Culture + Arts > Architecture

September 3, 2015

Busbahnhof, Endstation: Architektonische Visionen für Bozen, Politik + Gesellschaft

Kunigunde Weissenegger

Sie waren da und sie kommen wieder. Das erste Mal [Mitte März 2015] mit leeren Händen und vielen Fragen, zum reinen Schnüffeln und Aufsaugen: HistorikerInnen, ArchitektInnen, Medienmenschen und, last but not least, StadtbewohnerInnen wurden befragt und ausgequetscht, das gesamte Gebiet wurde von Stadtzentrum bis Casanova, von Alumix bis Siegesdenkmal, von Bozner Busbahnhof bis gar zu Kellereien in Tramin und Kaltern durchkämmt und inspiziert. Das zweite Mal nun reisen sie Anfang September 2015 an und diesmal bringen sie Bozen etwas mit: “Visionen für den Busbahnhof” nennt sich die Ausstellung der Projekte, die zwei Dutzend Studierender der Technischen Uni Wien, Abteilung Wohnbau und Entwerfen im Sommersemester 2015 im Rahmen einer Entwerfen-Exkursion erarbeitet haben. Die Visionen mit dem besonderen Übertitel “Endstation BZ” sind von 5. bis 8. September 2015 von 14:30 bis 18:30 H (ausnahmsweise auch samstags + sonntags] in der Weigh Station for Culture am Bozner Kornplatz zu sehen. Mit dem Initiator und Leiter des Projektes, Arch. DI. David Calas, haben wir 400 Worte gewechselt.

“Endstation BZ” – ein wenig optimistischer Titel für eine Ausstellung, oder? 

“Endstation BZ” soll auch etwas zum Überlegen anregen. Einerseits befindet sich die Entwurfsaufgabe für die Studierenden an einer regelrechten Endstation, die zum Aussteigen aus öffentlichen Verkehrsmitteln zwingt. Andererseits liegt auch der Vergleich nahe, dass es sich um einen wirklich heruntergekommenen Teil von Bozen handelt. Genau da will der Titel dazu anregen, sich Gedanken zu machen und sich die Frage zu stellen: Ist das nur eine Endstation? Oder fängt hier das Erlebnis nach dem Ankommen an? Jeder muss das mit seiner Einstellung vereinbaren, grundsätzlich soll der Titel zur Vergangenheitsbewältigung animieren und dazu, nach Vorne zu schauen.Visionen fuer den Busbahnhof Bozen David Calas TU WienWas ist denn in Bozen möglich?  Und was benötigt Bozen deiner Meinung nach?

Ich gehe jedenfalls von der Meinung aus, dass fast alles möglich ist; man muss sich nur zusammen tun, etwas weniger murren und den Worten auch Taten folgen lassen. Bozen braucht Investoren, (die man nicht vergraulen sollte), braucht gute Ideen, (an denen es gravierend fehlt), braucht Rahmenbedingungen, (die teilweise nicht vorhanden sind, weshalb man orientierungslos ist,) und eine solide Beteiligungskultur, die nicht zerredet, sondern konstruktiv zum Handeln anregen soll. Allgemein finde ich Problemzonen (die Bozen zur Genüge hat) als ideale Gebiete zum Experimentieren, da nützt es wenig, konservativ und ohne innovative Ideen vorzugehen.

Visionen für den Busbahnhof erarbeitet von Architektur-Studierenden der TU-Wien: Was erwartet uns bei der Präsentation und Ausstellung?

Eines erwartet uns mit Sicherheit: eine große Vielfalt an verschiedenen architektonischen Auseinandersetzungen mit dem Bozner Busbahnhofsareal. Die Studierenden wurden, milde ausgedrückt, ins “kalte Wasser” geschmissen. Nach der Exkursion, bei der sie sich ein Bild von der gegenwärtigen Situation machen konnten, war es an der Zeit, Akzente zu setzen und eine Haltung zum Projektgebiet einzunehmen. Wichtig war hierbei, eine tiefgründige kontextuelle Auseinandersetzung, eine “gesunde” Funktionsdurchmischung und gute Argumente zu den jeweiligen Entwurfsentscheidungen. Genau diese Ansätze und Grundhaltungen werden die Studierenden in der Weigh Station for Culture am Kornplatz 13 am 4.9.2015 um 19h vorstellen.Visionen fuer den Busbahnhof Bozen Bolzano TU WienWo liegen die Chancen für diese Stadt nach Meinung der Studierenden?

Vorerst möchte ich erwähnen, dass es sich bei dieser StudentInnengruppe um eine sehr engagierte und innovativ denkende handelt. Sie haben es geschafft, außerhalb der “Box” zu denken und den Raum in der Zeit zu sehen. Die Projekte bestechen durch Lösungen, die abseits des Mainstreams liegen. Eine programmatisch sinnvolle Durchmischung birgt die Chance, dass es eine ständige Nutzung gibt, – somit erreicht man mehr Urbanität. Neue Verbindungsachsen wurden gefunden, die maßgeblich zur Einbindung des Busbahnhofes an Bahn und Bahnhofspark beitragen. Die Architektursprache an sich ist ganz unterschiedlich, jedoch wurde aus dem Geist des Ortes gelernt. Eine historische Auseinandersetzung und das Verständnis für den Ort boten die Möglichkeit zu tollen Entwürfen. Ich würde mir wünschen, dass diese Entwürfe ernst genommen werden und in den gesellschaftlich-politischen Diskurs einfließen.

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