Music

December 5, 2016

Riesenorgie + Fall in Love für alle: der Punk Rock von Meddycrayed

Max Silbernagl

Sie begeistern die Menschen mit melancholischem Punk Rock, wie sie ihren Stil selbst bezeichnen. Meddycrayed sind die vier Köpfe und weiteren Gliedmaßen von Nathan Kortleitner (Stimme und Gitarre), Andreas Romen (Schlagzeug), Willy Theil (Gitarre) und Fabian Reiner (Bass) aus Bozen.

Die Formation existiert seit dem 12. Oktober 1999 und ihr Bekanntheitsgrad in Südtirol ist nicht zu verachten: Die besondere Stimme von Nathan Kortleitner und die melodischen und markanten Melodien, die die Band fabriziert, stechen sofort heraus.  

Für die Zukunft hat Meddycrayed große Pläne, vor allem Konzertauftritte außerhalb von Südtirol zu spielen und eine CD-Veröffentlichung werden angepeilt. Eine Tournee mit Junk Love durch Österreich und Deutschland ist in Planung. franz hat die Chance genutzt, um drei der vier Musiker persönlich zu treffen und über die Pläne und Geschichte von Meddycrayed zu plaudern.  

Wie seid ihrer auf den Namen Meddycrayed gekommen und hat er eine Bedeutung für euch? 

Nathan: Unser Ex Schlagzeuger Philipp Madeiski hat mir diesen Namen per SMS geschickt. Er hat erzählt, dass er diesen Namen im Fieberrausch gesehen hat. Praktisch hat der Name keine Bedeutung, aber für uns klingt der einfach cool und passt zur Band.

Euer Musikstil klingt sehr nach Grunge, seid ihr von Nirvana beeinflusst?

Nathan: Bei der Gründung der Band 1999 haben wir noch sehr ruhige, melodische und melancholische Sachen gespielt. Nach und nach sind immer mehr verzerrte Passagen in die Lieder eingeflossen. Ich habe in dieser Zeit das Lied „The Crown“ geschrieben, von da an haben wir immer öfter verzerrt gespielt. Durch unseren Gitarristen, der zum Schlagzeug gewechselt hat, haben wir einen Wandel in der Band durchgemacht, auch stilmäßig. 

Fabian: Dass wir von Nirvana beeinflusst sind oder dass wir sehr grungig sind, sagen viele; es ist jedenfalls nicht gewollt. Scheinbar gelingen uns lustige Lieder einfach nicht. Durch den Wechsel der Bandmitglieder hat die Band all die Jahre einige Veränderungen durchlebt, jedes neue Bandmitglied hat seinen eigenen Stil eingebracht. Dadurch haben wir uns mehr und mehr dem Punk Rock zugewandt. Nichtsdestotrotz kann man uns nicht als reine Punkband bezeichnen, ich würde aber auch nicht sagen, dass wir nur Grunge spielen. Es ist mehr eine Mischung von beidem. Die Abwechslung von melodischen und verzerrten Passagen in unseren Liedern sowie ausgefallene Gitarrenriffs verleihen unserer Band etwas Mystisches. Meddycrayed Notiz auf Zeichenblock

Worum geht’s in euren Liedtexten hauptsächlich? 

Nathan: Um schöne Frauen, um mich selbst und über mein Leben. So drücke ich mich aus. Anfangs waren es hauptsächlich Teenagerstories. Ich habe aber auch ein Lied über den Terroranschlag am 11.9.2001 geschrieben, es heißt „The Evil will thought fall“.

Fabian: Es geht uns nicht so sehr um den Text, es geht uns vielmehr um die Gefühle, die wir hervorrufen können, oder darum Erfahrungen, die wir in unserem Leben gemacht haben, mitzuteilen, um sie auf diese Weise zu verarbeiten. Der Text besteht hauptsächlich aus Reimen, die einen Sinn ergeben, er wiederholt sich beispielsweise immer wieder. Ein Text ist für uns nur ein Hilfsmittel, um Gefühle auszudrücken. Der Text muss zur Melodie passen, dann sind wir zufrieden. 

Wer schreibt bei euch in der Band die Texte? 

Nathan: Das mache immer ich, meistens zuhause, von ihnen hat noch nie jemand einen Text geschrieben, das könnte man aber einführen, by the way.  

Würde es dich freuen, wenn deine Bandkollegen dir helfen würden? 

Nathan: Nein, das kann ich allein am besten. [lacht] 

Fabian: Nein, ich denke, es geht darum, dass uns anderen das Schreiben von Texten nicht besonders liegt. Da müssten wir Lieder auf Deutsch schreiben und das gefällt uns nicht so. Der einzige der es drauf hat Texte zu verfassen, ist Nathan.

Nathan: Fabian hat aber einmal ein Lied für die „Forgotten Dicks“ geschrieben.

Fabian: Ja, ich habe schon mehrere Texte für die „Forgotten Dicks“ komponiert, bin aber bei Meddycrayed für das Melodische zuständig, die Texte schreiben überlass ich lieber den Sängern. Grundsätzlich kann man noch sagen, dass bei Meddycrayed die Grundmelodie Nathan macht, der Rest wird von allen im Proberaum erarbeitet. 

Welches Gefühl wollt ihr dem Publikum vermitteln, wenn es eure Texte hört?

Fabian: Ich für meinen Teil möchte bei den ZuhörerInnen ein positives oder negatives Gefühl auslösen, ich will, dass es ihnen nahe geht, egal welches Gefühl sie verspüren.

Nathan: Für mich will ich Erinnerungen an schöne, brutale und bunte, farbliche Momente wecken und außerdem mit Außerirdischen in Kontakt treten. [lacht]  

Kritisiert ihr in euren Texten auch etwas? Wollt ihr auf etwas aufmerksam machen?

Fabian: Uns geht es nicht darum, auf etwas aufmerksam zu machen, sondern eher darum, Emotionen zu wecken und authentisch zu sein. Unser Ziel wäre es, während und nach dem Auftritt eine Riesenorgie zu veranstalten.

Nathan: Es soll ein „Fall in Love“ für alle sein.

Was, denkt ihr, beeindruckt eure Fans?

Fabian: Danke zunächst, dass du sagst, wir hätten Fans, denn es ist eigentlich so, dass wir nicht so viele Fans haben. Glaube ich. Die Stimme von Nathan ist sicher etwas Besonderes, es ist eine Gabe Gottes, die er ziemlich schlecht behandelt – mit Kettenrauchen und Alkohol, aber das ist eben der Tribut des Rockstarlebens. [schmunzelt]

Nathan: Ich denke, insgesamt das Charisma unserer Band: Bei uns steht der Spaßfaktor an erster Stelle, da wir nichts verdienen bei unseren Auftritten und gratis spielen. Wir haben Freude, zusammen zu musizieren und uns über die Musik zu verwirklichen. Meddycrayed live Kuba Kaltern

Ihr selbst meint auf Facebook, ihr spielt harte Musik, aber kein Metal – wie würdet ihr eure Musik denn beschreiben und was ist euer Markenzeichen? 

Nathan: Ich würde unsere Musik als melancholischen Punk Rock beschreiben. Unser Markenzeichen ist das laute Schlagzeug, die Stimme, einfache und markante Melodien, unsere Lieder sind simpel strukturiert. Es ist kein Skate Punk, sondern eine Mischung aus den späten 80ern und den frühen 90ern. 

Fabian: Es geht nicht darum, wie gut einer auf der Bühne ist oder wer der Coolere ist, sondern vielmehr darum, zusammen in eine Harmonie zu verfallen und etwas zu kreieren.  

Junk Love hat euch als Vorbild genannt, wie findet ihr das?

Fabian: Junk Love ist unserer Meinung nach, die beste Band in diesem Genre, sie sind wirklich top. Sie haben uns sicher nur erwähnt, um uns zu schmeicheln. Wir sind selber große Fans von Junk Love und gut mit ihnen befreundet. Wir könnten uns gut vorstellen, nach einem gemeinsamen Konzert gemeinsam eine Orgie zu feiern. [lacht]  Wir haben auch schon einige Konzerte mit ihnen gespielt und gegenseitig unsere Lieder gecovert. Und bald kommt ein neues Lied mit Video heraus – „Early Morning“, in dem Florian von Junk Love die zweite Stimme singt.  

Wer sind eure Vorbilder?

Nathan: Von Led Zeppelin über The Doors bis zu The Melvins, Judas Priest, Metallica oder Megadeth, viel amerikanische Musik, aber auch John Zorn, weil er ein Provokateur ist…

Fabian: Ich bin Fan der Klassiker, wenn ich ehrlich bin, von Lemmy und Motörhead beispielsweise, The Smashing Pumpkins, Nirvana, und natürlich Punk Rock generell. 

Andreas: Bei mir ist es Verdena, und Velvet Underground von früher noch, und sonst wurde bereits alles gesagt. 

Fabian: Man merkt bei unserer Musik, dass wir von vielen Musikstilen beeinflusst sind. Viele und neue Einflüsse sind wichtig.

Was sind eure Pläne für die Zukunft?

Fabian: Pläne haben wir nicht wirklich, mich würde es aber reizen, im Ausland einige Konzerte zu spielen, um unseren Bekanntheitsgrad steigern und vor Publikum zu spielen, das nicht nur aus 20 Leuten besteht. Das gestaltet sich aber schwierig, da wir alle hier in Südtirol einer Arbeit nachgehen. Vor zwei Jahren hatten wir mal ein Konzert in Innsbruck… Dort war Full House. Es ist einfach etwas ganz anderes vor einer neuen Kulisse und in einer ausverkauften Halle zu spielen. Wir haben die Leute sichtlich überrascht und dies war für uns auch ein sehr positives Gefühl. Leider muss man, um solche Konzerte spielen zu können, von Südtirol raus gehen. …und eigentlich haben wir noch nie auf einem Festival gespielt – …einmal beim Schools Out in Bozen. Reizen würde mich beim Rock im Ring Festival auf dem Ritten zu spielen. [diese Message geht an die Rock Im Ring Organisatoren!] 
Mit Junk Love planen wir vielleicht eine Tour durch Österreich und Deutschland…, ist aber noch nicht fix und erst im Aufbau. Und in nächster Zukunft würden wir gerne ein paar Lieder aufnehmen und eine CD herausbringen – uns gibt es schon seit Ewigkeiten und wir haben noch kein gescheites YouTube-Video!  

Junk Love hat im letzten Interview gesagt, dass es in Südtirol schwierig ist als Band voran zu kommen. Wie seht ihr das? 

Fabian: Ja, da muss ich Junk Love recht geben. Ich selbst kann auch aus der Sicht eines Organisatoren sprechen [er arbeitet im Papperlapapp], und es ist wirklich schwierig, ein Konzert auf die Beine zu stellen, zwischen SIAE und Genehmigungen, die man einholen muss, ist es sehr kostspielig und umständlich. Und die Leute hier sind nicht mehr so motiviert, Konzerte zu besuchen, der Musikgeschmack hat sich verlagert, die Leute stehen jetzt mehr auf Disco, Reggae, Hip Hop und Pop. Rockkonzerte besucht die Minderheit. Und bei uns hier fehlt die Infrastruktur. Die meisten Konzerte werden in Jugendzentren gespielt und diese Locations sind zu klein, es fehlt eine coole Bar, in der sich alle, egal welcher Altersklasse, wohl fühlt. Bei uns muss um 24 H Schluss sein; das ist in größeren Städten wie z. B. Innsbruck, Wien anders, wo es um diese Zeit erst richtig los geht.

Andreas: Ich habe auch eine Zeit lang in Innsbruck studiert und bin sicher nicht vor 22 H aus dem Haus gegangen…

Fabian: Die italienische Gesetzgebung ist so verankert, dass wegen einem einzigen Trottel, dem es zu laut ist, die Polizei geholt wird und eine Party ein jähes Ende findet. Man müsste daher eher versuchen, ein Mittelweg zu finden. Zurzeit ist die Lage in Südtirol nicht sehr musikfreundlich. 

Fotos: Meddycrayed

Print

Like + Share

Comments

Current day month ye@r *

Discussion+

There are no comments for this article.