Music

September 23, 2016

Soundtirol VI:
Max von Milland

Thomas Stolcis
„Sie (vom Major Label) haben dieselben Leute angeschrieben wie für Andreas Gabalier, wenn er eine neue Platte herausbringt.“ Max von Milland zählt zu den bekanntesten Popmusikern im deutschsprachigen Raum. Seinen Platz in der Musikbranche musste der Südtiroler Mundartist aber erst finden.

Mein Treffen mit Max von Milland ist schon einige Zeit her. Vor etwa einem Jahr habe ich den Musiker für meinen Film über die Musikszene in Südtirol einen Nachmittag lang bei einem Konzert begleitet. Schon damals fiel mir auf, wie zielsicher dieser junge Mann arbeitet. Es war eine spannende Zeit für Max von Milland: Er machte seine ersten Gehversuche unter dem Dach seines eigenen Labels 0472 Records, das zweite Album war in der Pipeline und stand kurz vor der Veröffentlichung und die erste Single „I bin do“ war gerade samt Videoclip erschienen. Das war eine Sturm-und-Drang-Phase für den jungen Musiker, eine Art Befreiungsschlag von den Klauen der großen, trägen Musikindustrie.

 

Der Werdegang von Max von Milland ist für Südtiroler Verhältnisse einzigartig. Wer kann schon von sich behaupten, mal bei einem der „Big Three“ der Musikindustrie unter Vertrag gewesen zu sein? Der Erfolg von Max von Milland fußt aber auf einem Irrtum: Dem Glauben, dass Mundartmusik, wie auch immer sie musikalisch begleitet wird, in einem Atemzug mit Leuten wie Andreas Gabalier genannt werden kann. Für den jungen Brixner hat das von Anfang an dazu geführt, dass er kategorisch in die falsche Schublade gesteckt wurde. Er galt lange Zeit als Singer-Songwriter in Südtiroler Mundart. Aber eben nach demselben Prinzip wie sich besagter Andreas Gabalier mit Mundart im vermeintlichen Rockgewand verkauft. Gabalier sprach noch nie wirkliche Rockfans an. Das ist alles nur Verkaufsmasche. Bei Max ist das aber anders, denn der Brixner ist mit Indie-Musik groß geworden und dort musikalisch sozialisiert. Seine Musik ist nicht irgendwo im Stadl aufgenommen. Dahinter saßen Top-Leute, die schon Bands wie The Notwist, die Sportfreunde Stiller oder Juli produziert haben. Das, was mit der Musik von Max von Milland gemacht wurde, stammt aus dem 1×1 für Musikervermarktung. Am Ende geht es nämlich nicht immer darum, wo sich der Musiker selbst sieht, sondern wo er sich am besten vermarkten lässt. Mit dieser seltenen Sprachfärbung ist die Zielgruppe recht beschränkt. Und wenn man dann noch aus einer Ecke wie Berlin agiert, in der man überhaupt keine Bezug dazu hat, dann ist die Sache recht einfach. Wir stecken den jungen Max da rein, wo wir (fast) alle diese Musiker rein stecken, und zwar zu den Gabaliers der Nation. 

 

Es ist in gewisser Weise ein Leidensweg, den viele zunächst gehen. Und, Hand aufs Herz: Wer würde schon als Musiker einem Angebot von einem Major Label widerstehen? Da geht es nicht einmal um die Karriere oder den Vorschuss, den man vielleicht bekommt. Es geht um die Fülle an Erfahrungen und Kontakten, die man sammelt und darum, wie man sie dann sinnvoll nutzt. In der Hinsicht hat Max von Milland den richtigen Weg gewählt. Punkt eins war das Annähern an die Zielgruppe. Wenn Berlin schon nicht das richtige Pflaster dafür ist, dann vielleicht München. Hier versteht man den jungen Mundartisten. Punkt zwei bedeutet, die Kontakte zu nutzen, zu aktivieren und das Gelernte unter Eigenregie anzuwenden. Natürlich hat sich Max von Milland in diesem „Refreshment“ nicht völlig neu erfunden. Für das deutschsprachige Ausland ist er immer noch das Aushängeschild für den jungen, hippen Südtiroler Musiker, der sich auf dem schmalen Grad zwischen Zeitgeist und Tradition bewegt. Diese frische, launige Musik in der Sprache, die nicht jeder versteht, passt bestens in Unterhaltungssendungen wie beispielsweise „Volle Kanne“ (ZDF). Hier geht es nicht nur um Glaubwürdigkeit und musikalische Qualität. Es geht auch um Klischees, es geht darum gut auszusehen und vielleicht auch noch einigermaßen gute Musik zu machen. Aber trotzdem wirkt das zweite Album in der Hinsicht wie die Verarbeitung der ersten Platte und der Einsicht, dass man bestimmte Sachen durchaus langsam und mit Bedacht angehen kann.

Bei all den Anstrengungen um Image, Verkaufsstrategien und die Sprache geht das eigentlich Wichtige oft völlig verloren: Die Musik! Denn die ist der wirkliche Erfolgsfaktor. Wenn man diese Worte hier so liest, dann mag man meinen, dass ich nicht viel von Max von Milland halte. Das stimmt aber nicht im geringsten. Ich schätze seine Musik sehr. Ich mag sein Songwriting, das es immer auf den Punkt bringt. Man merkt auf beiden Alben ganz deutlich den Berliner Dunstkreis, in dem sich der Millander bewegt (hat). Und genau das macht diese Musik wirklich wertvoll. Denn egal aus welcher Perspektive man sich Max von Milland nähert, ob es nun die Gabaliers oder die Indiepopper sind, in beiden Fällen steckt bis auf die Sprache gar nicht einmal so viel Südtirol in der Musik. Denken wir uns doch für eine Sekunde die Sprache weg: Wenn nur die Musik bleibt, dann klingt es nach gut gemachter, ohrwurmtauglicher, emotionaler Popmusik, die so überall gespielt werden kann. Die Mundart nutzt Max von Milland als wichtigen Imagefaktor, mit der er seine persönliche Nische gefunden hat, in der er sich nun eigenständig austoben kann.

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