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October 12, 2018

Weil Schmuck einfach schön ist?! Rosalie Goess Enzenberg

Text Nadine Pardatscher
Alle die, die einen Versuch versuchen. Alle, die aus der Reihe tanzen, aber taktvoll! Jene, die ihre eigene Zukunft basteln und knipsen, um auf das aufmerksam zu machen, was ihnen wichtig ist. Andere schminken anstatt sich seinen eigenen Traum abschminken und dabei gleichzeitig in der Alltagsrolle bleiben. Leidenschaftlich begeistert und imstande, andere von der eigenen Leidenschaft zu begeistern. In dieser Serie werden einige dieser – jungen – Südtiroler KünstlerInnen, MusikerInnen, JungunternehmerInnen, SportlerInnen und TänzerInnen vorgestellt: MUT, NUR MUT #06 – Rosalie Goess Enzenberg

 

Pinseln, zeichnen, streichen, darstellen, entwerfen. Zu Stift und Feder greifen und etwas zu Papier bringen – und das, seit sie ein kleines Mädchen ist und noch mit ihren beiden Geschwistern und Eltern zwischen den Weinbergen in Kaltern am See lebte. Nach dem Wechsel der Kontinentalplatten, vom Abend- ins Morgenland und die Ein-mal-quer-durch-Indien-Reise als Volunteer, Kursteilnahmen und einem abgeschlossenen Design-Studium in den italienischen Modestädten Florenz und Mailand, endet das Suchen von Rosalie Goess Enzenberg vorerst mit 23 Jahren in den Niederlanden als Junior-Accessoire-Designerin für Karl Lagerfeld. Vorerst.

Liebe Rosalie, wusstest du schon nach der Matura, dass es ein Design-Studium werden soll?

Nach meiner Matura am Kunstlyzeum hatte ich zunächst keine Idee, was ich mit mir selber anfangen sollte. Als Künstlerin habe ich mich nie wirklich gesehen. Meine Professorin für Darstellende Geometrie hat mir immer geraten in Richtung Architektur zu gehen, aber auch das habe ich mir nicht zugetraut. Deshalb ging ich erstmal ein Jahr auf Entdeckungsreise und habe in Indien als Volunteer gearbeitet, habe Sprach- und Kunstkurse in Florenz besucht und im Weingut meines Vaters unser Familien-Business unterstützt. In dieser Zeit habe ich angefangen, mich mehr fürs Schmuckmachen zu interessieren. Schon mit 13 Jahren fand ich Gefallen daran, bunte, lustige Ketten für meine Mutter, Verwandte, Freundinnen und auch Lehrerinnen zu machen. Nun widmete ich mich mehr dem Design und dem Herstellen von Ohrringen. Freunde, die das mitbekamen und etwas begeistert schienen, haben mich dann schlussendlich dazu gebracht, an mein „Talent“ zu glauben und mich für einen Ac­ces­soire-Design-Kurs an der Marangoni in Mailand zu bewerben. So fing ich Ende Sommer 2014 an, Design von Taschen und Schuhen zu studieren. Zunächst dachte ich, dass ich meinen Horizont bezüglich Schmuck erweitern würde, zusätzlich zu Kenntnissen in Schuh- und Taschen-Design. Die erste große Enttäuschung kam, als ich herausfand, dass wir rein gar nichts im Bereich Schmuck lernen würden. Ich nahm den Kurs schlussendlich dennoch an, so wie er war, und freute mich auf diese neue Challenge. Die Befürchtung oder Angst, nicht gut genug für dieses Studium und diesen Beruf zu sein, verfolgten mich bis zum Ende der drei Jahre und dem Diplomabschluss [manchmal befallen sie mich sogar heute noch]. Jedoch haben mich beide viel gelehrt und ich lerne auch heute noch jeden Tag, besser damit umzugehen und mehr an mich selbst zu glauben.

Das Beste an deinem Studium?

Das war die kreative Freiheit, die wir geboten bekamen, das heißt, auch manchmal verrückte fast unmögliche Dinge zu designen. Ich glaube, am Anfang einer Designkarriere ist es wichtig, auch mal auszubüchsen und seiner Kreativität freien Lauf zu lassen. Auf der anderen Seite habe ich auch immer jene Fächer geliebt, in denen es um das Handwerkliche ging – Schnitte für Taschen und Schuhe zu zeichnen und somit auch wirklich zu sehen, was in Produktion möglich oder manchmal auch unmöglich ist. Ich mochte es einfach zu sehen, wie die Kreationen, die zunächst in meinem Kopf entstanden sind, schlussendlich dann Realität und Form annahmen, und andere, bestenfalls auch mich selbst, begeisterten. 

Rosalie Goess Enzenberg

Woher kam die Begeisterung für das Schmuck-Designen und wie hast du dein Handwerk erlernt?

Da das Handwerk des Schusters oder auch das Herstellen einer Tasche viel Können, Erfahrung und auch spezielle Maschinen erfordert, war es für mich immer irrationell, meine Kreationen bald als fertiges Produkt zu sehen. Mit dem Schmuck war das einfacher. Da ich mir alle Techniken, die ich verwende, selbst beigebracht habe und meine Werkstatt ortsungebunden ist, konnte ich fast alles, was ich mir vorstellte, egal, wo ich gerade war, sogleich umsetzen und auch sofort ausführen. Ich weiß nicht genau, woher meine Begeisterung für Schmuck kommt. Vielleicht, weil Schmuck einfach schön ist?! Oder vielleicht, weil die Frauen in meiner Familie immer tollen Schmuck hatten und ich es schon von klein auf liebte, mich damit zu schmücken. Was mich an Schmuck sonst so begeistert, ist, dass es meist das kleinste Detail an einem Outfit ist, jedoch ein gesamtes Outfit gleich viel besonderer machen kann. Es ist einfach cool zu wissen, dass ich anderen, aber auch mir selbst, zu jeglichem Outfit diesen Eye-Catcher, wenn auch manchmal in letzter Minute, kreieren kann. Noch dazu freut es mich immer wieder aufs Neue, wenn ich Leute mit meinem Schmuck an Menschen sehe, die ihn schön finden und mit Freude tragen – das macht mich sehr glücklich.

Was bietest du an?

Angefangen habe ich mit dem Anfertigen von Ketten. Das war immer sehr viel Arbeit, die nicht jeder zu schätzen wusste. Diese viele Zeit habe ich momentan leider nicht, deshalb kreiere ich zurzeit vor allem Ohrringe, Armbänder, Manschettenknöpfe und seit neuestem auch Brillenketten, als lustiges Accessoire für Sonnen- und Sehbrillen. Da ich meinen Schmuck nur als Hobby neben einem Fulltime-Job mache, ist er derzeit nur auf meinen sozialen Medien zu sehen und erhältlich. On-und auch offline deshalb, weil meine Freunde manchmal verzweifelt an meine Tür klopfen, wenn sie in letzter Minute noch den perfekten Schmuck für eine spezielle Angelegenheit brauchen. Aber wie es in unserer Generation üblich ist, läuft so ziemlich alles andere online ab. 

Wer trägt deinen Schmuck? Frau, Mann, jung, alt?

In meiner Schmuckkiste ist für jeden etwas zu finden: Frau, Mann, jung, alt. Das gesamte Repertoire für die Frau, lustige Manschettenknöpfe und auch Armbänder für den Mann. Von kleinen Tutti-Frutti-Armbändern, die auch für die Kleinsten interessant sind, bis hin zu Ketten, die auch meine Großmutter mit 90 Jahren liebt und selten ablegt. 

Du arbeitest hauptsächlich mit FIMO – was fasziniert dich daran?

Was ich an FIMO liebe, ist, dass ich mir den Großteil meiner Schmuckbestandteile selber formen und mir jegliche, erdenkbare Farbe selber zusammen mischen kann. Wie man sieht, bilden bunte, gemusterte Steine die Basis meines Schmuckes. Dann füge ich je nach Lust und Laune oder Anfrage andere Materialien hinzu wie z. B. Seiden- oder Lederquasten, Glassteine oder Metallplättchen. Zurzeit macht mir das Schmuckmachen genauso Spaß, da ich alle interessanten Materialien, die ich irgendwo finde, kaufe und dann damit herumexperimentiere. Aber ja, ich spiele mit dem Gedanken, mich irgendwann vielleicht einer Goldschmiedelehre zu widmen. 

Rosalie Goess Enzenberg 01

Zukunftspläne? Vielleicht ein eigener Schmuckladen?

Ich arbeite gerade in der Modewelt, die mich einerseits sehr interessiert und fasziniert, auf der anderen Seite widersprechen viele Ansichten und Meinungen, die in dieser Welt vertreten werden, nicht meinen eigenen. Ich glaube, ein paar Jährchen werde ich dennoch versuchen, so viel wie möglich von dieser Welt zu lernen bzw. mir meine eigene Meinung darüber zu bilden …  und wer weiß, vielleicht schaffe ich es ja auch, ein paar kleine Dinge zu verändern, die vor allem mit Nachhaltigkeit und verschwenderischem Konsum zu tun haben. Meinen eigenen kleinen Schmuckladen kombiniert mit einem kleinen Atelier könnte ich mir für die fernere Zukunft aber auf jeden Fall vorstellen.

Du lebst seit einiger Zeit in Holland – was hat dich dorthin verschlagen und wirst du zurückkommen?

Nach Holland verschlagen hat mich zunächst ein sechsmonatiges Praktikum bei der Marke Karl Lagerfeld, wo ich nun, wer hätte das geglaubt, ein ganzes Jahr später immer noch sitze, da ich nach dem Praktikum einen Job also Junior-Accessoire-Designerin angeboten bekommen habe. Ob und wann ich zurück ins schöne Südtirol komme, steht in den Sternen. Momentan lebe ich mein Leben, so wie es mir gefällt, und ziehe genau dahin, wo mich neue aufregende Herausforderungen erwarten und antreiben.

Dein Vorbild?

Mein absolutes, kreatives Vorbild ist momentan Josep Font, der Designer der spanischen Marke Delpozo. Sein Verständnis, Formen, Volumen und Farben zu kombinieren, ist einfach ein Traum!

Ein entspannter Tag?

Der fängt bei mir ohne frühen Wecker an, mit einem gemütlichen Frühstück, bestenfalls in Gesellschaft eines mir lieben Menschen. Da ich eine Person bin, die nicht für längere Zeit unbeschäftigt sein kann, muss auch an einem entspannten Tag irgendetwas geschehen: Ein inspirierender Museumsbesuch, eine kleine Shoppingtour oder auch nur ein Spaziergang durch schöne Landschaften sind daher definitiv Teil eines solchen Tages. Es freut mich auch immer, Familie oder Freude zu Kaffee und Kuchen oder einer anderen guten Mahlzeit zu treffen. Selbstverständlich gehören auch das Kreieren von Schmuck und das Arbeiten an neuen Ideen, ohne Stress und Druck, auf jeden Fall dazu. Wenn ich einfach zu guter Musik gemütlich vor mich hin wurschteln kann, entstehen meistens die schönsten Dinge. Es passiert nicht selten, dass ich dabei die Zeit total aus den Augen verliere und bis spät in die Nacht herumbastle – so kann ein entspannter Tag für mich am schönsten enden.

Fotos: Rosalie Goess Enzenberg

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