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June 15, 2016

Abbrechen und aufbrechen: neue Wege zu Museum (und Stadt) in Bruneck

Kunigunde Weissenegger

Nicht auf Abwegen, sondern auf neuen Wegen befindet sich derzeit das Stadtmuseum Bruneck: Die Kunsthistorikerin Thina Adams, Salon/e-Bruneck-Initiator Fabian Decassiani, Architekt Klaus Hellweger und Kunsthistoriker + Restaurator Markus Pescoller haben sich des Schicksals des gesetzten Gebäudes und angenommen und für zwei Monate (8. Mai bis 24. Juni) ein Veranstaltungspaket von Ausstellungen, Performances und Diskussionen geschnürt. [Nächster Programmpunkt: am Samstag, 18. Juni ab 17 H Intervention von Barbara Tavella: "Systemische Aufstellung" geleitet von Barbara de Dominicis Ebetsberger und ab 19.30 H "Wege-Gespräch" zur Frage nach der Rolle der bildenden Kunst im Stadtmuseum mit Claus Vittur, Judith Neunhäuserer, Annemarie Laner, Barbara Tavella, Andreas Zingerle, Alois Steger, Paul Feichter, Ursula Tavella, Claudia Barcheri, Thomas Reichegger und Interessierten, moderiert von Markus Klammer.]

Das Stadtmuseum soll seinem Name wieder Ehre machen, das heißt für (mehr oder weniger) kultur- und kunstinteressierte Bürgerinnen und Bürger ein Raum der Begegnung mit etwa KünstlerInnen, HistorikerInnen, PhilosophInnen oder ArchitektInnen werden. Das ambitionierte und simultan auch schwierige Bestreben mit dem Titel Wege zum Museum haben wir uns von den InitiatorInnen näher erklären lassen. – Sie schauen auf alle Fälle nach Vorne, “denn der ausschließliche Blick nach hinten, bringt auch nicht weiter“. 

Was will “Wege zum Museum”?

Klaus Hellweger: Die Initiative “Wege zum Museum” ist eine Veranstaltungsreihe, die das sichtbare Zeichen einer inhaltlichen Diskussion über das Stadtmuseum darstellt. Diese Fragestellung, diese Reflexion wird von der Initiativgruppe eingefordert und hat schon vor mehr als einem Jahr in der Künstlerschaft der Umgebung einen gemeinsamen Diskurs in diese Richtung gesucht. Die von uns ausdrücklich gesuchte Blickrichtung in die Zukunft ist Triebkraft unseres Tuns. Der Denkort Museum entsteht.

Thina Adams: Die Veranstaltungsreihe “Wege zum Museum” will die zukünftige Gegenwart des Stadtmuseums diskutieren: Was machen wir und wo stehen wir mit unserem Tun? Diese Frage soll im Mittelpunkt der jährlich wiederkehrenden Serie sein. 

Wie schwierig ist es, das Profil eines Museums neu zu formen? 

Klaus Hellweger: Nachdem sich unser Ziel und unser Blick quasi diametral zum Angebot der letzten Jahrzehnte des Museums stehen, wird verständlich, dass unser Tun nicht als selbstverständliche Gewohnheit angenommen wird. Gewohnte Pfade zu verlassen ist immer schwierig, der Blick in die Zukunft ebenso. Aber der ausschließliche Blick nach hinten bringt uns auch nicht weiter. 

Thina Adams: Es ist mit Sicherheit ein längerer Prozess, dem gerne Steine in den Weg gelegt werden. Es tauchen neben Antworten auch immer wieder Fragen auf. Wichtig ist es, das Ziel der Veränderung im Auge zu behalten und nach vorne zu schauen. Wege zum Museum - Stadtmuseum Bruneck - TeamDas “Wege zum Museum”-Team: Klaus Hellweger, Fabian Decassiani, Thina Adams, Markus Pescoller

Warum sollten wir neuerdings also doch den Weg ins Stadtmuseum Bruneck finden? Was gibt’s dort Neues?

Thina Adams: Der Besucher trifft auf ein zeigemäßes Programm, welches mit dem Zeigeist des Jetzt vereinbar ist. Auch die zeitgenössische Kunst mit ihren vielfältigen Fassette findet Platz im Stadtmuseum. 

Klaus Hellweger: Wahrscheinlich wird unsere Initiative zum Zeitpunkt des Erscheinens des Interviews bereits teils Vergangenheit sein. Wir hatten die Möglichkeit im Rahmen des Stadtmuseums ein Zeichen unserer Diskussion zu setzen und werden nun wieder im Hintergrund an der inhaltlichen Diskussion arbeiten. Was wir aber schon hoffen ist, dass sich Leute angesprochen fühlen in dieser Denkwerkstatt mitarbeiten zu wollen.

Los ging’s am 8. Mai: Es haben Ausstellungen, Talks und Performances statt gefunden. Wie reagiert das Publikum auf diese neue Ausrichtung des letzthin in Vergessenheit geratenen Stadtmuseums? Wie laufen eure Bemühungen? 

Thina Adams: Unsere Absicht ist es, das Museum wieder attraktiv für die BürgerInnen von Bruneck zu machen. Die bisherigen Veranstaltungen haben Interessierte, vor allem auch junge angezogen. Auch die regionalen KünstlerInnen haben wieder den Weg ins Museum gefunden, was als positives Feedback zu verzeichnen ist. 

Klaus Hellweger: Die genannte Veranstaltungsreihe ist nicht darauf angelegt die Besucher*innenstatistik zu verändern oder das Stadtmuseum auf der geografische Landkarte sichtbar zu machen. Vielmehr soll das Stadtmuseum in den geistigen Navigationssystemen der Stadtgemeinde – im Sinne von Bevölkerung – eine Orientierung bieten.

Was erwartet ihr euch vom letzten großen Block (12.–22. Juni) mit Ausstellung, Gesprächen und Forum zum Thema “Wege…”? 

Klaus Hellweger: Eine Million Besucher*innen mit entsprechenden Einnahmen, einen Artikel in der New York Times und eine Einladung für alle Künstler*innen bei der nächsten documenta in Kassel… [lacht laut...]. Wir erwarten uns, dass die Fragestellung unsererseits an die Künstler*innen – “Was können Wege ins Museum sein?” – beantwortet oder weiter hinterfragt werden – mit den Mitteln der bildenden Kunst. Wir erwarten uns, dass sich eine offene Gesellschaft in diese Diskussion einbringen wird, dass das Denken über Stadt und Museum keine Freizeitbeschäftigung einiger weniger bleibt.

Thina Adams: Elf Pustertaler KünstlerInnen der Ausstellung [12.–24. Juni] haben ihre Meinungen zur Zukunft des Museums mit den Mitteln der bildenden Kunst wiedergegeben. Diese Arbeiten bringen nicht nur Antworten, sondern brechen wiederum neue Fragen um die momentane Struktur des Museums auf. Von den Gesprächen [18. Juni 19.30 H] erwarten wir uns vor allem eine rege Teilnahme der BürgerInnen von Bruneck und Umgebung. Umso mehr Inputs wir von Außen bekommen, desto besser kann das Museum im Sinne der BürgerInnen von Bruneck positioniert werden. 

Inwiefern besteht Hoffnung, dass das diesjährige Projekt nicht ein einmaliges Ereignis bleibt?

Klaus Hellweger: Na wegen der einen Million Besucher*innen mit entsprechenden Einnahmen, dem einen Artikel in der New York Times und der einen Einladung für alle Künstler*innen bei der nächsten documenta in Kassel… [lacht noch lauter...]

Alle Fotos: Wege zum Museum

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