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September 20, 2013

Barbara Aschenwald debütiert mit “Omka” – die Franz-Tumler-Literaturpreis-Finalistin im Interview

Kunigunde Weissenegger
Zum vierten Mal wird am 19. September 2013 in Laas der Franz-Tumler-Literaturpreis vergeben. Nominiert sind fünf deutschsprachige Erstlingsromane von Newcomer-Autorinnen und -Autoren. Eine davon ist die Tirolerin Barbara Aschenwald mit „Omka“.

Barbara Aschenwald ist im Zillertal in Tirol aufgewachsen. Sie fing schon sehr früh mit dem Schreiben an und studierte dann Vergleichende Literaturwissenschaft in Innsbruck. Sie verfasst Lyrik, Prosa und Hörspiele und Omka ist ihr erster Roman. Ich habe das Buch gelesen, die Geschichte hat mich geschluckt und ich sie und Omka hat mich berührt – vielleicht weil ich sehr gelegentlich ansatzweise wie sie bin, gelegentlich sehr ansatzweise wie sie sein möchte – oder zumeist ganz und gar nicht und dann sehr froh darüber bin. Das Buch verstört, irritiert und das ist sehr gut so. Und wir fragen bei der Autorin selbst nach.

Barbara Aschenwald, was hat Sie zum Schreiben getrieben? Wie fing alles an…?

Mit meinem Vater Hans Aschenwald. Er ist Lyriker und Dramatiker und brachte mich früh zum Schreiben.

Wenn Sie das Schreiben für sich definieren müssten: Ist es Erlösung, Befreiung, Pein, Last, Zeitvertreib, Trieb…?

Schreiberei ist eine wohlige Plage, weil es fast nichts Besseres gibt, als wenn der Text zu ziehen und zu funktionieren beginnt und nichts Schlimmeres, als wenn man vor dem Papier sitzt und es will und will nicht klappen. Schreiberei ist Arbeit. Schreiberei ist Handwerk.

Wie arbeiten Sie? Wie entstehen Ihre Texte?

Ich brauche als Erstes immer eine Frage, die mich interessiert und ein Symbol dafür. Dann Kaffee. Dann fange ich an zu recherchieren und baue mir ein “Skelett”, ein Gerüst, das im Zuge des Schreibens dann Haut, Muskeln, Organe und das Gesicht erhält.

Wie viel Persönliches lassen Sie in ihr Schreiben fließen? Ist das überhaupt zu bremsen oder geht das automatisch?

Allein die Themenwahl sagt etwas über den Autor und deshalb glaube ich, persönliche Elemente im Text passieren unvermeidlich. Aber direkt über mich selbst zu schreiben interessiert mich überhaupt nicht. Aber natürlich habe ich auch Omka nicht aus dem leeren Bauch geschöpft.

Wer ist Omka? Wie ist sie und die Geschichte drum herum in Ihrem Kopf entstanden?

Omka ist als literarische Figur angelehnt an einen realen Menschen und einen Wassergeist. Der reale Mensch ist die Amokläuferin von Lörrach, der Wassergeist ist die mythologische Figur der Undine. Ich habe einen sehr knalligen Artikel über den Amoklauf gelesen und es mir in den Kopf gesetzt, aus diesem Motiv ein modernes Märchen zu machen.

Haben Sie das Buch für jemanden geschrieben? Für wen? Warum?

Das kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen – am ehesten für mich selbst. Ich fürchte auch, ich kann nicht genau sagen, warum. Wenn ich das könnte, hätte ich das Buch wahrscheinlich nicht geschrieben.

Omka ist die Geschichte einer gewalttätigen, mächtigen Frau. Oder ist sie vielmehr Opfer? – Wessen Opfer?

Omka bringt drei Menschen um, das Motiv dafür ist eine Implosion, die mit dem zusammenhängt, was sie die glatte Stelle nennt und der Mythos als fehlende Seele bezeichnet. Dass sie “nur” Mörderin oder “nur” Opfer ist möchte ich ausschließen. Ich bin auch der festen Überzeugung, dass der Autor keine Antworten geben kann, sondern imstande sein muss, eine Frage richtig zu stellen.

Wann war für Sie die Geschichte zu Ende erzählt? Wie bemerken Sie, dass alles gesagt ist?

Die Geschichte hat eine genaue Choreographie und einen soliden Bau, ich wusste auch, wie sie ausgeht, und als ich die zwei Drachen laufen ließ, wusste ich, dass die Geschichte bald an ihrem Ende ist. Nach der rhetorischen Frage “Aber darf man das als Geschichtenerzählerin glauben?” war dann tatsächlich alles gesagt und Punktum. Und – ein Glas Wein.

So ziemlich genau bei der Hälfte des Buches beginnt das Kapitel “Ihr fehlt etwas”. Das ist auch einer der roten Fäden, der sich durch das Buch zieht. Was denken Sie, fehlt unserer Gesellschaft?

Ich würde sagen an Protest, Selbstsorge und an von Menschen erzählten Geschichten, die das Gefühl von realer Gegenwart erzeugen.

Eine persönliche Frage: Fehlt Ihnen etwas? Was?

Mir fehlt es entschieden an der Fähigkeit, anständige Interviews zu geben.

Arbeiten Sie bereits an einem nächsten Werk? Verraten Sie uns mehr?

Ja, ich bin wieder am Schreiben bzw. am Konzipieren, weil ich erst ganz am Anfang bin, wo man Sinnbilder sucht, eine “Temperatur”, einen Rahmen, innerhalb dessen sich die Geschichten abspielen. Es zerbricht ein Spiegel in einem luftleeren Raum ohne ersichtlichen Grund, er zerbirst einfach und um ihn herum stehen Leute, die nicht wissen, was sie nun anfangen sollen. Und der Erzähler ist ein Lügner. Bis jetzt heißt alles “Eine unwichtige Geschichte.”

Mehr über den Literaturpreis gibt’s hier: www.tumler-literaturpreis.com

Foto Copyright Schafferer

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