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September 8, 2016

Trienala Ladina 2016:
Fokus auf Hubert Kostner

Allegra Baggio Corradi
Am Freitag, 9.9. eröffnet um 18 H im Museum Ladin Ćiastel de Tor in St. Martin in Thurn die 5. Trienala Ladina mit dem Titel „High Five“ (bis 11. Juni 2017) und den Werken von 6 Kunstschaffenden aus ladinischen Regionen: Notta Caflisch (CH), Gabriele Grones (I), Hubert Kostner (I), Nessi (D), Simon Perathoner (I), Andreas Senoner (I).

Das Schaffen des Künstlers Hubert Kostner entwickelt sich unablässig in mehrere Richtungen; Richtungen, die in Südtiroler Täler, fremde Universen, auf Bergspitzen, nach unten und nach oben führen. In der Bewegung seines vernünftigen Blickes liegt die Kraft seiner Kunst, welche die Veränderung und veränderte Wahrnehmung des Alpenraumes analysiert. Im Rahmen der Trienala Ladina 2016 hat Hubert Kostner eine Strategie gegen ethnisch gepflegte Langeweile entwickelt: Telefon di Mác. Gravur und Ton vernichten die Grenzen des ladinischen Mikrokosmos’. Ein spielerisches Flüstern erforscht die Tiefe der ladinischen Identität.

Wie bedeutend sind deiner Meinung nach Projekte wie die Trienala Ladina, welche die ladinische Kultur mit dem Zeitgenössischen in Verbindung bringen? 

Da die ladinische Kultur eine Kultur war, die meistens mündlich überliefert wurde, ist es jetzt an der Zeit, schriftliche und visuelle Dokumente zur Dokumentation und Weiterentwicklung dieser Minderheit zu erschaffen und dann zu sammeln. Da das Zeitgenössische, wie der Name schon sagt, mit dem zeitlichen Jetzt arbeitet, kommt es diesem Vorhaben sehr entgegen. Das Zeitgenössische wird somit zum Botschafter und Multiplikator der ladinischen Kultur.

Denkst du, dass die Trienala Ladina Auswirkungen auf das gemeinschaftliche Verständnis der ladinischen Kultur hat? Inwiefern?

Eine solche Auswirkung wäre wünschenswert, ist aber unrealistisch. Mehr geht es darum, dass die Künstler der Trienala für die ladinische Kultur künstlerisch recherchieren, forschen und dann persönlich reflektieren. Dieser ladinische Mikrokosmos öffnet sich so nach Außen und das kann künstlerisch wertvoll sein und inspirierend. hubert kostner 2016 trienala ladina

Was bedeutet es, im Jahr 2016 ein ladinischer Künstler zu sein? Worin unterscheidet es sich allgemein Künstler zu sein?

Ein ladinischer Künstler (in meinem Falle halbladinischer Künstler) zu sein bedeutet pragmatisch gesehen erst mal die Inanspruchnahme von Vorteilen einer geschützten Minderheit. Für einen Künstler allgemein ist es generell wichtig, Schaffensförderungen für neue Werke zu bekommen und gleichzeitig nicht in territorialen und kulturellen Grenzen zu verharren. 

Denkst du, dass Kunst nur Möglichkeiten eröffnen kann, wenn sich ein Künstler seiner Identität bewusst ist?

Jeder Künstler hat ein Bewusstsein seiner eigenen Identität. Der Künstler reagiert ja immer aus diesem eigenen Bewusstsein heraus auf die Außenwelt, in der er lebt. Im Falle der Trienala verschmelzen diese beiden Identitäten (Bewusstsein und Außenwelt). Das bringt natürlich auch eine gewisse Gefahr mit sich. Der im Zeitgenössischen so essentielle Kulturclash bleibt aus. Die Konzentration auf die Dynamik der ladinischen Sprache und deren spielerische Umsetzung sind meine Strategie gegen ethnisch gepflegte Langeweile.

Was hast du für diese Edition der Trienala Ladina geschaffen? Worin besteht deine Arbeit?

Die neue Arbeit nennt sich „Telefon di Mác“, was im Deutschen soviel bedeutet wie „Stille Post“. Dabei starte ich von folgendem Satz: „Ich bin ein Ladiner. Ich bin einer von euch.“
Ein Aufnahmegerät speichert diesen auf Ladinisch gesprochenen Satz. Diese Aufnahme wird dann einer neuen, zufällig gewählten Person vorgespielt, um sie dann darin aufzufordern, das Gehörte nachzusprechen.
Im Sinne des Flüsterspiels „Stille Post“, auf Ladinisch „Telefon di Mác“, entstanden so 28 gesprochene Statements. Auf meinem Aufnahmeweg begab ich mich dabei von St. Martin ausgehend Richtung Alta Badia, dann Richtung Grödner Joch, um schließlich dem Grödental folgend Richtung Panider Sattel in Kastelruth zu enden.
Diese Aufnahmen bilden die Audioinstallation der Ausstellung. Darauf wurden die Aufnahmen dann von einer Sprachwissenschaftlerin fonetisch transkribiert. Auf verleimten Zirmholzbrettern (212 x 85 cm x 6 cm) habe ich die fonetische Transkription mittels Oberfräse, die von mir händisch geführt wurde, eingraviert. Zusammen mit der Audioinsatallation bildet diese Zirmholztafel die Installation „Telefon di Mác“.Hubert Kostner cun si opera

Während der Trienala Ladina hat das Publikum die Möglichkeit, mit den Werken in Dialog zu treten, sich mit ihnen auseinander zu setzen, an sie anzuknüpfen. Was im Speziellen möchtest du mit deiner Arbeit kommunizieren und bewirken?

Die Arbeit soll anregen, über Sprachentwicklung zu reflektieren. Die mündliche Überlieferung einer Sprache und die daraus resultierenden Varianten und Veränderungen, sind ein wichtiger Teil der ladinischen Identität. Weiters soll „telefon di mác“ die Rolle der Kunst und die des Museum Ladin bei diesem Prozess thematisieren. Ladiner sein bedeutet Veränderungen und Anpassungen der Sprache zu akzeptieren und zu tolerieren. Diese Veränderungen schriftlich zu dokumentieren und wissenschaftlich zu untersuchen ist jedoch äußerst wichtig und sogar ausschlaggebend für die politische und kulturelle Akzeptanz der ladinischen Sprache (und somit der ladinischen Kultur) auf nationalem und internationalem Gebiet.
Der spielerische Aspekt von „telefon di mác“ soll die ernsthafte Natur der Thematik relativieren und die Grenzen von kulturpolitisch motivierten Handlungen in Bezug auf die ladinische Sprachsicherung ausloten. Die gestalterischen Mittel dazu entnehme ich den kulturellen Gegebenheiten von Ladinien, ohne dabei die Freiheit einer subjektiven Umsetzung zu vernachlässigen.

Trienala Ladina 2016 „High Five“
Museum Ladin Ćiastel de Tor
St. Martin in Thurn, Gadertal

Vernissage: 9.9.2016, 18 H
10.9.2016–11.6.2017

Fotos: (1) (2) Hubert Kostner; (3) Museum Ladin

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