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March 26, 2018

Tradition zerstört Tradition: Docu.emme zeigt „Mali Blues“

Florian Rabatscher

Titel: Mali Blues

Regie: Lutz Gregor

Worum geht’s? Musik ist und war immer schon ein wichtiger Bestandteil der afrikanischen Republik Mali. Im musikalischen und kulturellen Bereich hat Mali lange Traditionen vorzuweisen, doch nun wird diese Tradition durch eine andere im Keim erstickt. Radikale Islamisten, die einen großen Teil der Republik beherrschen, haben die Musik verboten. In diesem Dokumentarfilm begleiten wir vier Musiker aus Mali, auf einer Reise durch ein von Traditionen gekränktes Land: Fatoumata Diawara, die weltweit bekannte Gitarre spielende Sängerin, die schon früh aus ihrer Heimat flüchtete, um beispielsweise der Zwangsehe zu entgehen. Ahmed Ag Kaedi, der Targi aus der Wüste, dem man als Strafe fürs musizieren sogar die Finger abhacken wollte. Bassekou Kouyate, Leiter der Musikgruppe „Ngoni Ba“, die mit ihrem neuartigen virtuosen Sound neue Maßstäbe setzen. Und den Rapper Master Soumy, der mit seinen kritischen Texten versucht die Bevölkerung aufzurütteln. Eines haben sie gemeinsam, sie lassen sich ihre Leidenschaft nicht verbieten und setzen damit ein Zeichen in ihrem Heimatland. Mali ist im Wandel und die MusikerInnen tragen einen großen Teil dazu bei. 

Beeindruckend, dass Musik immer noch stärker als Gewalt und Macht ist. Nicht einmal durch die Drohungen und die harten Bestrafungen der Dschihadisten lassen sich die Musiker den Mund verbieten. Sie nehmen in ihren Texten kein Blatt vor den Mund. Themen wie Korruption, die Beschneidung der afrikanischen Frauen, Zwangsehe, Korruption und allerlei Missstände ihrer Heimat werden besungen. Oft äußert sich auch einfach nur der Wunsch nach Freiheit oder das Heimweh nach der Wüste in ihren Liedern. Passend dazu, die Aussage einer älteren Frau im Film: „Ein Lied ist nichts ohne seine Bedeutung.“

Traurig: …  wie weit Extremismus gehen kann. Die Musiker im Film sind zwar gläubige Muslime, doch werden ihnen von der eigenen Glaubensgemeinschaft die unmöglichsten Ultimaten gesetzt. Unfassbar, doch leider real. „Erklär deinen Islam!“ 

Must see für … eigentlich alle Musikfans. Zu einem wegen der schlichtweg grandiosen Musik im Film. Zum anderem wegen der abgefahrenen Instrumente der Gruppe „Ngoni Ba“. Bassekou Koyate deutet im Film auch an, dass er etwas Neues kreieren will, was er auch geschafft hat. Er spielt eine traditionelle afrikanische Laute namens „Ngoni“, ein Vorfahre des Banjos. Seine Laute ist aber alles andere als traditionell, denn er spielt sie über einen Verstärker und einem Wah-Wah-Pedal. Gepaart mit seinem virtuosen (eher rockigen) Stil, klingt dieses Ding einfach herrlich. 

Fazit: Nach diesem Film muss ich einfach sagen, wirkt Woodstock wie ein Kinderfest. Wer immer noch denkt, dass nur die westliche Welt fortschrittlich und rebellisch sein kann, wird hier eines Besseren belehrt. Diese musikalische Revolte hat mehr Kraft als alles, was ich bisher gesehen habe. Also: mehr Hingabe geht nicht. Wirklich eine der kraftvollsten Musikdokus, die ich bis jetzt gesehen habe. Dazu wirkte die Stimme von Fatoumata Diawara komplett hypnotisierend auf mich. Diese Frau hinterlässt Spuren mit ihrer, zutiefst ehrlichen, Musik. Einfach bezaubernd. Jetzt ist klar, woher der Blues wirklich kommt und wo er noch immer gebraucht wird.

Docu.emme zeigt den Film am Mittwoch, 28. März 2018 um 20:30 H im Centro per la Cultura in der Cavourstraße 1 in Meran.

 

 

 

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