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December 22, 2011

Lavori in corso: Nachschlagewerk der Kunstankäufe 2008–2011

Kunigunde Weissenegger

150 Kunstwerke Südtiroler Künstlerinnen und Künstler hat die Abteilung für Deutsche Kultur in den vergangenen vier Jahren über eine eigens berufene Ankaufsjury erworben. Die umfassende Sammlung ist nun im Kunstbuch Arbeiten. Lavori in corso erfasst und dokumentiert. Das Buch wird heute Abend, 22. Dezember um 18 Uhr von der Landesrätin für Deutsche Kultur und Bildung Sabina Kasslatter Mur sowie von Marion Piffer Damiani und Helga von Aufschnaiter, die das Nachschlagewerk konzipiert haben, im Museion vorgestellt. Eine Stunde vorher, um 17 Uhr, referiert Gabriele Mackert zum Thema Kunst als Hochburg der Arbeitsmoral. Der Vortrag greift sowohl Diskussionen um die Begriffe Arbeit und Kreativität und den damit einhergehenden gesellschaftlichen Bewertungen auf, und zeigt anhand von Beispielen, wie Künstlerinnen und Künstler sich selbst in ihren Werken mit diesem Thema auseinandersetzen. Außerdem performen Toni Bernhart und Klaus Telfser Treibsand. Manifest für das Leichte.

franz hat Sabina Kasslatter Mur, Marion Piffer Damiani und Helga von Aufschnaiter vorab zum Interview gebeten.

Warum kauft die Abteilung für Deutsche Kultur Kunstwerke an? Nach welchen Kriterien geht sie bei den Ankäufen vor?

Sabina Kasslatter Mur: Auch vor 2008 sind von der Kulturabteilung Kunstwerke auf Vorschlag einer Ankaufskommission angekauft worden. Diese Ankäufe wurden aber Teil des Bestandes des Museion und erfolgten nach anderen Kriterien, welche die international angelegte Sammlung des Museion und ihr Sammlungskonzept im Auge hatten. Als das Museion im Jahr seiner Eröffnung mit einem eigenen Ankaufsbudget ausgestattet wurde, war ein Kunstankauf über die Kulturabteilung nicht mehr notwendig und ein neues Konzept wurde entwickelt.

Der Kunstankauf durch die öffentliche Hand – in diesem Fall durch die Abteilung Deutsche Kultur im Kulturressort – ist eine Maßnahme zur Förderung der lokalen zeitgenössischen Kunstszene, der Künstlerinnen und Künstler in Südtirol neben Arbeitsstipendien, Projektförderungen und den anderen Instrumenten der Kulturförderung.

Der Fokus liegt auf der vielfältigen und lebendigen einheimischen, zeitgenössischen Kunstszene und zielt auf eine mehrfache Wirkung ab: Sie drückt Wertschätzung gegenüber den Künstlerinnen und Künstlern und ihrer Arbeit aus, bietet ihnen die Möglichkeit Werke zu verkaufen und schafft eine Dokumentation des künstlerischen Schaffens in Südtirol von bleibendem Wert.
Die Auswahl trifft eine Ankaufskommission, die aus zwei Kunstexpertinnen sowie -experten besteht, in der Absicht, einen breiten Querschnitt des zeitgenössischen Kunstschaffens in Südtirol zu sammeln.

Was passiert mit den angekauften Kunstwerken dann? Kann man sie sehen? Wo? 

Sabina Kasslatter Mur: Die angekauften Werke werden von einer Mitarbeiterin, welche den Bestand von Kunstwerken koordiniert, inventarisiert und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Landhaus VII in der Andreas-Hofer-Straße, aber auch andere Angestellte des Kulturressorts oder der Landesverwaltung können für Ihre Arbeitsplätze eine Auswahl aus den Kunstwerken treffen und sich während ihres Arbeitsalltags in ihren Büroräumen mit „Arbeiten“ der Künstlerinnen und Künstler umgeben.

Die Abteilung 14 für Deutsche Kultur bildet also nicht nur die öffentliche Anlaufstelle für die Kunstschaffenden, sondern bringt ihren Dialog mit den Künstlerinnen und Künstlern durch die unmittelbar in den Arbeitskontext des Amtes installierten Werke anschaulich zum Ausdruck.

Wer ins Amt kommt, sieht, dass die Kunst hier zu Hause ist. Darüber hinaus fließen die Ankäufe in das von uns erstellte Internet-Portal der Südtiroler Kulturgüter ein – www.provinz.bz.it/katalog-kulturgueter oder www.provincia.bz.it/catalogo-beniculturali.

Die Reaktion der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf diese neue Ankaufspolitik war zuerst vorsichtig, dann aber zunehmend positiv. Die Möglichkeit, sich ein Kunstwerk auszusuchen, wird jetzt mit Begeisterung genutzt. Dahinter steht auch der Gedanke, dass gute Kunst in ihrer Ausstrahlung ein hohes Potential hat und durch ihre Energie eine konstruktive Arbeitsumgebung schafft. Im Haus ist ein lebendiger Dialog über zeitgenössische Kunst, die Künstlerinnen und Künstler und die Werke entstanden, das Bürohaus wird auch zum Ausstellungsort und verbindet seine Funktion innerhalb der Verwaltung auch mit der Funktion ein lebendiger Kulturort zu sein.

Warum nun das Kunstbuch?

Sabina Kasslatter Mur: Von 2008 bis 2011 wurden im Rahmen dieses Kunstankaufes rund 150 Arbeiten von 121 Kunstschaffenden angekauft. Damit liegt ein breiter Querschnitt durch die zeitgenössische Kunst in Südtirol vor, der in dieser Publikation präsentiert wird. Die Werke sind zwar in den Räumen im Landhaus VII öffentlich zugänglich, es ist uns aber ein Anliegen, die Ankäufe der Öffentlichkeit kompakt und transparent in einem Dokumentationsband zu präsentieren. Alle Arbeiten werden in dem Buch auch kommentiert und die Werke sind eingebettet in einen kunst- und kulturkritischen Kontext. In einem Essay-Block setzten sich verschiedene Autorinnen und Autoren mit den Arbeitsbedingungen der Künstler heute auseinander und erläutern sie jeweils aus einem journalistischen, kunstwissenschaftlichen, ökonomischen und soziologischen Blickwinkel.
Dazu kommt ein gut recherchierter Apparat von Künstlerbiografien, der den Band auch zu einem Nachschlagwerk macht.

Was war das Spannende und die Herausforderung ein so umfangreiches Buch zu betreuen?

Marion Piffer Damiani: Die Herausforderung bestand vor allem darin, einen roten Faden durch die vielfältige Südtiroler Kunstszene zu finden und zu spinnen. Das zentrale Thema ist der Gedanke des Arbeitens. Der Begriff „Arbeiten“ steht zum einen als Synonym für „Werke“, zum anderen für das Verb „werken, sich beschäftigen“ – von der künstlerischen Tätigkeit bis zur Büroarbeit.

Spannend war auch die Aufgabe, Außenstehenden in Buchform den Eindruck zu vermitteln, wie die angekauften Werke im Amt ihren Bestimmungsort gefunden haben und wie auf diese Weise der Dialog zwischen dem Arbeitskontext der öffentlichen Verwaltung und der künstlerischen Arbeit sichtbar gemacht wird. Dieser Aspekt stand daher im Mittelpunkt eines Fotoessays, das der Künstler Paul Thuile in Zusammenarbeit mit dem Fotografen Augustin Ochsenreiter als Auftragsarbeit für die Publikation konzipiert und umgesetzt hat.

Für wen ist dieses Buch gedacht? Was erwarten Sie sich von der Veröffentlichung?

Helga von Aufschnaiter: Das Buch geht bewusst über die reine Dokumentation der angekauften Kunstwerke hinaus. Es wurde als nachhaltiges Nachschlagewerk konzipiert, um auch die Biografien und künstlerischen Ansätze der Kunstschaffenden recherchieren zu können. Darüber hinaus soll es einen Anlass bieten, um die Arbeit der Künstlerinnen und Künstler heute zu diskutieren und als Ausgangspunkt dienen, um daraus neue Impulse für die Künstlerförderung abzuleiten.

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