Music

July 12, 2018

Musizierende Astronauten: Schwerelos mit den Space Cadets

Florian Rabatscher

Ein anschauliches Dorf am Ritten, der Glockenturm schlägt 12 und die Sirene ertönt. Zeit, sich mit der Familie an den Tisch zu setzen, vielleicht noch vorher die Hände zum Gebet zu falten, gerade noch so viel Zeit ein „Mahlzeit“ raus zu nuscheln und sich anschließend animalisch die Knödel in den Rachen zu stopfen. Was für ein Bild, da wird einem ja richtig warm ums Herz. Doch am 14.07.2018 könnt ihr eure gottverdammten Knödel im Kochtopf lassen und euren Arsch pünktlich zur Mittagszeit auf das Festivalgelände von Rock im Ring begeben. Dort werdet ihr Zeuge des wahrscheinlich ersten Raumschiffstarts in der Geschichte Südtirols.

Ja, richtig gehört. Um Punkt 12 bittet die Unterlandler Band Space Cadets zur Audienz. Nicht nur eine Band, um genau zu sein: Man könnte sie fast als Südtirols Gegenstück zur Weltraumbehörde NASA bezeichnen. Treffender wäre dann ja eher die Abkürzung SASA, aber wie ihr sicher wisst, ist die leider schon besetzt. Na ja, zurück zur Band. Ich mache mich auf den Weg zur ihrer geheimen Basis, um bei einem Testflug dabei zu sein. Im tiefsten Unterland Südtirols, in Montan, genauer gesagt, versteckt in der Garage eines unscheinbaren Hauses, befindet sich ihr Proberaum. Aber es nur einen Proberaum zu nennen, wäre höchst unverschämt, da man da automatisch an die üblichen Abfalleimer von Räumen denkt, in denen Bands wie Kakerlaken hausen. Was sich mir dort offenbart, kommt schon näher an ein verdammtes Studio heran. Mit dem ganzen Krimskrams der dazu gehört. Um euch nicht zu langweilen, will ich auch nicht näher auf das ganze technische Zubehör eingehen. Jedenfalls fühlt man sich inmitten der immensen Anzahl der technischen Geräte und der blinkenden Lichter der Regler des Mischpults wie in einem Cockpit. Samt Steuermann David Franzelin, der Captain Kirk der Band. Nichts wird dem Zufall überlassen, der Tontechniker ist festes Band-Mitglied und steuert das Schiff, während die Band sich im All verliert. Die Vorbereitungen sind schon voll im Gang, als ich dazu stoße. Captain David werkelt und probiert, was das Zeug hält, um den Flug perfekt zu simulieren. Auch ich befinde mich bei ihm Cockpit, das getrennt durch eine Glasscheibe zum Raum, in dem die Band spielt, liegt.space cadets cockpitDavid gibt das Zeichen für den Start, worauf alle Stellung beziehen und loslegen. Perfekt abgestimmter Sound dröhnt durch die Boxen zu uns ins Cockpit. Alles passt zusammen, Gitarren, Bass, Stimme und Keyboard ergänzen sich perfekt. Ergänzen ist das falsche Wort, es fließt zusammen. Keiner steht wirklich im Vordergrund, man kann die psychedelischen Vibrationen förmlich in der Luft sehen. Wie ein schwarzes Loch zieht es mich an, ich verlasse das Cockpit und stelle mich mitten in die musizierenden Astronauten. Eins kann ich euch sagen: Scheiß auf LSD, dies hier haut euch genauso weg. Töne existieren im All eigentlich nicht, doch wären sie da, würden sie so klingen. Was soll ich mehr zum Sound ergänzen? Man hört wahrscheinlich, was man will, also besser man spürt es. Die Erben von Hawkwind, irgendwie höre ich auch The Doors oder ist es Desert-Rock? Von Blues bis Space Rock … Ach, vergesst es! Jedenfalls nehmen sie euch mit auf ihren Trip, so viel ist sicher. Im Grunde ist es Rock’n’Roll und basta, nur dunkler und hypnotischer. Wirkliche Newcomer sind sie auch nicht mehr, aber bei ihnen läuft alles langsam, sehr langsam. Einen Fünf-Jahresplan gibt es nicht, sie lassen es mehr auf sich zukommen. Aber was sie machen, machen sie mit voller Hingabe. Eine EP ist schon mal in Planung, so viel sei schon verraten. Was die Zukunft bringt? Lassen wir uns (und die Band auch, wie ich glaube,) einfach überraschen. Entstanden ist dieses Projekt mit dem Ende der alten Band „The Living Targets“. Irgendetwas Neues musste her und voilá, die Space Cadets waren geboren. Den Namen besitzen leider schon mehrere Gruppen, aber na ja – wen interessiert’s? Passender geht’s nicht, oder? Sie könnten ja eine Schlagerband werden und sich die „Die Weltraumkadetten“ nennen, klingt schön bescheuert. Deutsch ist wahrlich eine wundervolle Sprache. space cadetsEines möchte ich noch hervorheben, nämlich ihre Fan-Artikel. Diese sind auch nicht von diesem Planeten. Ok, noch eine Weltraumanspielung und ich erwürge mich eigenhändig. Aber jetzt mal ehrlich, welche Südtiroler Band hat schon ihren eigenen Wein?  Er wurde sogar selbst von ihnen hergestellt. Ein Rotwein, St. Magdalener, Jahrgang 2016 mit dem Namen „Spacefuel – G34.3“, benannt nach einer kosmischen Gaswolke, die soviel Alkohol enthält, um die gesamte Weltbevölkerung für Billionen von Jahren zu versorgen. Mich hat die Flasche übrigens für eine Stunde versorgt. An dieser Stelle nochmals Danke, ein exzellenter Tropfen.space fuel

Bleibt nicht mehr viel zu sagen als: Der Weltraum, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2018. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs der Space Cadets, dessen Besatzung unterwegs ist, um neue Galaxien zu erforschen. Viele Lichtjahre vom Unterland entfernt dringt die Crew in den Ritten ein, um euch Sounds zu liefern, die nie ein Mensch zuvor gehört hat. Get ready to fly …

Fotos 1 + 3 : Space Cadets
Foto 2: Thomas Monsorno

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