dürfte. Dennoch schafft es Cuthead auch dieser alten Kamelle eine neue Note hinzuzufügen und damit den kurzen Track noch kurzweiliger und damit zum geheimen Star der EP zu machen.
Alles in allem schafft es diese EP den Abstand zwischen House und Hip-Hop zu verringern und kehrt damit zu den gemeinsamen Wurzeln der zwei Genres zurück, ohne altbacken zu wirken. Fans der beiden Genres sollten diesen Ausnahmeproduzenten im Auge behalten.
Written by Reddey (Martin Retter)
Uncanny Valley 007: Cuthead – Brother EP by Uncanny Valley Dresden