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April 26, 2018

Auf erleuchtendem Erfolgskurs von Marling aus: Cocoon-Leuchten von Flos

Greta Stampfer
Katja Ebner

Wer kennt sie nicht? Die legendären Lampen und Leuchten aus beinah transparentem Material, zart anzusehen, aber durchaus resistent und vielseitig. Erfunden hat er sie: Artur Eisenkeil aus Marling. Andreas Eisenkeil, sein Sohn, verrät uns im Interview Genaueres über die Entstehung der berühmten Cocoon-Leuchten:

Alles begann mit einer Idee: Ein auf Metall gespritzter Harz sollte der Startpunkt für die Ära der Cocoon-Leuchten sein. Wie kam es dazu?

Mein Vater Artur Eisenkeil begann im Jahr 1956 mit der Produktion der ersten Leuchten. Nachdem er beim eigenen Hotelbau feststellte, wie schwer es war, schöne Leuchten zu finden, beschloss er selbst eine Leuchtenproduktion ins Leben zu rufen. Wie die Zufälle im Leben oft spielen, ergab sich ein Gespräch mit einem Hotelgast auf der Terrasse des damaligen Piccolo Hotel in Marling. Es handelte sich um den Inhaber der erfolgreichen Glasmanufaktur Esterglas. Damit kamen – wie man so schön sagt – die Steine ins Rollen und die ersten Leuchtenserien entstanden. Kurze Zeit später begegnete mein Vater auf der damaligen Industriemesse in Hamburg dem Chemiker Kurt Weiler. Er war es, der das Kunstharz entwickelte, welches wir heute zur Produktion der Cocoon-Leuchten verwenden.  Mein Vater sicherte sich damals entschlossen die Produktionsrechte für Italien und begann mit der Entwicklung und Produktion der heute noch einzigartigen Cocoon-Leuchten. Andreas Eisenkeil

Wie entstand der Kontakt mit namhaften Designern wie den Castiglioni Brüdern und Tobia Scarpa?

Die 1960-er Jahre waren DAS Zeitalter des italienischen Designs. Neue innovative Einrichtungsstücke schossen wie Pilze in die Höhe – vor allem rund um die Stadt Mailand, welche zur Designmetropole wurde. Es war auch die Geburtsstunde der Mailänder Möbelmesse, bei welcher auch mein Vater mit den Prototypen der Cocoon-Leuchten anwesend war. Der damalige Direktor der Leuchtenfabrik Eisenkeil, Sergio Biliott, begleitete ihn. Biliotti pflegte beste Beziehungen zu den neu entstandenen Kultur- und Designkreisen in Bologna, Mailand und Rom. So besuchte auch Dino Gavina – ein Individualist und Vorreiter italienischer Einrichtungskultur – den Messestand. Er war von den Leuchten meines Vaters begeistert. Es war genau das, wonach er gesucht hatte – neu, frisch und innovativ. Die Idee – aus dem Material Cocoon Leuchten zu entwerfen – ließ Dino Gavina nicht los und er begeisterte mit seinem Enthusiasmus auch Achille und Pier Giacomo Castiglioni sowie Tobia Scarpa. Das zufällige Treffen war die Frühgeschichte eines mittlerweile international erfolgreichen Unternehmens Namens FLOS.

Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit den Castiglioni-Brüdern und Tobia Scarpa?

Nun ging es darum, das Material und sein Potential besser kennenzulernen. So machten sie sich ans Eingemachte: Das Experimentieren. Dafür kamen die kreativen Köpfe in den Hauptsitz des damaligen Lichtstudios nach Marling bei Meran. Dort hatten sie die Möglichkeit mehr über die Produktions- und Arbeitsschritte der Cocoon-Technik zu erfahren. Als die ersten Modelle fertig gestellt waren, musste nur noch ein Label her: Das Unternehmen FLOS wurde in der damaligen Obstgenossenschaft in Marling gegründet.Cocoonleuchtenproduktion im Lichtstudio Eisenkeil Marling

Welche Idee stand hinter dem Design dieser Lampen?

Die Idee dahinter war, etwas komplett Neues und Innovatives zu erschaffen. Und dies gelang auch. Denn die Lichtdurchlässigkeit des Materials Cocoon, welches das gesamte Leuchtmittel ummantelt, versprüht eine bestimmte Lichtatmosphäre. Fast wie ein Zauber scheint das Licht durch das wolkenähnliche Material hindurch. Zu dieser Zeit gab es eine solche Art von Leuchte noch nicht.
Es sei erwähnt, dass die 1960-er Jahre das Aufbruchszeitalter des Designs waren. ArchitektInnen beschäftigten sich vermehrt mit Produktdesigns und schufen Objekte, welche auch heute noch unabdingbar zum italienischen Design gehören und charakteristisch sind.

Wie genau hat sich die Produktion der Cocoon-Designleuchten in den letzten Jahren verändert?

Im wahrsten Sinne des Wortes blieb sie: „oldie but goldie“ – in unserer Produktion in Resana werden auch heute noch die Cocoon-Leuchten für das mittlerweile weltweit erfolgreiche Unternehmen FLOS produziert, die Technik ist seit 60 Jahren dieselbe. So wird auch heute noch jedes Modell von Hand gespritzt: so war und ist jede Leuchte ein Unikat.

Wurde das Design der Cocoon-Leuchten weiterentwickelt?

Die Leuchten sind definitiv wieder im Trend: Erst 2017 präsentierte Michael Anastassiades – einer der wichtigsten Interiordesigner unserer Zeit – eine neue Serie der Cocoon-Leuchten auf der Euroluce, der weltweit wichtigsten Leuchtenmesse, die parallel zum Salone del Mobile in Mailand stattfand.PRODUCT DESIGN COURSE_UNIBOZEN

2017 habt ihr mit Studierenden der Universität Bozen die klassische Methode der Leuchten-Produktion wieder aufleben lassen. Was entstand daraus konkret? Wie wurden die Leuchten weiterentwickelt?

Genau, gemeinsam mit Harry Thaler, welcher den Product-Design-Kurs der Fakultät für Design und Künste der Freien Universität Bozen leitete, hatten die teilnehmenden Studierenden die Möglichkeit, ihre eigenen Leuchten-Designs aus Cocoon zu kreieren. Die Idee war, das Material im Leuchtendesign neu zu interpretieren – aufzufrischen – die vergangene und doch so präsente Klassik hochleben zu lassen: „from classic to contemporary“. Zur Ideenfindung besuchten die Studierenden unsere Produktion in Resana. Es entstanden Leuchten im modernen, minimalistischen Stil, die durch das Material elegant und klassisch wirken. 

Welchen Stellenwert hat Licht im Leben der Menschen? 

Licht ist viel mehr als manche von uns vermuten – es ist nämlich eines der wichtigsten Wohlfühlfaktoren und kann die Atmosphäre in einem Raum maßgeblich beeinflussen. Deshalb sollte darauf geachtet werden, Licht richtig einzusetzen. Das ist die Aufgabe der Lichtberatung und der LichtexpertInnen, die Privatpersonen, Hotellerie oder Betriebe beraten und begleiten – ob kleine Lichtfragen oder Projekte für eine Gesamtbeleuchtung. Wenn es richtig geplant wird, hat Licht die Fähigkeit architektonische Besonderheiten hervorzuheben – dafür wird gemeinsam mit Bauherren und ArchitektInnen ein Lichtkonzept entwickelt. Wir haben aufgrund unserer Produktionsstätten in Resana und Vomp die Möglichkeit, besondere Kundenwünsche und individuelle Lichtstimmungen zu realisieren. 

Welche Trends seht ihr für die nächste Zeit im Bereich Licht?

Wie schon vorweg genommen, erfrischen einige international erfolgreiche Leuchtenproduzenten ihre Designklassiker von anno dazumal mit neuen Farben und Formen. So werden Klassiker mit zeitgenössischen Elementen kombiniert. Der Geist der Zeit – die Suche nach Beständigkeit in einer schnelllebigen Welt – trifft es auf den Punkt. Innovative, technische Entwicklungen eröffnen den Zugang zu unzählig vielen, neuen Möglichkeiten. Eine Technologie, die bereits seit einiger Zeit das Potential hat, die Beleuchtungsindustrie zu revolutionieren, ist kabelloses Licht. Kabellose Tischleuchten, Stehleuchten oder mittlerweile auch Hängeleuchten werden mit einem aufladbaren Akku betrieben. Während ihrer Nutzung benötigen sie keinen zusätzlichen Strom. Das heißt, sie sind nicht wie übliche dekorative Leuchten an einen bestimmten Standpunkt gebunden. Bis dato besitzen die aufladbaren Leuchten eine durchschnittliche Leuchtdauer von bis zu zehn Stunden. Nach dieser Zeit können sie über eine Steckdose – ähnlich wie ein Handy – aufgeladen werden. Würde man einen Blick in die weite Zukunft wagen, könnte man vermuten, dass die Relevanz der bereits zu Baubeginn festzulegenden elektrischen Anschlusspunkte, mit der Weiterentwicklung von kabellosem, mobilen Licht abnimmt.

Fotos: Lichstudio Eisenkeil (1) Michael Anastassiades – Salone del Mobile 2017; (2) Andreas Eisenkeil; (3) Cocoon-Leuchtenproduktion im Lichtstudio Eisenkeil Marling; (4)  Produkt-Design-Kurs Uni Bz

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