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April 20, 2017

E TE TSE #13
Make fun, not war

Michael Brugger

Schwarzer Humor ist wie Essen: manche haben’s, manche nicht. Diejenigen, die ihn haben, sind besonders, denn sie werden nicht in der Hölle schmoren, bis sie für ihre Sünden gebüßt haben, sie werden mit Luzifer höchstpersönlich zu Tische sitzen und mit ihm speisen, denn sie sind des Teufels höchstpersönliche Kinder. Ja, ich bekenne mich schuldig, über Juden-, Nazi- und Holocaustwitze zu lachen, mir gefallen Memes über Autisten, Veganer und anderweitig Behinderte, ich lache über Social Justice Warriors und Perversionen aller Art. Manchmal hasse ich mich auch ein wenig dafür – aber nur manchmal.

Was macht einen Witz zum Witz? Eine unerwartete Wendung, eine knackige Pointe oder vielleicht die Tatsache, dass ein Witz eben nicht ernst gemeint ist? Ist es nicht das Wissen darum, dass ein Witz nicht Ernst ist, das den Witz erst witzig macht? Beruhen nicht auch Sarkasmus und Satire auf diesem Prinzip der Unernsthaftigkeit? Und sind nicht diejenigen, die sich einen Witz zu sehr zu Herzen nehmen, die Spaßverderber? Mache ich einen rassistischen Witz, nehme ich dann nicht dem Rassismus seine Ernsthaftigkeit? Relativiere ich dann nicht jegliche rassistische Gedanken, die ich im Witz geäußert habe? Entferne ich dann nicht die Last, mit der das Thema auf die Gesellschaft drückt?

Doch selbst ich, der umso lauter lacht, je offensiver etwas ist, finde, dass man nicht immer über schwarzen Humor lachen darf, denn es gibt eine Regel, wirklich nur diese eine Regel, an die man sich halten sollte: die Situation. Ein Beispiel: „Warum hat Hitler sich umgebracht? – Weil er die Gasrechnung bekommen hat“, zu sagen, während ich gerade die Gedenkstätte des KZ Dachau besichtige. So etwas macht man nicht. Gerade dort sollen die Verbrechen des Nationalsozialismus nicht relativiert und heruntergespielt werden. Wenn sich einer mit dem Fahrrad aufs Maul packt, nachher aber nicht wieder aufsteht, vergeht auch mir das Lachen – alles schon passiert.

Ich gebe zu, ich beleidige Minderheiten nicht nur aus reiner Nächstenliebe, ich liebe es im Internet Veganer, Social Justice Warriors, Verschwörungstheoretiker und alle anderen Spinner zu triggern, die sich selbst und die Welt um sich herum viel zu ernst nehmen. Manche von ihnen sind vehement davon überzeugt, sie müssten Andersdenkende bekehren und missionieren – und wer austeilt, muss ja bekanntlich auch einstecken können. Es ist so herrlich absurd, wie beleidigt sie sind und gleich auf Kriegspfad gehen, wenn ein Fremder auf der anderen Seite der Welt einen dummen Witz reißt. Ein wenig Selbstironie erleichtert das Leben schon ungemein.

Also Kinder, was lernen wir daraus? Lacht über euch selbst. Nur weil ein Witz rassistisch ist, ist derjenige, der ihn erzählt, noch lange kein Rassist. Make fun, not war.

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