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November 8, 2018

Kino in die Dörfer: Lukas Pitscheider und das Dolomitale Filmfestival

Maria Oberrauch

Lukas Pitscheider, Mitbegründer des Dolomitale Filmfestivals, hat sich daran gemacht, unseren Fragebogen für BesucherInnen des Dolomitale Filmfestival zu beantworten … 

Wie steht es um Südtirols Filmszene?

Jahr für Jahr kommen sehr namhafte Produktionen ins Land. Auch Filme, die hier gedreht wurden, verzeichnen einen beachtenswerten Erfolg. Im Verhältnis dazu fehlt es an Möglichkeiten für das heimische Publikum diese Filme zu sehen. Als Dolomitale Filmfestival haben wir hier Potential erkannt und wollen diese Lücke schließen. Wir wollen das Kino in die Dörfer und Täler bringen. 

Warum ein Filmfestival in Gröden?

Gröden ist mein Heimattal, die Entscheidung fiel mir nicht schwer. Kultur und Kunst werden hier groß geschrieben. St. Ulrich ist als Geburtsort von Luis Trenker ein Pilgerort für Filmpassionierte. Mit Giorgio Moroder hat ein dreifacher Oscar-Gewinner hier seinen Wohnsitz. Wir sehen einen sehr fruchtbaren Boden, auf welchem ein Filmfestival wachsen kann.

Wichtigstes Kriterium für eine Einreichung beim Kurzfilmwettbewerb war der eindeutige Bezug zu Südtirol, also Filme von SüdtirolerInnen oder mit SüdtirolerInnen oder über Südtirol, aber auch solche, die sich nur „unsere“ Kulisse ausgeliehen haben. Gab es internationale Einreichungen? Was an Südtirol ist attraktiv für Filmschaffende?

Bei der Dolomitale Short Film Competition wird der bester Südtiroler Kurzfilm gekürt. Wir waren sehr überrascht über unseren Mail-Ordner, der am Ende der Einreichefrist fast schon übergelaufen ist. Erstaunlich, welch hochwertige, originelle und thematisch vielfältige Filme eingetroffen sind. Ja, es gab Einreichungen aus den umliegenden Ländern, von Südtirolern, die dort leben. Es spricht sich herum, dass Südtirol zum Filmstandort wird. Als in Wien lebender Südtiroler werde ich selbst oft gefragt, wieso ich nicht an meinen Geburtsort zurückkehre, da dort zur Zeit sehr viel entsteht. 

Ich stelle mir das jetzt auch ein bisschen so vor: Viel Drohnenaufnahmen von „dolomitalem“ Kalkgestein und Obstplantagen. Wie falsch liege ich?

Unter den Einreichungen hat sich die gesamte Bandbreite an dem, was man als Film verstehen kann, eingefunden. Unser Ansporn als Filmfestival ist es natürlich dem Nachwuchs neue Möglichkeiten, abseits von klassischen Imagefilmen, aufzuzeigen.

 Dolomitale - Charkterfoto Hons

Auf welche Formate darf man gespannt sein?

Für die erste Edition haben wir ein abwechslungsreiches Programm aus Dokumentar- und Spielfilmen zusammengestellt. Uns war es wichtig, das Publikum bei seinen Interessen abzuholen. Darauf haben wir bei der Programmauswahl geachtet. In einer Masterclass erzählt die österreichische Regisseurin Natalie Halla über ihre Erfahrungen, wie man als sogenannter Indie-Filmmaker seine Idee aus eigenen Kräften auf die große Kinoleinwand bringen kann. Ebenso war uns die Präsenz aller Sprachen in den Filmen ein Anliegen. Die meisten Filme sind in deutscher Sprache, einige auf Italienisch. Der Eröffnungsfilm ist in ladinischer Sprache.

Der Eröffnungsfilm ist Martin Prinoths Film „Die fünfte Himmelsrichtung“, ein Kinodokumantarfilm, der die zwei großen Begriffe „Identität“ und „Heimat“ noch ein Stück über Südtirols Identitätsfrage hinaushebt. Was steht sonst noch auf dem Programm?

Ein Filmfestival lebt von der Begegnung. Es war uns daher sehr wichtig, zu den jeweiligen Vorstellungen auch die Regisseure oder andere Mitglieder der Filmcrew einzuladen. Als Rahmenprogramm zum Kurzfilmwettbewerb haben wir uns an etablierten Filmfestivals orientiert und für Samstagvormittag einen Filmbrunch ins Leben gerufen, der zur Vernetzung der lokalen Filmszene dienen soll. Auch eine Abschlussparty darf Samstagabend nicht fehlen.

Du bist selbst Filmemacher. Woran arbeitest du, wenn du nicht Filmfestivals organisierst? 

Ich war in den vergangenen zwei Jahren sehr oft in der Ukraine. Anstatt das weite Land kennenzulernen, habe ich mich allerdings hauptsächlich in einem kleinen Dorf aufgehalten, welches unerreichbar mitten in den Karpatenwäldern liegt. Mein derzeitiges Filmprojekt handelt von der deutschsprachigen Minderheit, die dort zu Hause ist. „Die letzten Österreicher“, so der Titel des Films, sind sich dessen bewusst, die letzten ihrer Art zu sein und dass nach ihnen keine weitere Generation von Österreichern dort leben wird. Als Grödner Ladiner hat mich das Schicksal der Menschen dort sehr interessiert. Ich wollte daraus auch die Lehren für andere ethnische Minderheiten ziehen, die um ihre Existenz kämpfen. Der Film wird nächstes Jahr Premiere feiern.

Dein Filmtipp?

The nest of the turtledove – ein ukrainischer Spielfilm, der von der Berufsgruppe der „Badanti“, der Altenpflegerinnen aus Osteuropa, handelt. Der Film lässt einen seltenen Blick hinter die Fassade von Menschen zu, die mitten unter uns leben –  dazu noch mit einer exzellenten Kameraarbeit gedreht. Für mich ein eindeutiger „Must-See“. 

Fotos: Dolomitale Filmfestival

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