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June 26, 2011

After Hours: …das, was vom Arbeitstag bleibt

Evelyn Gruber-Fischnaller

„Bozen ist meine Heimat in diesem Teil der Welt“, sagt Shuddhabrata Senguputa, ein Teil des Trios, das als Raqs Media Collective 2008 den Bozner Standort der Biennale Manifesta7 kuratiert hatte. Nach den Vorträgen von Viktor Misiano, Martino Gamper, Hans Belting und Peter Weibel war das Raqs Media Collective mit dem Beitrag „After Hours: Art, Imagination and the Residue of the Working Day” (“After Hours: Kunst, Imagination und das, was vom Arbeitstag bleibt”) nach Südtirol zurückgekehrt und bei der Veranstaltungsreihe „artiparlando“ zu Gast.

Das Raqs Media Collective versteht sich als Künstlergruppe, als Kurator und Medienarbeiter, aber auch als Theoretiker. Das Trio arbeitet in Dehli, Indien und beschäftigt sich intensiv mit Medienkunde, Raumplanung und urbaner Kultur. In Bozen referierte Shuddhabrata Senguputa über die Wahrnehmung und Bedeutung von Zeit auf unterschiedlichen Kontinenten: „Zeit ist die entfernteste Dimension dessen, womit wir uns in der Auseinandersetzung mit globaler Kunst beschäftigen. Während es noch vor 100-150 Jahren darum ging, alles schneller zu machen, sind wir heute bemüht, dass sich die Welt um uns langsamer dreht. We feel the need to slow down a world, that is way too fast.“

Senguputa zeigt eine Installation, bei welcher verschiedene Uhren im jeweils gleichen Abstand zueinander aufgebaut sind. Die Uhren zeigen zwar die Zeit an, aber statt der Ziffern stehen auf dem Ziffernblatt 12 Gefühle. „Zeit gestaltet unser Leben derart, dass wir uns häufig out of touch fühlen. Unser Leben richtet sich nach strengen Strukturen, dabei ist Zeit eigentlich etwas Fließendes und nicht nur eine Abfolge von Sekunden, Minuten, Stunden und Tagen – wir erleben und fühlen Zeit. Mir hat das gefallen, als in Island der Vulkan ausgebrochen ist und der Flugverkehr total aus den Fugen geraten ist. Die Welt hat sich weitergedreht und dadurch die Asche weit verteilt. Das war so, als ob sie uns sagen würde: You can have all your airlines and time-schedules, but there are still vulcanos that erupt und I still turn.“

Einfluss auf das Zeitempfinden haben aber auch immer mehr die Errungenschaften der Neuzeit. Das elektrische Licht z.B., meint Senguputa, macht es uns möglich, uns so zu verhalten, als wäre es immer Tag, es durchbricht dadurch völlig unseren eigenen Rhythmus. Passend dazu hat das Raqs Collective den Arbeitstag der ArbeiterInnen einer Fabrik für eine Dokumentation festgehalten – einer Fabrik, die Glühbirnen herstellt. Aus diesem Projekt entstand die Installation „Re-Volt-Age“ (Foto). „Kunstschaffen bedeutet, Dinge zu kreieren, die bisher so noch nicht gedacht worden sind. Es bedeutet, sich Zeit zu nehmen, die Dinge anders zu betrachten und andere einzuladen, dasselbe zu tun“, beendet Senguputa seinen Vortrag.

www.raqsmediacollective.net

„artiparlando“ ist eine Veranstaltung der Freien Universität Bozen in Zusammenarbeit mit dem Museion. Das Raqs Media Collective war das letzte Highlight vor der Sommerpause, die Vortragsreihe soll im Herbst fortgesetzt werden.

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