The Monocle Summer Fayre & A talk with Tyler Brûlé

Wer in Obermais die Dantestraße entlang spaziert, blickt  durch ein Schaufenster in die Welt  –  auf englische Reisemagazine, auf feinen Oxford-Zwirn und elegante Sonnenbrillen. Im vergangenen Winter öffnete der Monocle Seasonal Shop erstmals seine Tore. Seit Mai 2016 können LiebhaberInnen des Schönen & Echten hier wieder zwischen ausgewählten Produkten aus dem Alpenraum, Magazinen, Herrenkleidung und Accessoires des Labels Trunk stöbern (Josef travel book gibt’s übrigens auch). Am kommenden Samstag, 23. Juli laden Monocle und Trunk  ab 13.00 Uhr zum großen Sommerfest – neben Drinks und Häppchen gibt es auch die Gelegenheit, neue Magazine kennenzulernen. Das Geschäft in der Dantestraße ist Teil von Monocle, einer Mediengruppe, zu der eine hippe, internationale Zeitschrift, ein Radiosender und Shops in der ganzen Welt gehören. Hinter dieser erfolgreichen Marke steht Tyler Brûlé, ein kanadischer Journalist und Designer. Wir haben den Medienunternehmer beim neuen Shop in Meran auf einen Kaffee getroffen.

Dein Media-Brand Monocle ist weltweit mit Shops und Büros vertreten – in Berlin und London, Tokyo und Singapur. Seit Ende vergangenen Jahres gibt es auch einen Shop in Meran. Warum Meran?

Ich bin im Winter öfters in meiner Hütte in Engadin, auf dem Weg dahin bin ich durch Südtirol durchgefahren. Einmal habe ich danach hier übernachtet, zunächst wurden zwei Tage daraus und dann drei. Die Gegend hat mir gefallen, dann habe ich einmal ins “Immobilienfenster” geschaut…  und schließlich habe ich mir ein Haus in Obermais gekauft. Etwas später kam der Gedanke auf, hier einen Shop zu eröffnen. Wir dachten auch an Bozen als Ort für den Store, doch Meran hat mir gefallen, weil es irgendwie “deutscher” ist. Mein Deutsch ist auch besser als mein Italienisch. Mir gefällt dieser Wechsel zwischen den Sprachen, den Mentalitäten… Ich glaube, das hält einen frisch, offen. Ich habe einige Zeit hier verbracht, bin immer diese Dantestraße entlang gegangen und habe dieses leere Gebäude gesehen. Wir wollten nicht direkt ins Stadtzentrum, aber auch nicht ganz in die Peripherie. Deshalb ist der Ort perfekt.

Was war dein erster Eindruck von Südtirol? Und hat sich dieser Eindruck verändert, nachdem du einige Zeit hier verbracht hast?

Mein erster Eindruck war, dass die Menschen hier sehr freundlich sind. Außerdem hatte ich dieses Gefühl von Authentizität. Es gibt so viele originale, tolle Produkte hier. Dieser Eindruck hat sich verfestigt. Sicher bekommt man auch die Probleme mit, wenn man länger hier ist… Aber zumindest ist die politische Situation hier gar nicht so neu für mich, da ich ja Kanadier bin, und wir auch dieses french-english-thing haben, also irgendwie eine ähnliche Situation wie in Südtirol.

Wie ist deine Erfahrung mit der Realisierung des Stores? Gab es Hürden? Ist es hier schwieriger, Projekte zu realisieren als beispielsweise in Tokyo oder London?

So direkte Probleme gab es eigentlich keine. Aber die Bürokratie hier ist schon erdrückend. Es gibt viel Papierkram, der erledigt werden muss. Es ist tatsächlich in London oder Tokyo einfacher, etwas weiterzubringen. Hier müsste wohl die Landesregierung härter in Rom vorgehen, um die Bürokratie einzudämmen, damit es für junge Leute einfacher wird, ein eigenes business zu starten. Man könnte beispielsweise leere Räume zeitweise für temporäre Shops zur Verfügung stellen. Es gibt eine coole Idee aus Finnland: Den Restaurant-Day. Dort kann jeder, der sich für Essen und Trinken interessiert, für einen Tag Gastronom sein. Und einfach so einen Tag ein Restaurant, ein Café oder eine Bar eröffnen, zuhause oder an der Straßenecke. Hier gibt es so viele junge Leute mit guten Ideen. Dabei sollte sich Südtirol, denke ich, auf seine Stärken konzentrieren. Also vielleicht nicht unbedingt auf IT oder die Entwicklung von Apps, sondern vor allem auf seine einzigartigen Produkte. Auch was die Werbung im Ausland angeht, gibt es sicherlich noch Luft nach oben. In England kennt  kaum jemand Südtirol. 

Du bist manchmal auch einige Wochen hier. Was vermisst du während deiner Zeit in Meran?

Mir fehlt ein guter Zeitungskiosk. Wo ich nicht nur die großen deutschen und italienischen Magazine, sondern auch weniger bekannte englische oder internationale Zeitungen in allen Sprachen kaufen kann. Außerdem eine gute Bar, in der ich mich richtig wohl fühle, wo ich abends gute Häppchen und so bekomme. Und ein Schwimmbad in Obermais, nein Scherz. Vielleicht noch ein guter Buchhändler mit internationalem Angebot. Es gibt da so einen Buchladen in Bassano Del Grappa, in einem alten Palazzo, wunderschön und vielfältig.

Die Buchhändler haben es zurzeit nicht leicht, Stichwort Amazon und Rückgang der Verkaufszahlen…

Ja, klar. Es braucht auch neue Konzepte und für die braucht es die Möglichkeit, diese auch umsetzen zu können. Hier braucht man für alles eine Genehmigung, du kannst nicht einfach eine Bar aufmachen in deinem Buchladen. Die Situation geht eher in die Richtung anti-entrepreneurship.

Du hast 2007 das Magazin Monocle gegründet, gerade als die digitale Revolution losbrach und die Auflagen aller Zeitungen einbrachen. Heute schreibt das Magazin schwarze Zahlen. Was ist euer Erfolgsrezept?

Wir haben ja Büros überall auf der Welt, in London, Berlin, Tokyo etc. Es ist diese Internationalität, die uns auszeichnet und den Erfolg möglich machte. Unsere größten Märkte sind die USA, UK und Australien. Dann kommt Deutschland. Auch die Zusammenarbeit mit großen internationalen Marken, also die Werbung ist wesentlich. Außerdem glauben wir an das Papier, an die physische Welt. Auch unsere Shops drücken dieses Konzept aus. Digital ist nicht alles. Außerdem ist es schwer, damit Geld zu verdienen. Daily Mail ist die am häufigsten besuchte englischsprachige News-Webseite der Welt. Aber was nützt dir das, wenn du mit den Anzeigen viel weniger verdienst? Es braucht beides, Online und Print. 

The Monocle Merano Summer Fayre
Saturday 23 July
From 13.00 – 20.00
Via Dante Str. 23 / Obermais / Meran

Fotos: (1) franzmagazine; (2) Monocle Shop