Music

October 7, 2014

abroad & overseas: on tour am
Waves Vienna Festival

Lex W.
Die franz-Wien-Korrespondentin unterwegs durch das Stadtfestival Waves Vienna: begeistert, mitten drin und versöhnt.

Nach 10 Jahren hat mich ausgerechnet das Waves Festival mit Wien versöhnt. Denn eine Stadt, die ein so großartiges Festival beherbergt, kann man nur lieben. Coole Locations, spannende Bands, super Organisation – das Waves Vienna auf den Punkt gebracht. Noisey beschreibt es in seinem Guide to Waves Vienna so: “Das Waves ist ein  Stadtfestival. Das heißt  man springt von Venue zu Venue wie an einem Buffet, kommt irgendwann betrunken zumindest in irgendein Bett und kann am nächsten Tag duschen (bitte!). Ziemlich super eigentlich.”

Tolle Idee so ein Stadtfestival, finde ich auch. Herausforderung dabei: sich zunächst einen Überblick über die ganzen, meist noch recht unbekannten Bands zu verschaffen und einen Zeitplan zu erstellen, der es ermöglicht, möglichst viele interessante Bands und unterschiedliche Locations zu sehen. Check! Es kann losgehen. – Da bekanntlich Bilder mehr sagen als tausend Worte, versuche ich euch durch bewegte Bilder das Waves Vienna näher zubringen, damit ihr, sozusagen, mitten drin statt nur dabei seid. 

TAG 1

Band 1: Blaenavon im Flex. Als extrem jung (17 und 18 Jahre) und talentiert wurden sie angekündigt und haben meine Erwartungen durchaus erfüllt. Seht selbst: Am Ende gab es dann noch 3 weibliche Groupies, die auf der Bühne herumsprangen, mit dem Sänger mitsingen durften und als Belohnung für die Textsicherheit sogar einen Kuss auf die Stirn bekamen. Damit war von Anfang an klar, was sich auch weiterhin bewahrheitete: Waves Vienna heißt gemütliche Atmosphäre nah dran an den Bands. 

Band 2: Charity Children im Flex Cafe. Kern der Band: zwei Neuseeländer, die es als Straßenmusiker nach Berlin verschlagen hat und die mittlerweile mit einer aus allen Teilen der Welt zusammengewürfelten Band in Clubs spielen. Prädikat: Gemütlicher Folk.Band 3: Girl Band im Flex. Fast, ja fast, hätte ich diese großartige Band verpasst, da ich mich von dem Hype (ich zitiere Noisey: “Bei Girl Band werdet ihr in einem Jahr angeben können, dass ihr die eh schon mal da und dort gesehen habt”) und dem kurzen Reinhören nicht überzeugen lassen hatte und sie eigentlich auch gar nicht in meinen Zeitplan passten. Da ich aber schon mal im Flex und die Neugierde doch zu groß war, was an denen nun so toll sein sollte, schaute ich dann doch kurz rein. Mit dem Ergebnis, dass ich gar nicht anders konnte, als in der ersten Reihe ganz im Bann der noisigen Musik bis zum Ende stehen zu bleiben.
Was noch dazu kam: Diese Iren machen nicht nur sehr gute Musik, sondern sind auch noch sympathisch: Der Sänger stellte sich gleich nach dem Konzert persönlich hinter den Merch-Stand, fragte dort jeden nach seinem Namen, stellte sich vor und schüttelte Hände.Ich wollte zwar schon fast nicht mehr raus aus dem Flex, aber dennoch ging’s dann für mich weiter zu Band 4 ins Heuer am Karlsplatz, wo ich eigentlich geplant hatte, mir Dawa anzuschauen, die einzige Band, die ich auch schon vor dem Waves kannte und mochte. Dort bekam ich dann gleich meine erste Waves-Lektion: Bei kleinen Locations stets rechtzeitig vor Ort sein, sonst wird das nichts. Seht selbst: mein Blick zur Band.Waves Vienna 2014 franzmagazine 01Na ja, da ich aber eh schon wusste, dass die richtig gut sind, hab ich mir einfach eine CD besorgt und wollte mich dann auf den Weg zur letzten Band des Abends machen. Ich hatte aber noch ein bisschen Zeit und warf daher einen Blick auf die Karte, um rauszufinden, wo ich vielleicht am Weg noch schnell vorbeischauen könnte. Meine Wahl fiel auf’s Brut.

Band 5: Jennie Abrahamson im Brut. Jahrelang war ich schon nicht mehr im Brut, zumindest nicht im großen Saal und, auch wenn ich es bis jetzt nicht gewusst hatte, irgendwie habe ich diese schwarze Halle mit ganz eigener Atmosphäre vermisst. Die Schwedin hat eine ganz nette Stimme, die Musik war ruhig und angenehm. Highlight: ihr beleuchtetes Xylophon (oder Metallophon?)Band 6: Rakede im Porgy &  Bess. Auf Rakede war ich sehr gespannt. Eine Band, die laut Ankündigung HipHop, Elektro und Reggae verbindet und von iTunes Deutschland zu den 12 vielversprechendsten “Neuen Künstlern 2014″ zählt, klang tatsächlich vielversprechend. Nachdem ich die anfängliche Verwirrung, dass ich eigentlich zu früh dran war, die Band aber schon spielte und ich zunächst nicht genau wusste, bei welcher Band ich jetzt eigentlich gelandet war, überwunden und mich an das doch im Vergleich zu den bisherigen Konzerten sehr andere (HipHop bedingte?) und der Location (Porgy & Bess ist eigentlich ein Jazzclub) nicht entsprechende Publikum gewöhnt hatte, wurde es dann doch durch den eigenartigen Musikstilmix recht spannend.Der Sänger hatte auch sichtlich Spaß an der Interaktion mit dem Publikum, das er aufforderte, immer lauter mitzuschreien, zwischendrin gab er auch mal das Mikro an einen besonders textsicheren Fan in der ersten Reihe ab und wollte es trotz dessen Unbehagen länger nicht zurück, oder am Ende leitete er das Publikum an, in die Hocke zu gehen und dann wieder aufzustehen mit den etwas verstörenden Worten: “Dann stehen wir auf, ziehen uns alle aus, küssen uns und schauen, was passiert.”

Fazit Tag 1: Girl Band, Girl Band, Girl Band! Und Lieblingskonzertlocations: Flex und Brut. 

Nachdem ich Tag 2 ausgelassen hatte, um den franzmagazine Abend mit Kunigunde, Andreas Bertagnoll und Sarah Trevisiol (reimt sich!) beim Grundstein-MUSAO zu besuchen (ebenfalls ein sehr spannender Abend!), war ich dann zurück am Waves am Tag 3.  

TAG 3

Ich startete den Tag beim Red Bull Brandwagen am Karlsplatz, den ich zunächst erst einmal finden musste und der bei Weitem nicht so cool ist wie die italienische Version davon, die ich am Full Tension Festival in Bozen gesehen hatte.

Band 1: No Head On My Shoulders feat. Ceren Oran am Red Bull Brandwagen. Sehr viele Leute auf der zweistöckigen Bühne, die mich anfangs nicht so begeisterten. Aber die Band mit dem immer eigenartiger werdenden Musikstilmix konnte mich am Ende dann doch noch für sich gewinnen.Band 2: Gospel Dating Service. Ebenfalls aus Österreich, ebenfalls am Red Bull Brandwagen. Sie überzeugten besonders durch Charme und Großzügigkeit: “Es gute is, dassma alle käuflich san. Ich hab 2 CDs und leg sie jetzt da hin. Da is a Gang, füllma ihn.” Als sich dann auch wirklich gleich zwei Leute über den eingezäunten Gang vor die Bühne trauten und die CDs nahmen, bekam der Sänger auch noch einen Lacher für sein: “Aber dann net wieder gehn!”Waves Vienna 2014 franzmagazine 02Dafür war ich jetzt für Band 4 rechtzeitig da und konnte einen guten Platz ergattern. Walter Schnitzelsson, ebenfalls im Xpedit Lager, angekündigt als erfolgreichster Indie- und Rock’n’Roll-Export der Slowakei, der als Opener für Pete Doherty in Bratislava fungierte. Klingt spannend, war auch so. Etwas überrascht war ich, als auf einmal nur Gitarre und Tuba auf der Bühne standen, aber es war eindeutig eins der Highlights von Tag 2.Band 5 führte mich wieder ins Brut, diesmal zu den Intergalactic Lovers aus Belgien. Die Stimme der Sängerin soll angeblich an Feist erinnern, so meine Vor-Info. Die Musik war dann sehr gemütlich, ein bisschen Morcheeba dachte ich mir. Highlight: Tanzstil der Sängerin.Dann hieß es: Warten auf Band 6: Thees Uhlmann & Band, ebenfalls im Brut. Laut Noisey sind Acts wie Thees Uhlmann Zugeständnisse, da Showcase Festivals “nicht einfach zu etablieren sind, weil sie eigentlich per Definitionem keine Headliner haben. Eine Tatsache, die das ‘normale Publikum’ nicht immer versteht. Leute sudern immer wieder mal herum. Wien halt: Es gibt nur Gutes, außer jemand tut es.” 
Da es hieß, man sollte seine Show nicht verpassen, war ich halt da mit seinen ganzen Fans und wartete. Was ich vorher über Thees Uhlmann wusste: dass er früher der Sänger von Tomte war, die mich immer an Tocotronic erinnern, dass er mit Rue Royale bei TV Noir zu Gast war und er irgendeine Verbindung zu Wien hatte. Ich kam dann auch drauf, dass er der Stadt sogar ein Lied gewidmet hat. Er nahm während des Konzerts auch immer wieder Bezug auf Wien und plauderte aus dem Nähkästchen: Als Tomte damals mit Element of Crime auf Tour waren, seien sie gerade mit dem Tourbus in Wien eingerollt, als ein Interview von Sven Regener auf Fm4 lief, der davon sprach, dass sie gerade mit der Band Tomte auf Tour seien und Thees habe damals das erste Mal ein Lied von Tomte im Radio gehört.Auch wenn ich vorher nicht der größte Fan von Thees Uhlmanns Musik war, war das Konzert ein schöner Abschluss des Waves. Die Stimmung war gigantisch und bei Thees Uhlmann konnte man richtig sehen und spüren, wie er die Bühne liebt, und hören, dass er auch Wien liebt: “Ich hatte mal so richtig schlechte Laune. Da habe ich meine Freundin Andrea angerufen und gesagt: Andrea, ich hab grad so richtig schlechte Laune. Und sie sagt drauf: Komm doch einfach nach Wien, dann hast du wieder gute Laune. Und das war dann auch so.”

In diesem Sinne: Kommt doch nächstes Jahr einfach zum Waves Festival nach Wien, dann lernt ihr vielleicht auch die Stadt zu lieben und habt gute Laune. Ich werde auf jeden Fall wieder dabei sein und vielleicht endlich die Fahrt mit der Rave Straßenbahn nachholen oder sogar das Waves Bratislava besuchen.

Alle Fotos + Videos: Alexa Weber

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