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July 26, 2011

2. Foreign.Flag

Aldo Ricci

Döner. Ein interkulturelles Stück. In drei Überschriften. TEIL 2/3

Szene 1

REFERENTIN.
Es treffen, wie jeden Sonntagmorgen,
nach abgebüßtem Kirchengang,
beim Andr sich mit großem Durst
auf ein zwei Glasln – drei,
die Stammtischrunde al completo.

Die Frau schon lang nach Haus geschickt,
die Knödel kochen nicht von selbst.
Ein schnelles Kartenspiel,
drei–vier große Schluck,
bis die Kirchenglocke einmal dongt.

Dann wird noch schnell ausgetrunken,
man freut sich auf den Mittagsspeck
und innerhalb von drei Sekunden
sind dann auch schon alle
weg.

Vor dem Wirtshaus.

MANN 2.
Na.

MANN 1.
Wos isch do jetz los?

MANN 2.
Jo wia?

MANN.
Hotr zua?

MANN 2.
Na.

MANN.
Hel gibs decht net.

MANN 1.
Hel wor decht no nia.

MANN 2.
Na, in 40 Johr no net.

MANN 1.
Na seit I holt do her kim net, gel.

MANN.
Hem wor ollm offn.

MANN 2.
Jedn Sunntig.

MANN.
Fix.

MANN 1
Jetz wort, wos ischn des do?

MANN.
Do heng jo epps.

MANN 2.
A Zettl.

MANN.
Wia?

MANN 1.
Wos steat denn drauf?

MANN 2.
Chiuso.

MANN.
Auf Italienisch?

MANN 1.
Auf walsch? Na.

MANN 2.
Woll. Chiuso und baschta.

MANN.
Und jetzt?

MANN 1.
Boh.

MANN 2.
Na.

MANN 1.
Na des wor echt no nia.

MANN.
Wos tiamorn jetz?

MANN 1.
Jo nix holt, net? Wos sollmr denn tian?

MANN 2.
Hoam?

MANN.
Na.

MANN 1.
Wenn zua isch, isch zua, net?

MANN 2.
Hel wor jetz no nia.

Massenauflauf, Durcheinander, Geflüster und Getuschel, alles konfus und erregt.

Dr Andr hot zua, isch zua. Dr Andr isch weg etc.

IM CHOR.
Hot oanfoch zua getun. Wo ischn der hin? Wos soll denn des? Wia timr denn jetz? Hot oanfoch zuagetun. Wo ischn der hin? Wia stelltn der sich des vor. Nanana.

Einer tritt hervor. Schreit.
Dorfblattl. Erste Seite, gonz groaß.
Als Dorfblatt soll die aktuelle Ausgabe der Dolomiten hergenommen werden.

CHOR.
Dr Andr isch oghaut. Wirt verlässt nach 40 Jahren sein Lokal und wandert aus, lässt Bevölkerung im Stich.

Einige packen eiligst Flachmänner aus und machen einen kräftigen Schluck. Dann tritt der Wirt auf, langsam. Alles verstummt.

WIRT.
Ho chiuso. Zua hon I, hoast hel. Geschlossen, sagt man in der Stadt. Chuiso, aus, baschta, jetz geat nix mehr. 67 Jahre alt bin ich schon und die letzten 40 davon in diesem Wirtshaus verbracht. Zum Heiligen Ander. Der isch jo netamol heilig, glaub i. Aber das kümmert hier im Dorf niemand. Alle hoch zufrieden waren sie bei der Eröffnung (rechnet) 1971, rammelvoll jeden Tag, allesamt zum heiligen Ander. Und dann, dann ging es abwärts mit dem Ander. Weil die jungen gehen nicht mehr ins Wirtshaus, sondern in den Pub und die ganz die fetzigen fahren in die Disko in die Stadt, der Großteil langweilt sich nach zehn Jahren im Wirtshaus. Sind verliebt, kriegen Kinder, oder sind in Urlaub. Was bleibt? Ein Haufen von Stammtischbauern die in ihren Wein brotteln Tag ein Tag aus, das macht mich alt. Ganz alt. Steinalt sogar. Non ce la faccio più. I konn nimmer, hoast sel. (lacht)Im Hoferjahr, da habe ich noch gedacht, vielleicht wird’s wieder. Sind die alle wieder gekommen die Leute, und sogar die Touristen aus Deutschland. Zum Gasthof Heiliger Andreas wollten die. Waren dann ganz erfreut von der historischen Stube. (wütend) Wos hoasst denn historisch?
Nana, i bin weg. Ich kann nicht mehr mit diesem steifen Gehabe. Diesem tristen Alltag, dieser ewigen Stille. Heiterkeit brauch ich, Bewegung, ein bisschen Stimmung. (Pause)
Im Veneto haben die mir einen Gasthof zur Pacht angeboten. La Caparra heißt der Laden. Da ist sicher mehr Leben. Als hier. Più vita. Lern mr holt Italienisch. Ein bissl kann ich ja eh schon.
So, das wars mit mir.
Mochtses guat.
Arreviderci.

Der Wirt geht. Alles bleibt baff zurück.

REFERENTIN.
2008
30.000
Südtiroler leben im Ausland.
Auslandssüdtiroler.
Sind wir dann auch Migranten?
Haben die anderen Angst
vor uns?
Vor dem Bauernvolk?
Sind wir Ausländer im Inland?
Im Niemandsland?

EINER.
La Caparra?

EIN ANDERER.
Più vita?

WIEDER EINER.
Auslandssüdtiroler?

CHOR.
Na Wirt, jetzt tua ins des ne tun. Bitte bleib do, bitte.

EINER:
Do wermr ins schun eppes dorfinden?

ANDERER.
Genau, wermor ins schun epps ausdormochn.

EINER.
Hel huckmr mo l zom bei an Glasl, so seimr jo net.

CHOR.
Lei tua ins des decht net un.

EINER.
verstummend.
So wia du sogsch sen mir jo net.

Der Wirt geht ohne Worte.

 

Szene 2

Die Bauern stehen im leeren Raum, Karten in der Hand. Kein Tisch, keine Stühle.

MANN.
Schlog spielt aus.

Sie werfen reihum eine Karte auf den Boden.

MANN 2.
Und?

MANN 1.
I sigs net.

MANN 3.
Meiner.

Bückt sich, sammelt die Karten ein, steckt sie in seine Hosentasche. Es wird wieder ausgespielt.

MANN 1.
Wos sein denn des überhaupt für hetzige Kortn do.

MANN.
Des sein nimmer de von der SVP.

MANN 3.
Na na.

Sie drehen und wenden ihre Karten und schauen.

MANN 2.
Wos ischn do hinten drauf?

MANN 3.
Des isch jo an Alpenrose.

MANN 1.
liest.
Lei Südtirol Partei.

Mann zuckt zusammen und tritt einen Schritt zurück. Die anderen bemerken das.

MANN 3.
Wos isch jetz mit dir los?

MANN.
Nix nix, spielmr lei weiter, isch jo gleich von wem die Korten sein.

MANN 2.
Wer hotn gstochen?

MANN.
Er!

Sie spielen weiter.

MANN.
Ach, des geat decht so net, so konn man decht net spielen. So spiel i holt net. Aufm Boden, zu trinken hobmr a nix. I gea.

Mann geht ruckartig ab.

MANN 3.
Wos isch in den jetzt einigfohrn. Spinnt der jetz a?

Sie stehen unbeholfen im Raum, schauen sich gegenseitig an, werfen alle ihre Karten zu Boden. Der Glamour Politiker tritt auf. Schrille Musik. Ein Kind in Tracht geht konfettiwerfend vor ihm her. Er tanzt und schleimt sich durch die drei Bauern hindurch, entreißt der Referentin das Mikrofon.

MANN 3.
Aha, und wer isch der jetz? Wos will der do?

GLAMOUR POLITIKER.
zum Publikum.
Bleiben Sie sitzen, bleiben Sie sitzen, ich bitte Sie.
zum Kind.
Jetzt kannst du aufhören mein Kind.
Ich darf die Gelegenheit kurz nutzen um mich vorzustellen. Mein Name ist Fisch, und ich bin Politiker, genau, ganz genau, Politiker. Ich gehöre zu den Glam-Konservativen, einer soeben in London entstandenen politischen Stilrichtung, von internationalen Designern ins Leben gerufen, spezialisiert auf neorechtskonservative Politik. Der neuste Trend, sozusagen. Ja, ich kann es in Ihren Gesichtern sehen, die große Frage, die sich vor Ihnen aufbaut: Warum ich hier?!  Berechtigt, durchaus, schnell erkannt, ein sehr cleveres Volk die Südtiroler. Nein, Sie müssen sich nicht geschmeichelt fühlen, das gehört zu meiner Kampagne. Man hatte mir ja viel angeboten, New York, Paris, sogar Helsinki. Aber, aber, aber hallo, es geht hier doch nicht um Kulturmetropolen, es geht um politische Verantwortung. Ein weiser Mann hat einmal zu mir gesagt: Fisch, agiere stets dort, wo es am meisten brennt. Sei eine helfende Hand in der Not. Aber! Vergiss das wichtigste nicht mein Sohn: Stil.
Kurz und gut, ich habe die missliche politische Lage äußerst schnell erkannt und daher der Lei Südtirol Partei Leben eingehaucht.

KIND.
schreit.
Hurra!

GLAMOUR POLITIKER.
Jawohl. Das liebe Kind hier wird Ihnen mein Parteiprogramm zukommen lassen.

Das Kind wirft Flyer der Lei Südtirol Partei in die Zuschauer.

GLAMOUR POLITIKER.
Ich freue mich somit sehr, Sie als meine zukünftige Wählerschaft begrüßen zu dürfen.
Zu den drei Bauern.
Stimts, Mandr?

MANN 3.
Jo…äh…wolwol.

MANN 1.
Des klingt schun gonz wichtig.

MANN 2.
Jojo.

GLAMOUR POLITIKER.
Richtig. Also dann, servus.

Unter Musik zieht der Politiker wieder ab.

 

Szene 3.

Dunkel. Man hört Geräusche wie Sägen und Hämmern. Zwischendurch ertönt ein Radio. Östliche Musik.

FRAU.
Schatz.

Keine Reaktion.

FRAU.
Schatz!

MANN  3.
Wos isch do los?

FRAU.
Schatz!!

MANN 2.
Wer sagltn do mitten in der Nocht.

MANN 1.
Gib holt a Rua, verdommt.

FRAU.
Schatz!!!

MANN.
Was ist denn los,  was schreist du denn so rum.

FRAU.
Ja hörst du das denn nicht?

MANN.
Was denn?

FRAU.
Na da sägt und hämmert jemand.

MANN.
Ach was, das bildest du dir nur ein. Hast du schlecht geträumt?

MANN 3.
Hell hosch schun du, moan i.

MANN 1.
Koan Aug hon i zuagetun bis jetzt.

FRAU.
Schatz, also ich kann so nicht schlafen.

MANN 2.
I a net!

MANN.
Na dann mach halt mal einer das Licht an.

Licht geht an. Geräusche hören auf. Die Bühne ist unverändert.

MANN.
Siehst du, ich habe es ja gesagt.

MANN 3.
Nana, hel sog schun i dir, do geat eppes, hel sog mir mein Bauchgefühl. Und hel hot sich in 53 Johr holt no net getaischt.

MANN.
Jetz geb holt arua. Morgen wermr schun segn.

MANN 1.
Jojo.

MANN 3.
Wolwol.

 

Szene 4

Sonntag. Alle singen ein Kirchenlied.

MANN 2.
noch bevor das Lied zu Ende ist.
Isch jetz fertig, endlich?

EINER.
Pscht!

MANN 2.
Jojo.

EINER.
tritt aus dem Chor hervor.
Dorfblattl: Beim Andr hots schirch getun in dr Nocht. Fürchterliche Geräusche halten Dorfbevölkerung wach.

MANN 3.
Sigsches, Madonna! I hons no gwisst.

MANN 1.
Putega.

FRAU.
Ja auf was wartet ihr denn noch!

Nach hektischer Bewegung und einer Mischung aus Volksmusik und Tekno gelangt man zum Heilgen Andr, wo zum Erschrecken aller nun eine Dönerbude steht. Alles bleibt abrupt stehen.

DÖNER MANN.
rennt erfreut über den ganzen Auflauf heraus.
Ah, amico. Mangiare? Panino o piadina? Tutto. Döner, Dürum, Falafel. Anche café fare. Patatine, Pizza. Vieni amico. Vieni!

Er geht voraus in die Bude. Es folgt ihm niemand.

MANN 1.
Des isch net dr Andr.

MANN 2.
Na.

MANN 3.
He lisch amol fix.

MANN 2.
Jo.

DÖNER MANN.
Dia amico, vieni. Primo Dürüm casa offre.

MANN 1.
Do gea i holt net eini.

MANN 3.
Fix net.

MANN 2.
Na.

MANN 3.
Wos ischn sel überhaupt.

MANN 1.
A Döner.

FRAU.
Mensch seid ihr ignorant.

MANN  3.
Mhm, ignorant also.

MANN.
Jetzt fangt halt nicht auch noch an zu streiten.

FRAU.
Ach bitte.

MANN 3.
Wia?

FRAU.
Der Döner, in Österreich und der Schweiz meist Kebab, ist eines der bekanntesten Gerichte der türkischen Küche. Er besteht aus in einer Marinade gewürzten großen Fleischscheiben, die schichtweise auf einen speziellen, senkrecht stehenden Drehspieß gesteckt und gegrillt werden, und von denen nach und nach die äußeren, gebräunten Schichten mit einem großen Messer dünn abgeschnitten werden. Ursprünglich wurde für Döner nur Hammel- oder Lammfleisch verwendet, heute sind – zumindest außerhalb der Türkei – Kalb- oder Rindfleisch und auch Geflügel wie Pute oder Hühnchen üblich.

MANN 2.
Na.

FRAU.
Doch.

DÖNER MANN.
kommt wieder zurück.
Dove Problema?

MANN 1.
Wos?

MANN 3.
Du bisch es Problema mit dein Lodn do.

MANN 2.
Jo.

DÖNER MANN.
Non capito amico.

MANN 1.
Hel glab i.

DÖNER MANN.
zur Frau.
Cosa problema?

MANN.
um die Lage zu entschärfen.
Abbiamo gia mangiato oggi. Grazie.

MANN 3.
Na! Hobmr net, obr bei mir dahoam gibs am Sunntig no Knedl  mit Kraut.

MANN 2.
Jo.

MANN 1.
Giamr!
zum Mann.
Lossmr die nuien Kollegn do alloan.

Mann stottert, sagt aber nichts.

MANN 1.
beim Gehen zum Döner Mann.
Mir sein do net bei dir dahoam. Merk dr hel.

MANN 2.
Jo.

MANN 3.
Eben!

Sie gehen ab.

FRAU.
Ich habs immer schon gewusst. Ich hätte nie zu dir in dieses Berggefängnis ziehen sollen. Das ist ja unter aller Sau.

MANN.
Was kann ich denn jetzt dafür?

Frau geht ab ohne Antwort ab. Der Mann setzt sich erschöpft an einen Tisch der Dönerbude. Die Referentin tritt auf und setzt sich zu ihm. Sie schweigen.

DÖNER MANN.
Ma dove io arrivato?

MANN.
Im Dorf.

REFERENTIN.
Im Dorf.

MANN.
Ja.

Pause.

MANN.
Und was jetzt. Sie sind doch hier die  Bewegung gegen die Bauern. Zeigen Sie mal ihre Mediationsarbeit. Ich bin jetzt der Verstoßene, abgestempelt, was soll ich denn jetzt tun? Soll ich hier daneben noch einen Bazar eröffnen? Ich habe doch immer nur Ihre tollen Tipps befolgt. Politically correctness and so on, nicht? Immer die eigene Überzeugung über Klischees und Vorurteile stellen. Niemals Ungerechtigkeit tolerieren.  And so on, nicht? Das sind doch Ihre Worte, nicht?
zum Döner Mann.
Bier? Hosch sel zumindest?

DÖNER MANN.
Bier…ah, birra. Sisi, yes yes amico.

MANN.
Na zumindest eppes.

Er bringt ihm ein Bier in der Dose.

MANN.
lacht.
A no a Forst?
ironisch.
Nor konns jo so schlimm gor net sein.

REFERENTIN.
Jetzt lassen Sie doch den Kopf nicht hängen, die Suppe wird nie so heiß gegessen, wie sie gekocht wird. Die werden sich schonwieder beruhigen. Das war nur der erste Eindruck, der sie so schockiert hat.

MANN.
Weil do eigentlich der Andr wor. Obr dor hel muas jetz jo in Veneto oi gian. Dr Andr, jetz kenn i nen boll 40 Johr in Wirt. Nana, des sein schun Zeiten.

REFERENTIN.
Was glauben Sie denn, wie die Leute geschaut haben, als Stephenson mit der ersten Eisenbahn am 1825 durch ihr Land rollte. Höllenzeug haben sie geschrien. Die wollten den Fortschritt nicht. Was glauben Sie denn, was die Leute gedacht haben, als Albrecht Ludwig Berblinger, der berühmte Schneider von Ulm, seinen ersten flugfähigen Gleiter der Öffentlichkeit über der Donau vorführte und dabei in den Fluss viel? Die Menschen haben immer Angst vor dem, das sie nicht kennen, was ihnen fremd ist. Das heißt aber nicht, dass es nicht gut ist. Heute fliegen sogar die Bauern mit dem Flugzeug –

MANN.
Obr a net olle.

REFERENTIN.
Haben Handys, surfen im Internet.

MANN.
Jetzt übertreiben Sie mal nicht, bei uns im Dorf gibt es noch nicht mal einen Internetanschluss.

FRAU.
Das heißt doch aber nicht, dass sich ihr Dorf sich nicht kulinarisch bereichern kann, nicht in der Lage ist, seinen Horizont zu erweitern.

MANN.
Dann wissen Sie wirklich nicht viel über unsere Kultur. Denn: was der Bauer net kennt, frisst er net. So geht das schon seit immer.

REFERENTIN.
Deshalb gibt es auch immer nur Knödel und Kraut. Oder Fleisch. Fett und schwer, gleich wie ihr Essen.

Musik. Der Glamour Politiker tritt auf, gefolgt von den drei Bauern. Diese tragen jetzt überdimensionale Broschen und Papierhüte der Lei Südtirol Partei. Der Glamour Politiker tänzelt umher.

MANN 3.
Wos bisch du jetz do schun der erste Kunde, ha? Und a Forst a no?

MANN 1.
Dass di net schamsch.

MANN 2.
Jo eben.

MANN.
schreit.
Jetzt reichts mir longsom mit enkrem Fanatismus. I trink mein Bier bei wem i will, isch sel klor? I pfeif decht net noch enkrer Pfeife! Jo wo seimr denn? Und wos tiatsn es überhaupt mit dem schluzigen Peitl do?

MANN 1.
Mir sein jetzt bei der Lei Südtirol Partei.
zeigen auf ihre Broschen.
Der vertretet zumindest insere Interessen und schaug, dass mir do net überrumpelt werden von sellige do, dass ins do net ano die Moscheen ausm Bodn wochsn. Der stoppt ins in Ausverkauf der Heimat.

MANN 2.
Jo eben.

GLAMOUR POLITIKER.
schreit.
Verdammte Scheiße ich hab es euch doch schon 1000 Mal gesagt. Ihr könnt in der Lei Südtirol Partei nicht mit Werbesprüchen von anderen Parteien rumballern. Wir haben das doch besprochen. Dafür könnte man uns verklagen. Verdammt. Bei uns heißt das: Keine Saldi, Südtirol wird nicht verkauft. Ist das jetzt klar?

MANDR:
Jo Chef.

MANN.
I pocks net.

GLAMOUR POLITIKER.
Aber bitte, meine Herren. Wir wollen hier doch nicht streiten. Streit hat in der Poitik rein gar nichts zu suchen. Aber rein gar nichts. Lassen sie uns die Angelegenheit doch nüchtern und sachlich betrachten. Es geht hier um die Heimat.

MANN.
Was wollen Sie dahergelaufener Clown mir denn bitte von der Heimat erzählen?

GLAMOUR POLITIKER.
Ich bitte Sie mein Herr, ich habe schließlich in London studiert, an der modernsten politischen Universität, die es zurzeit in Europa gibt. Zwei Zusatzsemester in politischer Ästhetik.

REFERENTIN.
Und daher glauben Sie, nach so kurzer Zeit ihrer Anwesenheit die brisante kulturelle Lage in diesem Auflaufbecken zwischen den Bergen analysiert, ausgewertet und beurteilt zu haben, Probleme erkannt, Lösungsvorschläge erarbeitet.

GLAMOUR POLITIKER.
Aber nicht doch mein hübsches Ding. Was soll ich denn da erarbeiten. Die Sache liegt doch auf der Hand.
Deutet mit dem Kopf in Richtung Dönerbude. Zu den Bauern.
Stimmts, Mandor?

MANDOR.
Jo.

GLAMOUR POLITIKER.
Sehen Sie doch, Liebste.

REFERENTIN.
Ich bin keineswegs ihre Liebste.

GLAMOUR POLITIKER.
Das ist doch offensichtlich, rein vom ästhetischen Standpunkt aus gesehen: Bauernhäuser, Kirchen, Wiesen, Kühe, diese frische Luft. Da ist doch so ein…Döner ein Dorn im doigen Auge. Alliteration, politische Rhetorik, neuntes Semester. Und der Tourismus, denken sie doch an den Tourismus. Denken Sie ernsthaft, all die Touristen setzen sich nach anstrengenden Wandertagen in ein eine solch fettige und stinkige Bude? Hier gehört ganz und offensichtlich ein Wirtshaus her, mit traditionellen Speisen etc.
Stimmts, Mandor?

MANDOR.
Jo logisch!

MANN 1.
So oans wia dr Andr wor.

MANN 2.
Jo.

REFERENTIN.
Genau, habt ja gesehen, wie weit ihr es mit dem getrieben habt. Notemigriert, vor lauter Tradition und Heimatkultur. Wenn euch schon die eigenen Leute wegrennen. Neue wollt ihr keine. Mit den Kindern spart ihr auch, nur weiter so. Dann gibt’s euer Südtirol nicht mehr lange.

MANN 3.
A gea sei decht still, so leit wia di, auf de kemmr Pfeifen. Wos denkschn deine gonzn tolln Reden und Vorträge hobn irgendepps gebrocht? Irgendepps? Denksch wirklich di nimp do jemand ernst? Emanzipatirischen Bewegung Gegen Reaktionärkonsevatives Verhalten. Haha, isch jo a Witz. Dein Gelaber hilft ins nix.

REFERENTIN.
Dann schaut doch selber wie ihr zurechtkommt. Dass ihr hier mit Migranten konfrontiert sein werdet, das könnt ihr nicht verhindern, die kommen schon trotzdem, auch wenn es euch nicht passt.

MANN 1.
Hel segmr no.

REFERENTIN.
Was wollt ihr dann tun, eine Mauer um euer heiliges Land bauen?

MANN 1.
Nana, mir tian gor nichts, nichts tian mir.

REFERENTIN.
Aha.

MANN 3.
Tuat olls er für ins.
Deutet zum Glamour Politiker.

GLAMOUR POLITIKER.
Na das hast du jetzt aber schön gesagt.

REFERENTIN.
Dann lassen Sie mal hören.

GLAMOUR POLITIKER.
Nein.

REFERENTIN.
Nein?

MANN 2.
Wia na?

MANN 1.
Na?

GLAMOUR POLITIKER.
Kinder, alles hat seine Zeit. Alles hat seine Zeit. Jetzt hab ich erst mal Hunger. Wer lädt mich denn auf eine feine Gulaschsupp ein?

MANN 2.
I, hem hot meine Frau sicher a Freid, wenn amol a wichtige Persönlichkeit zu ins hoam kimp.

MANN.
Wichtige Persönlichkeit.

GLAMOUR POLITIKER.
Aber nicht doch, Sie können mich ja morgen einladen, guter Mann.

MANN.
ironisch.
Nein Danke, morgen bin ich schon zur Stammtischrunde hier beim Döner verabredet, mit meiner lieben Frau Referentin, und meinem neuen Freund, dem Döner.
zum Döner Mann.
Wie heißt du gleich?

DÖNER MANN.
He?

MANN.
Il tuo nome?

DÖNER MANN.
Hossein. Piacere.
schüttelt dem Mann die Hand.

GLAMOUR POLITIKER.
Gut. Mandr, dann lassen wir unsere orientalischen Freunde mal unter sich. Auf mich wartet nämlich eine Gulaschsuppe. Los geht‘s.

Sie gehen.

GLAMOUR POLITIKER.
zu einem beim Gehen.
Habt ihr zu Hause auch Kabelfernsehen?

REFERENTIN.
Und Sie, gehen Sie auch nach Hause zu ihrer Frau?

MANN.
Ach, ich bleibe noch hier. Das ist der einzige Ort, wo mich wahrscheinlich so bald keiner stören wird. Aber gehen Sie ruhig, Sie müssen sicher noch ein Referat vorbereiten. Gehen Sie nur.

REFERENTIN.
Ok, dann bis bald.

MANN.
Hossein, noch ein Bier bitte.

DÖNER MANN.
Certo amico.

Gedämmtes Licht. Musik. Mann beginnt tanzend für den Döner Mann Strangers in the Night von Frank Sinatra zu singen.

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