Music

May 23, 2014

Gute Musik macht süchtig: Hannes Goetsch aka Revoltekk im Interview

Kunigunde Weissenegger
Hannes Goetsch, Initiator und treibende Kraft von Revoltekk bzw. RVTK, über die Situation der Veranstaltungsorganisatoren in Südtirol, das Ausgehverhalten der SüdtirolerInnen, große Namen, gute Musik und die Pläne seines Kollektivs für 2014.

Sie lassen’s wieder mal krachen: Diesmal lautet die Devise “Outlook Festival 2014 South Tyrol Launch Party” – am 23.5.2014 bespielen keine geringeren als Dub Phizix & Strategy, Hypertech, Birrette family, Voo&Doo, Snob sowie Andreas HZ, Radikal Guru, Nesuno & Berise, Wicked & Bonny, Fusé die Halle 28 in Bozen. Macht euch bereit, denn Revoltekk, kurz RVTK, hat gerufen. Das Musikkollektiv existiert seit 2006, Geburtsstätte ist Schlanders im Vinschgau, und organisiert selbst Events oder gestaltet Festivals und Partnervereinen in der Auslegung mit. Und worum’s da eigentlich noch und genauer geht, haben wir bei Hannes Goetsch aka Honnez aka Honnez aka Insomniac himself nachgefragt. Am 24.5.2014 sind RVTK samt Insomniac und anderen übrigens in der Disco Ladum in Prad zu sehen + hören. Und was RVTK 2014 noch so vor hat, was er von erzählt uns Hannes auch im Interview.

Was ist Revoltekk denn eigentlich? 

Entstanden ist Revoltekk aus dem dringenden Bedarf an Angebot von alternativer Musik zum gängigen Diskobetrieb. RVTK bedient großteils die Genres der “Jamaican roots music” mit Derivaten; d. h. von Early Reggae, Dub bis Dubstep, Jungle, Drum and Bass, Techno, Breakcore und afrikanisch beeinflussten Tribal Sounds ist alles mit dabei. Mit einer gehörigen Portion Enthusiasmus und sozialem Denken kam es zu den ersten Veranstaltungen.revoltekk RVTKWer steckt dahinter?

Initiator und treibende Kraft des Projekts bin ich selbst. Eine gehörige Dosis Musik gehört seit meiner Kindheit zum Alltag. Ich brauche sie nach wie vor zur Entspannung und Inspiration. Simon Tumler ist seit den Anfängen für Logo, Grafiken und CI zuständig. Lukas Marsoner gibt aus Berlin Inputs zu Bands oder DJs; ebenso Bernhard Fuchs in Wien. Zugegeben, es sind in den letzten Jahren durch die bereits von unserem Partnerverein kognitiv in der Zeitschrift 39NULL behandelte Thematik “Landflucht der Kreativen” wichtige Mitstreiter abgewandert oder haben sich anderen Bereichen gewidmet.  Nichts desto trotz kommt viel neue Energie in Form von jungen Produzenten, DJs und Promotern nach. Felix Spechtenhauser (Quasar) aus Schlanders hilft neben seinem Hobby als Drum-and-Bass-Produzent in der Organisation und Umsetzung, Simon Öggl (Snob) zeigt sein Talent in verschiedenen Dub- und Dnb-Produktionen und Musikliebhaber Dominik Howland aus Brixen spielt seine Lieblingstunes ausschließlich auf Vinyl. Getreu nach dem Motto: Qualität bleibt und gute Musik ist zeitlos.

Nicht zu vergessen die Weggefährten Paul Kofler und Mair Markus (Wicked & Bonny) von der Gleeman Crew. Mit ihren Veranstaltungen Ghosttown oder dem neuen Dumpt Town Festival sind einige der besten Kooperationen gelungen. Wir sehen uns dahingehend als große Familie mit gleichen Visionen, was sehr viel Spaß macht! 

Zur Zeit veranstaltet RVTK mit JAMIT! 2–3 größere Dnb-, Dub- und Techno-Partys in der Halle28, kleinere Club Nights im Ladum, eine Kooperation mit dem SINSTRUCT Festival im August und wiederum mit JAMIT! 2 Festivals Ende August und September 2014. Allen voran konnten wir nach großer Mühe DUB FX als headliner buchen. Zudem steht eine Zusammenarbeit mit Culture Assault auf dem Plan und diverse DJ Aufenthalte im Ausland. Die Umstände für Events und Veranstaltungen in Südtirol sind nicht die einfachsten… oder? – Warum tust du, was du tust, wirst nicht müde und lässt nicht locker? 

Auf der bürokratischen Seite ist die Lizenzvergabe kompliziert und die allgemeinen Auflagen seitens Gemeinden und Veranstaltungsort kaum zu erfüllen. Dazu erschwert die italienische Steuerpolitik und das Autorenrecht SIAE jeglichen Versuch einer professionellen Herangehensweise. Die Musik spielt z. B. in der Halle 28 (klar auch in Diskos, die sind aber anders organisiert) bis max. 3:00 früh und ist somit im europäischen Vergleich (im Durchschnitt bis 6:00 früh) klar im Nachteil. Das schlägt sich dann auf das Ausgehverhalten der BesucherInnen, das eingeschränkt mögliche Programm und den finanziellen Rahmen nieder. SüdtirolerInnen aller Altersklassen sind es leider mittlerweile gewohnt, sich in 3–4 Stunden “auf Druck” volllaufen zu lassen, damit sie es zumindest noch auf die Tanzfläche schaffen, bevor die Musik aus und die Party vorbei ist.  
Dazu kommt eine in der breiten Masse eher konservative Grundhaltung zu neuen Musikstilen, KünstlerInnen oder Performances und die logistisch nicht gerade ideale Lage mit kleinem Einzugsgebiet.
Gute Musik macht süchtig. Jeden auf seine Art und mit seinem Geschmack. Fakt ist, dass es Menschen mit und Menschen ohne sogenannten Soundvirus gibt. Vielen ist Musik schlicht und einfach egal. Mir und allen anderen Leuten mit Virus nicht. Dazu kommt der Austausch mit anderen Kulturen, die Erweiterung des Netzwerks und der kalte Rücken wenn der Bass einsetzt. RVTK – keep it low!Insomniac Hannes GoetschWie schaffst du es, immer wieder große Namen nach Bozen zu holen  und große Coups zu landen? 

Da ich nun bereits seit gut 15 Jahren auf europäischen Festivals, Konzerten und Parties herumstreune und die ein oder anderen Kontakte geknüpft habe, fällt es mir sicher leichter als jemandem, der sich in der Szene nicht so recht auskennt. Aber durch die gute Organisation von den meisten Agenturen heutzutage ist es auch ohne persönliche Kontakte kein Problem seinen Favoriten zu buchen. Bei der Outlook Launch Party am Freitag, 23.5. ist es so, dass ich von der Festivalorganisation mit der Frage kontaktiert worden bin, ob ich denn Lust hätte, eine Launch Party zu organisieren. Anfangs war ich skeptisch, da ich grundsätzlich kein Freund von zuviel Werbung bin – habe dann aber doch die tolle Gelegenheit wahrgenommen. Zudem habe ich Strategy 2010 auf einer Boat Party am Outlook Festival kennen gelernt und wir waren uns auf Anhieb sympathisch. – Was ja auch nicht immer der Fall ist! Daher das Booking von Dub Phizix & Strategy. Radikal Guru ist für mich eine logische 140bpm-Erweiterung für alle Fans von Reggae und Dub, um mehr Spektren abzudecken.Du warst am 11.3.2014 auch beim Jugendkultur-Gespräch mit Achammer im Museion: Was hattest du für ein Gefühl? War es hilfreich? Was war dein Beitrag – was ist für die Konsolidierung von Jugend und Kultur in Südtirol notwendig?

Ja, ich habe die Einladung über unseren Kulturverein kognitiv wahrgenommen und bin gerne nach Bozen gekommen. Das Treffen war konstruktiver als gedacht und mein Beitrag ist recht kurz ausgefallen. Ich wollte nicht, wie bei vielen Rednern zuvor, Argumente wiederholen. Der Begriff “Rahmenbedingungen” wurde gnadenlos ausgeschlachtet und fast von jedem Teilnehmer, insbesondere von der politischen Seite verwendet. Daher war es mir wichtig zu unterstreichen, dass Subkultur eigentlich weniger Rahmen, Bedingungen und Regeln braucht. Vielmehr Toleranz, Respekt und Freiheit in der Ausübung. Weniger Bürokratie, mehr Zeit!
Man muss dazu sagen, die Teilnehmer waren zwischen Jugendzentren, Theatergruppen, Veranstaltern, und Kulturvereinen sehr breit gestreut, was den Fokus der Diskussion ständig ändert und den Detailgrad senkt. Die Bedürfnisse von Jugendarbeit und Erwachsenen-Kulturarbeit ab 25, wo es um noch mehr unterschiedliche Interessensnischen geht, können meiner Meinung nach nicht in einer Runde erörtert werden.  Abschließend finde ich den Vorstoß, eine Arbeitsgruppe zu gründen und sich die Entwicklungen anzuschauen, auf jeden Fall positiv!  

Fotos: Hannes Goetsch, Revoltekk

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