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January 10, 2017

E TE TSE #01
Stunde Null

Michael Brugger

Geht es allen gut? Sind alle wohlauf? Wir haben viele tapfere Männer und Frauen verloren, doch seid stolz auf euch: Ihr gehört zu den wenigen, die 2016 überlebt haben. Ha! Take that, motherfucker! Nun ist es an der Zeit, die Zivilisation wieder aufzubauen. Die Medienlandschaft in Südtirol ist stark in Mitleidenschaft gezogen worden – sie wurde geradezu geschändet von …, ihr wisst schon… Südtirols Redakteure, sie sprangen, geblendet von der Grausamkeit und den Gräueln, in den Freitod. Nun ist es meine Aufgabe – und jene aller anderen armseligen Maturanten, die dumm genug waren, sich auf das hier einzulassen – die Tageszeitungen, die Halbtageszeitungen, die Allevierstundenzeitungen, die Allezweistundenundsiebenundzwanzigminutenzeitungen und die Onlinenewsportale zu reanimieren.
Das Risiko, das wir eingehen müssen, ist geradezu galaktisch. Wir armen, jungen Dinger – noch nicht einmal in den Ernst des Lebens entlassen, gefangen in einer Fantasiewelt, gepolstert von der Hoffnung, Aufklärung und Integralrechnung könnten uns für dieses ominöse „richtige Leben“ wappnen – wir armen, jungen Dinger übernehmen das Joch unserer Gesellschaft, wohlwissend dass wir jederzeit mit einem Gummiknebel im Mund im türkischen Knast aufwachen könnten. 

Falls ihr aber glaubt, das Schlimmste hätten wir überstanden, dann habt ihr euch aber ganz gewaltig geschnitten, meine Lieben. 2016 war erst der Einmarsch in Polen, 2017 beginnt die Offensive auf ganz Europa und die Welt. Blitzkrieg ist vorbei, nun beginnt der TOTALE KRRRIEG!  Verabschiedet euch schon mal von Bill Murray, Rowan Atkinson und Anthony Hopkins, ich wette, sie werden das Jahr nicht überleben. Wir können auch schon das Grab für die amerikanische, die türkische und vielleicht sogar für die deutsche Demokratie schaufeln. Auch sie werden bis zum Ende des Jahres qualvoll krepiert sein. Ob es die Europäische Union durch die nächsten Jahre schafft, bleibt abzuwarten. 

Es liegt Anarchie in der kohlendioxidverpesteten Luft, doch jedes Kind weiß, orange ist die Farbe der Hoffnung. Prollpräsident Donnie Trump, wird’s schon richten, da bin ich mir sicher. Unter seiner Herrschaft werden Toleranz, Nächstenliebe und Frieden ein Hoch feiern, wie sie es schon lange nicht mehr getan haben. Die USA werden zur Insel der Hoffnung und zum Vorbild für das ganze, schöne Erdenrund. Das Erfolgsrezept heißt Annihilierung. Denn, meine Lieben, wenn die Welt den eigenen Untergang nicht kommen sieht, gibt es ihn auch nicht. Schon die englischen Philosophen des 19. Jahrhunderts pflegten immer zu sagen: „Es ist viel besser in Dummheit zu sterben, als in Intelligenz zu leben.“ – sinngemäß.

Überhaupt, was bringt das ganze Herumgeplärre? Im Oktober geht sowieso wieder mal die Welt unter. Wenn es auf der Facebookseite von Galileo steht, dann muss es ja stimmen. Wofür schiebe ich mir dann täglich das zähe vegane, glutenfreie Sojaschnitzel zwischen die Kiemen? Wofür darf ich mir dann nicht schon zum Frühstück mein erstes Bier reingießen? Wofür steige ich dann überhaupt noch aus dem Bett? Denn bliebe jeder morgens im Bett, säßen wir jetzt nicht in der Scheiße. Beziehungsweise, in der Scheiße säßen wir trotzdem, wir würden davon allerdings nichts mitbekommen – am Ende ist das aber fast dasselbe.

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