Music

October 29, 2012

Verwirrte Einfachheit: HI5 präsentieren ihr 2. Album “Tangled Simplicity”. Tour-Preview und CD-Review.

Marco Russo

Chris Norz ist Schlagzeuger, Phillip Ossanna Gitarrist, Matthias Legner spielt Vibraphon und Clemens Rofner den Bass. Durch das leidenschaftliche Band der Musik miteinander verbunden, ergeben sie die Band HI5. Alles klingt verwirrt und doch ist es einfach. Ihr neues Album Tangled Simplicity ist soeben erschienen und zur Zeit befinden sie sich inmitten ihrer Release-Tour: Die frischgebackenen Träger des Joe Zawinul Preises 2012 gastieren am 31. Oktober um 21.00 Uhr im Innsbrucker Treibhaus und am 2. November um 20.30 Uhr im Alten Kino in Landeck. (Weitere Tourdaten hier…)  Eine Jazzband also. Ja und aber. – Ja, denn sie spielen das, was im weitesten Sinn als Jazz verstanden wird, aber pointiert ausgedrückt, geht es um Minimal Jazz Chamber Music. Eine grundsätzliche Schwierigkeit besteht darin, Musikrichtungen in Worte zu fassen, zumal Musik per se schon ein Akt der Kommunikation ist. Aber versuchen wir es trotzdem. Versuchen wir herauszufinden, was es mit dieser einzigartigen Tiroler Band auf sich hat.

Zugegeben: Ich hatte noch nicht die Gelegenheit HI5 live zu sehen. Aber ich habe einiges über sie gehört, sodass ich mich vor kurzem mit Phillip Osanna traf um einiges über dieses wohl einzigartige Projekt in Erfahrung zu bringen. Dann, nach einem kühlen Bier, nettem Gespräch und reichlichen Inputs, drückte Phillip mir das neue Album die Hand. „Es wird dir gefallen,“ – sagte er und schmunzelte dabei. Er wusste nämlich, dass ich ein gewisses Faible für das habe, was kurzerhand unter dem Sammelbegriff Postrock subsummiert wird. Postrock: alles und nichts – Hauptsache „post“. Postmodern, Postkapitalistisch, Postapokalyptisch und die Post bringt allen was.

Wenn HI5’s Musik, wenn Tangled Simplicity, irgendetwas mit Postrock zu tun hat, dann, philosophisch gesprochen, im Sinne eines dialektischen Vollzugs der These – Antithese – Synthese. Mit anderen Worten: Über elementare Grenzen des (musikalisch) Gegebenen hinausgehen, hinaus schreiten und neu erfinden. Aus dem Kontext gerissen und doch geradlinig vorantreibend, schweifend dem Erhabenen und Unverfügbaren entgegen, Crossover im reinsten Vollzug. Diesbezüglich sei mir gestattet, einen wortgewandten Freund zu zitieren, der einst in einer Zeitung über „Crossover“ schrieb, dass dieses Element als „Vollzug der Überschreitung vermeintlicher Grenzen und das Auffinden neuer Wege“ gehandhabt werden kann. Und so ist es (wobei diese Implikation nicht als Absolutsetzung missverstanden werden darf, denn bekanntlich lässt sich über Geschmäcker und Richtungen streiten).

Tangled Simplicity hat was. Auch wenn vielleicht beim ersten hinhören die Miteinbeziehung eines Vibraphons etwas eigenwillig erscheint, gewöhnt man sich bald daran – es ist nicht aufdringlich, sondern gleichgewichtig auf die anderen Instrumentalisten aufgeteilt. „HI5 funktioniert nur in dieser Konstellation,“ erklärte Phillip Ossanna. Die einzelnen Musikstücke werden in ihren Grundzügen von Chris Norz und ihm komponiert, doch das Endergebnis eines jeden einzelnen Stückes ist eine Kooperation.

Egal ob bei einem Livekonzert oder privat in den eigenen vier Wänden: HI5 spielen Kammermusik, d. h. eine Musik, die zum Zuhören und sich beflügeln lassen gemacht ist. Ohne Kompromiss, ohne Wenn und Aber. Deshalb spielen sie auch an ausgewählten Orten und nicht in Pubs: Es geht um das Gesamtpaket, um das Wahrnehmen, Aufnehmen und Hineintauchen in die sphärischen Klänge. Tangled Simplicity – Verwirrte Einfachheit. Eine Musik, die Bilder und Gefühle evoziert, Klang ohne Gesang, expressionistisch, ein wenig hektisch und doch gelassen, heiter und tief. „Da svarioni“, Musik die „flasht“.

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