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December 22, 2016

Nur noch kurz die (Literatur-)Welt retten? Fantasyautor Benno Pamer

Verena Spechtenhauser

Engel und Dämonen, ein Weltenretter mit Passeirer Wurzeln, Erotik, brutale Vergewaltigungen, politische Verschwörungen und Mord. Die Zutaten, mit denen die Trilogie rund um Seraphim Noah gewürzt ist, sind nichts für zarte Gemüter. Warum auch? Die LeserInnenschaft mag zum Fantasygenre stehen, wie sie will. Die einen lieben diese Art der Unterhaltungsliteratur, den anderen ist sie zu trivial, zu gewöhnlich und ohne künstlerischen Anspruch. Fakt ist, es ist erfrischend in der thematisch doch sehr einseitig ausgerichteten Südtiroler Verlagswelt, auf ein Buch wie den ersten Band der Seraphim-Trilogie „Der Verrat“ zu stoßen. Ein Gespräch mit dem Autor Benno Pamer.

Beim Lesen deines Buches habe ich mich an einen meiner liebsten deutschsprachigen Fantasyautoren, nämlich Wolfgang Hohlbein, zurückerinnert.

Ja, Wolfgang Hohlbein habe auch ich gerne gelesen. Vor allem jene Bücher, die er ohne seine Frau Heike geschrieben hat, haben mir gefallen. Hohlbein schafft es in seinen Büchern immer eine ganz besonders starke Spannung zu erzeugen und hier sehe ich auch eine Verbindung zu meinem Schreibstil. Was mich bei Hohlbein auch immer fasziniert hat, sind die historischen Elemente, die er in seine Geschichten einbringt. Und das Historische spielt auch in meiner Trilogie eine wichtige Rolle, vor allem im zweiten Band.  

Du hast in einem Interview mal erwähnt, dass du eigentlich lieber historische Romane als Fantasyliteratur liest.

Vielleicht habe ich auch eine etwas andere Definiton von Fantasy. Fantasy beinhaltet für mich Drachen, Fantasiewelten- und gestalten. Dinge die ich mir sehr gerne in Form von Kinofilmen oder Serien anschaue, aber weniger gern selbst lese.

Und trotzdem hast du dich dazu entschlossen, in diesem Genre zu debütieren?

Ja, das ist interessant. Als ich begonnen habe, an der Geschichte zu schreiben, war ich überzeugt davon einen historischen Roman zu verfassen, aber bereits beim Schreiben des ersten Kapitels habe ich gemerkt, es drängt mich doch in Richtung Fantasy. Die Trilogie einem einzigen Genre zuzuordnen wäre aber zu einfach, denn oft liest sich der Roman auch wie ein Psycho- oder Politthriller. Diese Vielfältigkeit spiegelt auch meine persönliche Art wieder. 

Stichwort Trilogie: War es für dich von Anfang an klar, dass die Geschichte sich über mehrere Bände ziehen wird?

Nein, überhaupt nicht! Mein Ziel war es primär auch nicht, das Buch zu veröffentlichen. Ich habe die Geschichte eigentlich mehr als Überraschung für meine Eltern geschrieben, die mich beim Schreiben immer unterstützt und gefördert haben. Die Idee, das Manuskript einem Verlag zu zeigen, entstand durch den Zuspruch meiner Testleser. Umso mehr habe ich mich gefreut, dass der Raetia Verlag sich für mein Buch interessiert hat. Der Verlag hatte dann auch den Einfall, eine Trilogie herauszugeben, und ich war damit einverstanden, denn Ideen für Fortsetzungen habe ich genug im Kopf. Allerdings setzt es einen auch etwas unter Druck. 

Kannst du gut unter Druck schreiben?

Ich habe gemerkt, ich kann fast nur unter Druck schreiben. Mich einfach nur hinzusetzen und ohne ein bestimmtes Ziel zu schreiben, fällt mir eher schwer. Meine Schreibzeit ist dann auch meistens am Abend, wenn die Familie im Bett ist. Dafür gönne ich mir selbst eher wenig Schlaf und in den letzten Jahren habe ich auch andere Hobbys für das Schreiben etwas vernachlässigt. 

Woher kommt deine Liebe zum Schreiben?

Das ist schwer zu sagen. Das Schreiben war einfach immer schon ein Teil von mir. Ich habe schon in der Schulzeit immer gerne geschrieben. Die Seraphim-Trilogie ist mindestens die zehnte Geschichte, an der ich begonnen habe zu schreiben, und die erste, die ich zu Ende geschrieben habe. Die anderen Erzählungen liegen immer noch als Fragmente zu Hause in einer Schublade.  Benno Pamer - Seraphim - Der Verrat

Wann entwickelst du deine Ideen?

Ich bin berufsbedingt viel mit dem Auto unterwegs, bis zu 65.000 Kilometer im Jahr. Diese Zeit hinter dem Steuer nutze ich auch, um über das Schreiben nachzudenken und mir neue Inspiration zu holen. Das hilft vor allem dann, wenn ich bei meinem Roman gerade an einen Punkt gekommen bin, an dem ich nicht mehr weiter weiss. 

Warum spielt dein Buch in Südtirol?

Gegenfrage: Warum nicht? Für mich ist das letzte Buch von John Grisham „Die Erbin“ ein gutes Beispiel. Dieses Buch spielt in einem kleinen Tal in den USA, ähnlich den kleinen Tälern Südtirols. Dass sich Grisham dafür entschieden hat, seine Geschichte in Amerika zu erzählen, wird von den LeserInnen nicht hinterfragt, sondern als selbstverständlich angesehen. Dass ich mich dafür entschieden habe, Südtirol als Schauplatz der Geschehnisse herzunehmen, ist für die meisten LeserInnen hingegen kurios. Und es verärgert mich etwas, dass ich mich in gewisser Weise dafür rechtfertigen muss. Ich muss sagen, mir war von Anfang an klar, dass Seraphim zu Teilen in Südtirol spielt, und ich glaube auch, ein Autor ist immer am glaubwürdigsten, wenn er Landschaften und Situationen beschreibt, in denen er sich selbst gut auskennt. Wir sind kein schlechteres Szenario für Handlungen als andere. Auch bei uns gibt es Intrigen, politische und wirtschaftliche Verwicklungen, Menschen, Schicksale, Geschichten… 

Wie hast du für das Buch recherchiert?

Ganz unterschiedlich. Meran und das Passeiertal kenne ich natürlich persönlich. Andere Städte, wie zum Beispiel Moskau, habe ich selbst nicht berreist, mich aber im Internet informiert. Bei meinen Beschreibungen von Syrien haben Gespräche mit einem meiner Mitarbeiter, der sich oft in dieser Gegend aufhält, sehr viel dazu beigetragen, Geräusche und Gerüche besser zu verstehen. Ich schreibe ja Romane und keine Sachbücher, darum darf ich mir eine gewisse künstlerische Freiheit auch erlauben. 

Wie viel Benno Pamer steckt in deinem Buch?

Natürlich gibt es Paralellen zu meinen persönlichen Erfahrungen. Menschen, die mich gut kennen, finden auch bestimmte Charaktereigenschaften und Interessen von mir in Noah wieder. Es gibt auch andere Persönlichkeiten, die einen realen Hintergrund haben, wie zum Beispiel die Bibliotheksleiterin und Schwester Oberin Ines. Viel ist aber auch einfach nur frei erfunden. 

Es gibt im Buch auch viel Erotik. Warum?

Wenn sich zwischen zwei jungen, gut aussehenden Menschen eine Liebesbeziehung entwickelt, kommt zwangsläufig auch die sexuelle Komponente hinzu. Das ist ganz normal, warum soll ich also nicht darüber schreiben. Bewusst habe ich die Differenzierung von Gut und Böse, von Engel und Dämonen, in der Erotik aufgegriffen. Die gleichberechtigte Liebe bei den Engeln, die Frau als sexuelles Objekt bei den Dämonen. Das Böse neigt auch in der Liebe zu mehr Gewalt.

Die Religion ist ebenfalls ein zentrales Thema in deinem Buch. Wie gläubig bist du selbst?

Ich komme aus einer sehr religiösen Familie. Ich selbst habe mich immer schon viel mit Religion beschäftigt. An Engel und Dämonen glaube ich aber nicht. Vielmehr interessiert mich der historische Ansatz. Wie ist Religion entstanden? Oder auch das Königreich der Himmel als Denkansatz im Mittelalter zum Beispiel. Vor allem aber war es mir wichtig, nicht nur dem katholischen Glauben einen Platz im Buch zu geben, sondern auch anderen Weltreligionen. Bei meinen Recherchen ist mir bewusst geworden, dass Engel nicht nur im Christentum eine wichtige Rolle spielen, sondern auch im Islam, wo es noch weitaus mehr Engel gibt. Und ich wollte auch versuchen aufzuzeigen, dass in jedem Menschen eine gute und eine böse Seite stecken. 

Wie wichtig war es für dich die aktuelle weltpolitische Situation in den Roman einzubringen?

Äußerst wichtig und es wird mit dem Fortschreiten der Geschichte immer wichtiger. Der dritte Band, das darf ich schon verraten, wird ein Politthriller werden. Vor allem die Themen ISIS und internationaler Terrorismus tauchen immer wieder auf, da sie mich auch privat sehr beschäftigen. 

Hast du literarische Vorbilder?

Vorbilder vielleicht weniger. Als Kind habe ich die Bücher von Karl May regelrecht verschlungen. Auch er war selbst nie in Amerika, hat aber mit seinen Beschreibungen unser Bild vom Wilden Westen maßgeblich mitgeprägt. Auch die Bücher von Marion Zimmer Bradley habe ich immer gern gelesen. In letzter Zeit habe ich mich aber eher mit Autoren wie Ken Follett, Stieg Larsson oder Dan Brown beschäftigt. 

Und wie sieht es mit der Südtiroler Literaturszene aus?

Die heimische Literaturszene empfinde ich persönlich als sehr dünn. Horst Moser, Selma Mahlknecht oder auch Joseph Zoderer oder Sabine Gruber verfolge ich sehr wohl. Mehr aber auch nicht. Die Werke all dieser AutorInnen haben einen sehr literarischen Anspruch, ich verfolge aber ein anderes Ziel, ich möchte gern unterhalten. Und Südtiroler Unterhaltungsliteratur gibt es wenig bis gar nicht.  

Benno Pamer, Jahrgang 1977, hat Kommunikationsdesign an der Akademie für Design in Bozen studiert. Er arbeitet als Vertriebsleiter für ein internationales Baustoffunternehmen. „Der Verrat. Seraphim, Band 1“ ist sein erstes Buch und ist bei Edition Raetia erschienen. Der zweite Band der geplanten Fantasy-Trilogie erscheint voraussichtlich im April 2017.

Fotos: (1) Benno Pamer; (2) franzmagazine

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