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November 18, 2016

Afae: la meticolosa operazione di destreggiarsi nella polvere

Mauro Sperandio
Afae, di Werner Gasser, alla 00A Gallery di Merano, in via Ortenstein 4 da venerdì 18 a domenica 27, tutti i giorni dalle 14.00 alle 21.00.

Termine latino  dall’etimologia incerta, Afae, nell’accezione di “polvere” è il titolo scelto da Werner Gasser per l’ultima mostra del calendario della 00A Gallery di Merano. Con un lavoro accostabile a quello della fotografia archeologica, il fotografo meranese ritrae una ricca dimora della cittadina termale, mentre si trova nel subbuglio del suo riassetto, in vista di una futura apertura al pubblico. Oggetti e arredi, come reperti, si trovano dove sono, senza concessione di posa in favore di camera.

La polvere nasconde, la polvere svela: il tatto dello scopritore è l’unica cosa su cui possiamo fare affidamento per vedere ciò che finora è stato nascosto.

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Villa Freischütz, dimora traboccante di oggetti e opere d’arte, ti accoglie in “déshabillé”, ma ricchissima di dettagli da cogliere: qual è stato l’impatto con i suoi ambienti?

Die Villa Freischütz ist viel mehr als eine wunderschöne Jugendstil-„Mietvilla” mit beeindruckender Schablonenmalerei, venezianischen Murano Lustern und einer vielseitigen Asiensammlung… Diese Villa ist ein Haus mit einer unglaublichen Familiengeschichte, die sich über Generationen zieht, von Preußen bis Peru, von den Pyrenäen bis Barcelona. In diesem Haus ist das Erbe dieser Familien in einer Sammlung vereint, wie ich sie vorher nie unmittelbarer erlebt habe. Der Nachlass, den Rosamaria Navarini hier in eine Stiftung umgewandelt hat, erzählt viele unterschiedliche Geschichten und Schicksale und diese werden in diesem Haus nicht nur sichtbar gemacht, sondern auch spürbar. Es ist ein unglaublicher Berg von Deponaten, Familiengeschichten und Arbeit der Aufbereitung.
Als ich das erste Mal in die Villa Freischütz eingeladen wurde, befand sich die Villa in einer ganz besonderen Situation: Es war ein transitorischer Zustand, ein Zustand des Übergangs von einer nicht mehr bewohnten Villa hin zu einer musealen Struktur. Seit drei Jahren ist ein mehrköpfiges Team dabei, sich erstmals einen Überblick zu verschaffen über diesen Berg von Objekten, Briefen, Fotos und unterschiedlichsten Sammlungen. Diese Objekte mußten zunächst ans Licht gebracht, selektiert und ausgewählt, in Kisten und Kartons verpackt, beschriftet und adäquat renoviert, restauriert und archiviert werden.
So stieß ich auf beschriftete Kartons und Kisten in Jugendstilräumen stapelweise – echt stapelweise! – verteilt über mehere Stockwerke. Ein unglaublich starkes Bild: Die Familiengeschichte über Generationen in Kisten verpackt in den Räumen, in denen diese Familien auch einmal lebten. Susan Sontags “memento mori” kam mir da ganz spontan in den Sinn: “All photographs are memento mori. To take a photograph is to participate in another person’s (or thing’s) mortality, vulnerability, mutability. Precisely by slicing out this moment and freezing it, all photographs testify to time’s relentless melt. Cameras began duplicating the world at that moment when the human landscape started to undergo a vertiginous rate of change: while an untold number of forms of biological and social life are being destroyed in a brief span of time, a device is available to record what is disappearing.”afae_gasser_07

La casa degli altri, gli oggetti degli altri: con che atteggiamento ti avvicini, come artista, alla vita degli altri?

Intuitiv, neugierig, dann aber auch reflektiert und zurückhaltend. Streng genommen ist Fotografie ein Medium. das reproduziert und aus diesem Umstand heraus war es für mich notwendig, dass ich mich hier auf ein “Spiel” einlasse, auf ein Spiel von Nähe und Distanz. Fotografie ist immer auch ein Fenster der Verwundbarkeit, das offenlegt, und gerade deshalb musste ich mir im Prozess der Arbeit immer wieder bewusst machen, mich diesen einen Schritt zurückzubewegen, um diese für mich notwendige Distanz auch einhalten zu können. Das Schreiben, das mich bei dieser Arbeit begleitete, half mir mich zu orientieren und nicht zu verlieren. Das war nicht immer einfach. Ich erinnere mich an jenen Tag, an dem man mich an ein kleines, in dunkelblauem Papier eingepacktes Paket führte, das mit einer Etikette versehen war, auf der handschriftlich geschrieben stand: “Haarlocke unseres geliebten Alfonsitos”. Hier hatte die Mutter einige Haarlocken ihres vierjährigen verstorbenen Kindes sehr liebevoll zusammen mit Alfonsitos Papierspielzeug in einer einfachen Holzkiste aufbewahrt. Aus dieser Holzkiste zeige ich auf meinen Fotos kein einziges Kinderhaar, sondern nur ein verschlossenes Kuvert, (das sich ebenfalls in dieser Kiste befand,) auf der handschriftlich geschrieben steht:” Pelo, que se arancò nuestro queridisimo Alfonsito, en su ultima terribile enfermedad.” Dieses kleine Kuvert erzählt viel mehr als das Offenlegen aller Haare. Etwas schwerer tat ich mich mit der Figur des Generals Enea Navarini, den ich die “dunkle Prominenz” des Hauses nenne. Aber ich wusste, dass ich diesen General unmöglich ausschließen konnte, da er auch eine Zeit in diesem Haus gewohnt hatte und Teil dieser Familie gewesen war. Wie also verantwortungsbewusst umgehen mit einer solchen Figur, in einer Serie, wo das Private dieser Person hergezeigt oder ausgestellt wird? Im Stockwerk, das von ihm bewohnt wurde, habe ich all die Monate bis heute nie fotografiert! – Kein einziges Bild!
Eines Tages stieß ich dann auf einen Karton, gefüllt mit mehreren Geopardenköpfen und zwei Geopardenfellen. Es waren die Jagdtrophäen von Enea Navarini, primitive Männerphantasien und Zeichen der Macht in Form von Tierkadavern. Das Seidenpapier, in dem diese Felle und Tierköpfe eingeschlagen waren, habe ich in ein übertrieben dramatisches Licht getaucht, und so sehe ich dieses Bild eher als eine Art Karikatur verletzter Männlichkeit.   

Ogni casa ha un suo odore che la caratterizza e che parla di chi la ha abitata. Che profumo hanno le  fotografie di Villa Freischütz?

Wie riecht das Licht, das fast zärtlich über eine staubige Oberfläche streift?
Wie klingt ein äußerst ruhiger und stiller Raum, durch den ein solches Licht streift?gasser fronte

Il titolo dell’esposizione è “Afae”, polvere, ovvero quella sostanza che copre, cela. Qual è la polvere che l’artista deve togliere con il suo lavoro?

Hier war ich unglaublich vorsichtig: Den Staub der Zeit habe ich einfach in den Bildern stehen lassen, so wie ich ihn vorfand. Jeder kleinste und noch so feinste Kontakt mit einer staubigen Oberfläche hätte meine Spuren hinterlassen, meinen Imprint, und das hätte ich nicht wollen. Ich habe in dieser Serie auch nichts verschoben oder verrückt, sondern vielmehr meinen Blick auf eine Fläche von Staub gelenkt, Kleinigkeiten und scheinbar Unbedeutendes fokusiert und gleichzeitig eine Geschichte eines Hauses und einer Familie zu erzählen versucht. Weg vom dokumentarischen hin zum narrativen, also erzählerischen Charakter, ohne Staub aufwirbeln zu müssen oder zu entstauben.

Nel pomeriggio del 26 novembre 2016 proporrai al pubblico una visita guidata all’esposizione. Puoi anticiparci qualcosa del modo in con cui questa visita si terrà?

Den ganzen Sommer über hatte ich das Glück, Einblick in diese Kisten und Kartons der Fondazione Navarini-Ugarte  gewährt zu bekommen. Ich habe Kisten geöffnet, vieles an die Oberfläche geholt, einiges fotografiert, Objekte und Geschichten in diese Kisten wieder zurück gelegt und diese vorsichtig geschlossen. Am 26. November werde ich diese Aktion wiederholen. Diesmal aber nicht mit Objekten der Villa Freischütz, sondern mit meinen Fotoarbeiten dieser Serie. Zu den in der Galerie gezeigten Fotoarbeiten werde ich an diesem Abend noch weitere Bilder aus der “Afae”-Serie zeigen, die ansonsten in meinen Kisten verweilen und im Verborgenen bleiben. Für einen kurzen Moment aber werde ich diese Bilder ans Licht und allen vor Augen führen. Ich wünsche der Fondazione Navarini-Ugarte und dem zukünftigen Haus+Museum, dass es sich durchsetzt GEGEN die Zeit und den Staub und zu einem lebendigen Ort der Auseinandersetzung und Diskussion wird. Vielen Dank dafür, dass ihr mir Tür und Tor geöffnet habt, Truhen, Koffer, Kisten und Berge von Geschichten entdecken ließet.

Foto: Werner Gasser

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