Fashion + Design > Fashion
September 15, 2011
Fashion Director Stephan Hilpold
Elisa Bergmann
Stephan Hilpold wurde 1974 in Brixen geboren, er studierte in Wien und Berkeley (USA) Germanistik und Theaterwissenschaft und arbeitete nach seinem Studium als freier Kulturjournalist, unter anderem für Frankfurter Rundschau, Tagesanzeiger in Zürich, Der Standard, WDR und NDR. Seit 2005 verantwortet er in der Wiener Tageszeitung Der Standard die Mode, nebenbei schreibt er Theaterkritiken für die Frankfurter Rundschau, neuerdings auch für die Berliner Zeitung. Er hielt mehrere Lehrveranstaltungen am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaften in Wien, unter anderem zu Theaterkritik und Inszenierungsformen der Mode. 2011 wurde er zum „Modejournalisten des Jahres“ gekürt. Er lebt in Wien.
Über welche Umwege bist du zum Fashiondirektor des Standard geworden?
Nach dem Studium habe ich über einen längeren Zeitraum im Kulturjournalismus gearbeitet, vor allem habe ich Theaterkritiken und Kulturkritiken geschrieben. Immer wieder habe ich Lifestyle-Themen unter einer kulturhistorischen, soziologischen Perspektive betrachtet. Daraufhin ist mir der Job beim Standard als Moderedakteur angeboten worden. Das Angebot fand ich sehr attraktiv und auch wenn ich nicht aus diesem Bereich komme, denke ich, dass gerade die Mode sehr viele kulturelle Aspekte hat, insofern gibt es sehr viele Überschneidungen modisch, sowie auch kleine Theaterinszenierungen.
Worin liegt für dich der Unterschied zwischen einem reinen Fashion-Magazine und der Sparte Mode in einer Tageszeitung?
Großer Unterschied! In einer Tageszeitung muss man die Inhalte sehr genau dahingehend untersuchen, ob sie auch für eine breitere Leserschaft interessant sind beziehungsweise in welcher Form sie interessant sind. In einer Tageszeitung geht es ganz massiv um die Modebranche an sich, das heißt auch um eine hintergründige kritische Berichterstattung, da spielen natürlich wirtschaftliche und Marketing-Aspekte eine große Rolle. Im Modemagazin kann man sehr viel mehr das abbilden, was die Modebranche von sich selbst auch gerne in der Zeitschrift sehen möchte. In der Tageszeitung geht es immer darum einen hintergründigen Blick zu haben, man ist sehr viel mehr Journalist, in einem sehr herkömmlichen Sinn, auch was Hintergrundrecherche angeht. Beim Modemagazin geht es um Farben, Trends und Kollektionen – spielt bei uns natürlich auch eine Rolle, ist aber nur Teil des ganzen.
Welche Stories der Modewelt interessieren dich? Wohin richtest du deinen ganz persönlichen Fokus?
Mich interessiert zunächst der Kontakt mit kreativen Geistern, von denen man in diesem Sektor einige trifft, die großen Designer, einerseits auf der kreativen Ebene, andererseits auf der wirtschaftlichen Ebene. Ein großes Modeunternehmen zu führen fordert höchste Anforderungen, auch was Management und so weiter anbelangt, und wenn man einem CEO von einem Unternehmen mit einem Umsatz von 3–4 Milliarden gegenübersitzt, dann ist das schon eine spannende Herausforderung. Für mich ist es die Kombination aus Kreativität und Wirtschaftlichkeit, die mich besonders interessiert. Wir versuchen hintergründig zu sein, Zusammenhänge zu erklären und Verbindungslinien zu ziehen.
Was glaubst du, wie kleidet sich ein Standard-Leser?
Als Journalist weiß man gar nicht so viel von seinen Lesern, wie man das gerne hätte. Ich hoffe und glaube, dass der typische Standard-Leser sich durchaus dessen bewusst ist, dass Kleidung ein Zeichensystem ist und sehr gut mit Bedeutungen spielt beziehungsweise spielen kann und dass er oder sie da auch sehr bewusst damit umgeht.
Wie sieht ein Arbeitstag bei dir aus?
Im Normalfall bin ich acht bis zehn Stunden im Büro, telefoniere, schreibe und recherchiere. Allerdings bin ich sehr viel auf Modeschauen, Presseterminen und Hintergrundgesprächen unterwegs, es ist also relativ abwechslungsreich. Hin und wieder machen wir Mode-Shootings, die ich betreue, mache an der Location Interviews usw.
Du besuchst die New York Fashionweek, was erwartest du dir? Folgst du dem Fashion-Zirkus nach London, Mailand und Paris? Zu welcher fährst du am liebsten und warum?
Ich war schon sehr oft dort. Von meiner Perspektive aus ist es die Fashion Week, die den Auftakt bildet. Die ersten Trends werden erkennbar, allerdings ist New York für Europa weniger wichtig als Mailand oder Paris, weil sehr viele Labels Mode zeigen, die in Europa gar nicht vertreten ist. Das heißt, es ist ein Schnuppern, wie die Mode im nächsten Frühjahr ausschauen könnte. Wie sie dann wirklich ausschaut, zeigt sich in Paris und in Mailand.
Was hat Südtirol mit Mode am Hut? Kann man als Kreativer in der Modeszene in Südtirol überleben oder ist der Umzug ins Ausland mandatory?
Kann ich nicht beurteilen, da ich seit 17 Jahren im Ausland lebe und deshalb die Strukturen weder beobachte noch genau kenne. Was ich allerdings schon sagen kann, dass es dort prinzipiell eine große Modeaffinität gibt und dass man einerseits den Blick in den Süden hat und andererseits auch in den Norden. Kann also eine recht spannende Mischung ergeben, wie bei allen Dingen in Südtirol.
Musiker, Schriftsteller, Politiker glauben sie können die Welt verändern. Mode auch?
Ja, ungefähr so viel, wie sie Kunst verändern kann. Also wahrscheinlich nicht allzu viel. Sie kann sie schöner, interessanter und aufregender machen… Also sie kann vieles… Die Welt verändern ist aber ein großes Wort.
Wenn du dir einen Designer als Ausstatter aussuchen könntest, wer würde dich von Kopf bis Fuß einkleiden?
Da gibt’s einige, ich bin ja eher ein bisschen klassisch orientiert. Von Lanvin bis Dries Van Noten kann ich mir sehr vieles vorstellen.
Was hälst du von franzmagazine?
Ist ein spannender Versuch, bin erst jetzt darauf gestoßen und werde Franz im Auge behalten. Spannende Sache.
What are you hungry for?
Auf die nächste Saison…
Comments